Holland in Not: Gewaltausbrüche wegen Corona-Ausgangssperren in vielen Städten
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Gewaltsame Proteste gegen Corona-Ausgangssperre in Eindhoven.
© Quelle: imago images/Pro Shots
Den Haag. Ausgebrannte Autowracks, geplünderte Supermärkte, demolierte Fahrräder, eingeschlagene Fensterscheiben, die Reste von Feuerwerkskörpern in vielen Straßen. Diesen Anblick hatten viele Niederländer, wenn sie am Montagmorgen in Eindhoven, Amsterdam, Den Haag, Almelo, oder Tilburg, Venlo, Helmond, Breda, Arnhem, Apeldoorn, oder Enschede auf die Straße gingen.
In zahlreichen niederländischen Städten riefen die örtlichen Bürgermeister am Wochenende den Notstand wegen randalierender „Corona-Vandalen“ aus. Die Welle der Gewalt schwappte über das ganze Land. Tausende demonstrierten gegen die seit Samstag geltende Ausgangssperre. Von 21 Uhr abends bis 4.30 Uhr morgens hieß es eigentlich: zu Hause bleiben. Doch das ging nicht überall auf, in vielen Städten und Gemeinden im Nachbarland sogar nach hinten los. Die Demonstranten, von vielen schon „Corona-Vandalen“ genannt, waren auf Gewalt, auf Zerstörung aus. Fast überall, von Amsterdam bis Enschede wurden Polizeikräfte angegriffen.
Polizei: „Solch intensive Gewalt seit Jahren nicht mehr erlebt“
In Amsterdam setzte die Polizei Hundestaffeln und berittene Polizeikräfte gegen etwa 1500 Demonstranten auf dem Museumplein ein. In Eindhoven musste der gesamte Zugverkehr eingestellt werden, weil sich rund um den Hauptbahnhof die Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei lieferten und einige von ihnen im Bahnhof Geschäfte plünderten. Auch zahlreiche Zugverbindungen zwischen den Niederlanden und Deutschland wurden lahmgelegt.
In Enschede wollten die gewalttätigen Demonstranten die Uniklinik Medisch Spectrum Twente (MST) stürmen, schossen Feuerwerkskörper auf das Krankenhaus und warfen Steine auf den Flügel, wo sich die Notaufnahme befindet. Erst gegen Mitternacht von Sonntag auf Montag hatte die Polizei in Enschede und auch in vielen anderen niederländischen Städten die Lage wieder unter Kontrolle. Hunderte Randalierer wurden verhaftet.
„Eine solch intensive Gewalt haben wir seit Jahren nicht mehr erlebt,“ sagte der Chef der nationalen Polizei, Willem Woelders.
Niederlande: Randale bei Corona-Protesten - rund 250 Festnahmen
Die Proteste richteten sich gegen die verschärften Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus, darunter eine nächtliche Ausgangssperre.
© Quelle: Reuters
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte verurteilte die gewalttätigen Ausschreitungen scharf. „Die Proteste haben nichts mit einem Kampf um Freiheit zu tun. Sie sind völlig inakzeptabel. Man kann sie als normaler Mensch nur mit Abscheu zur Kenntnis nehmen,“ so der Haager Regierungschef am Montag in einer ersten Stellungnahme. Rutte lobte ausdrücklich den Einsatz der Polizeikräfte. „Die Polizei ist adäquat aufgetreten“, sagte er. „Wir werden das alles analysieren und dann darüber entscheiden, ob zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen nötig sind“, so Rutte weiter.
Gehen die gewaltsamen Proteste weiter?
Bei der Polizei fürchtet man indes, dass die gewaltsamen Proteste gegen die nächtliche Ausgangssperre, die bis zum 10. Februar dauern soll, tagelang, ja wochenlang anhalten könnten. Der Bürgermeister von Eindhoven, John Jorritsma, warnte und sagte : ‚,Wenn das so weitergeht, dann bewegen wir uns auf einen Bürgerkrieg zu.‘‘
Justizminister Ferdinand Grapperhaus verurteilte die Gewaltorgie in niederländischen Städten ebenfalls scharf: „Das ist einfach kriminelles Verhalten“, sagte er.
Gert-Jan Segers, Vorsitzender der in Den Haag mit regierenden Christen Unie, Christen Union, twitterte: „Was wir erleben, das ist beklemmend.“
Er kritisierte auch die vielen Vergleiche der heutigen Ausgangssperre, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie eingeführt worden sei, mit den Ausgangssperren, die die Nazis einst im Zweiten Weltkrieg verhängten, als die Niederlande von 1940 bis 1945 von Nazi-Deutschland besetzt waren.