Verfassungsschutz Baden-Württemberg beobachtet Querdenken-Bewegung
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Schilder auf einer Querdenken-Demo in Stuttgart
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Stuttgart. Das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet als erstes in Deutschland die Querdenken-Bewegung.
Wie die Deutsche Presse-Agentur in Stuttgart am Mittwoch erfuhr, stufte das Landesamt Querdenken 711 als Beobachtungsobjekt ein.
Die Gruppe, die seit Monaten gegen die staatlichen Corona-Einschränkungen auf die Straße geht, radikalisiere sich und sei durch Extremisten unterwandert, hieß es in Sicherheitskreisen. Gründer der Querdenken-Bewegung ist der Stuttgarter Unternehmer Michael Ballweg.
Verfassungsschutz beobachtet Querdenken-Bewegung
Der Protest gegen die Corona-Auflagen treibt viele Menschen auf die Straße – darunter mischen sich auch Extremisten.
© Quelle: dpa
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube wollen am Vormittag über den Umgang mit der Querdenken-Bewegung informieren, sagte ein Ministeriumssprecher der dpa.
Strobl hatte zuletzt vor dem zunehmenden Einfluss von Extremisten und Verfassungsfeinden in Reihen der Querdenker gewarnt. Die Bewegung speise sich aus Reichsbürgern, Selbstverwaltern, Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern, die die Demonstranten instrumentalisierten.
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Michael Ballweg, Initiator von Querdenken 711.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Der Stuttgarter Querdenken-Gründer Ballweg hat sich immer wieder gegen die Vorwürfe gewehrt. Zuletzt hatte der Unternehmer Ende vergangener Woche der dpa gesagt: „Wir sind eine friedliche Bewegung und keine politische Partei.“ Extremismus, Gewalt, Antisemitismus und menschenverachtendes Gedankengut hätten ebenso wenig Platz bei den Querdenkern wie die Symbole dieser Denkweisen.
Anhänger der Initiative Querdenken 711, das Kürzel kommt von der Stuttgarter Telefonvorwahl 0711, und Ableger der Bewegung sind in den vergangenen Monaten in zahlreichen deutschen Städten gegen Beschränkungen in der Corona-Krise auf die Straße gegangen.
Die Mischung der Teilnehmer ist vielfältig: Sie reicht von eher bürgerlichen Demonstranten, Esoterikern, Friedensbewegten bis hin zu Reichsbürgern und offen Rechtsextremen. Zuletzt war es auch im Umfeld der Demonstrationen immer wieder zu Gewalt gekommen.
Der Verfassungsschutz in Bayern beobachtet die Querdenken-Bewegung als Ganzes derzeit nicht. Allerdings würden ohnehin einzelne Personen aus dem Bereich Rechtsextremismus oder der „Reichsbürger“-Szene, die etwa als Anmelder, Teilnehmer, Sprecher oder Redner bei Querdenken-Veranstaltungen im Freistaat waren, beobachtet, sagte ein Sprecher des Landesamts am Mittwoch.
In Brandenburg derzeit keine Beobachtung geplant
Auch in Brandenburg ist weiter keine Beobachtung der Bewegung geplant. Aktuell lägen weiterhin keine “hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte” dafür vor, dass von der Bewegung Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ausgehen, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Martin Burmeister, am Mittwoch in Potsdam dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Es werde vom Verfassungsschutz jedoch aufmerksam wahrgenommen, dass neben Kritikern der aktuellen Anti-Corona-Maßnahmen auch Rechtsextremisten, Reichsbürger und QAnon-Anhänger solche Versammlungen aufsuchten und teilweise initiierten, sagte Burmeister. Zudem berichte das in Brandenburg ansässige Magazin “Compact” intensiv über solche Ereignisse. Die Publikation sei ein rechtsextremer Verdachtsfall.
“Insbesondere Rechtsextremisten, Reichsbürger und Anhänger von QAnon-Verschwörungsfantastereien verfolgen das Ziel, den demokratischen Rechtsstaat zu delegitimieren”, sagte Burmeister. Sie seien daher bemüht, entsprechende Proteste zu infiltrieren und zu beeinflussen. Am Ende dieses Prozesses könne auch eine Transformation dieser Szenen und Strömungen stehen.
Veranstaltungen der “Querdenken”-Bewegung selbst seien in Brandenburg eher selten, sagte Burmeister. Dies liege daran, dass Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen dort oft von der AfD und dem ihr nahestehenden Verein “Zukunft Heimat” intensiv betrieben würden. Beide werden dort vom Verfassungsschutz beobachtet.
Auch die Innenministerkonferenz will sich an diesem Donnerstag mit dem Thema befassen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte bereits eine schnelle Beobachtung der Bewegung gefordert.
RND/cle/dpa