Psychotherapien in der Corona-Krise: „Erhebliche Zunahme an Anfragen“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/JWG7F7HKBFDJXD5J7KTC35PVSQ.jpeg)
Für eine gelungene und erfolgreiche Therapie sollten Therapeuten und Patienten zusammenarbeiten.
© Quelle: Christin Klose/dpa-tmn
Berlin. Die Corona-Krise macht sich auch in den Psychotherapiepraxen bemerkbar. „Wir erleben eine erhebliche Zunahme an Anfragen“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV) auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). Nach Angaben Gebhard Hentschels sei diese Nachfrage seit Ausbruch der Corona-Pandemie um etwa 40 Prozent gestiegen. Das hatte eine Umfrage der Vereinigung Anfang des Jahres ergeben. Die Anfragesituation sei auch weiterhin hoch.
„Schon vor Corona waren viele Praxen ausgelastet“, führte Hentschel weiter aus. Nun käme für die Kolleginnen und Kollegen noch die gesteigerte Nachfrage hinzu. Zu den behandelten Symptomen würden vermehrt Depressionen, aber auch Angst- und Zwangsstörungen zählen. „Wir merken auch, dass Patienten, die schon einmal in Behandlung waren, nun wieder anfragen“, so Hentschel. Gleichzeitig sei bemerkbar, dass Patienten, die eigentlich schon auf einem guten Weg waren, wieder verstärkt Hilfe benötigen.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von glomex GmbH, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Krankenkassen verzeichnen nur leichten Anstieg
Bei den gesetzlichen Krankenkassen ergibt sich jedoch derzeit ein anderes Lagebild: Sie verzeichnen nur einen leichten Anstieg an Anfragen. So teilte eine Sprecherin der Techniker Krankenkasse (TK) mit, dass keine „coronabedingte Veränderung“ der Psychotherapieanträge erkennbar sei.
Allerdings: Bei der sogenannten „Kostenerstattung“ habe es in den vergangenen Wochen eine leichte Zunahme gegeben, sagte eine Sprecherin. Bei dem Verfahren übernehmen Krankenkassen die Kosten von privaten Psychotherapien, wenn Patientinnen und Patienten trotz mehrfacher Versuche keinen Platz in einer Praxis mit Kassensitz bekommen.
Auch die Barmer Krankenkasse verwies zwar darauf, dass bei den unter 25-Jährigen die Nachfrage im vergangenen Jahr „leicht“ zugenommen habe. So seien etwa die Zahlen für eine Akutbehandlung sowie die Anträge für eine erstmalige Psychotherapie oder deren mögliche Verlängerung um 6 Prozent (44.000) im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Allerdings könne man über alle Altersklassen hinweg „keine nennenswerte gestiegene Nachfrage an Psychotherapien feststellen“.
„Corona-Effekt“ bei AOK noch nicht sichtbar
Die AOK verzeichnet ebenfalls „keine Auffälligkeiten“ in der Zahl der Anträge für eine Psychotherapie – weder bei solchen, die die Krankenkasse selbst finanziert, noch bei den sogenannten Kostenerstattungen. Allerdings: „Mehrere AOK melden minimale Anstiege von ein bis 4 Prozent“, so eine Pressesprecherin. Diese Werte würden aber im normalen Schwankungsbereich liegen, ein „Corona-Effekt“ sei nicht sichtbar, so Klut.
Das heiße gleichzeitig aber auch nicht, dass der nicht noch kommen könne. Valide Daten gebe es oftmals erst Monate später, erklärte die AOK-Sprecherin. Gerade bei Psychotherapien rede man manchmal von sehr langen Zeiträumen. Somit sei auch nicht ausgeschlossen, dass es einen solchen Corona-Effekt noch gebe – nur dann eben später.
Hentschel: Bei Kostenerstattungen großzügiger sein
Gebhard Hentschel von der DPtV kritisiert zudem, dass die Verfahren für Kostenerstattungen in den vergangenen Jahren zurückgefahren worden seien. Patientinnen und Patienten würden nun eher an die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigungen verwiesen. „Dann kann es sein, dass es zu einem Erstgespräch kommt, aber nicht zu einer Therapie.“ Mitunter werde die Kostenerstattung auch abgelehnt – und die Hürden für Patientinnen und Patienten dadurch groß. „Ich würde mir wünschen, dass die Krankenkassen da großzügiger wären.“