Proteste in Belarus: 700 neue Festnahmen

Angehörige von festgenommenen Demonstranten warten vor dem Gefängnis: In Belarus dauern nach den Wahlen die Proteste an, nach Behördenangaben gab es in der vergangenen Nacht 700 neue Festnahmen.

Angehörige von festgenommenen Demonstranten warten vor dem Gefängnis: In Belarus dauern nach den Wahlen die Proteste an, nach Behördenangaben gab es in der vergangenen Nacht 700 neue Festnahmen.

Minsk. Bei den Protesten in Belarus (Weißrussland) gegen Wahlfälschung unter Präsident Alexander Lukaschenko sind bis Donnerstagmorgen insgesamt fast 7000 Menschen festgenommen worden. Allein in der vergangenen Nacht habe es etwa 700 Festnahmen gegeben, teilte das Innenministerium in Minsk am Donnerstag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Nach Meinung von Beobachtern gab es weniger Polizeigewalt als an den Vortagen.

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In den Nächten zuvor hatten die Sicherheitskräfte noch deutlich mehr Menschen in Gewahrsam genommen. Die Uniformierten gingen dabei teils äußerst brutal gegen friedliche Demonstranten vor und schlugen auf sie ein. Am Donnerstagmorgen versammelten sich Frauen im Zentrum zu friedlichen Solidaritätsaktionen und bildeten Menschenketten, wie in Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram zu sehen war.

Die Aktionen, die bisher vor allem am Abend und in der Nacht liefen, richten sich gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko. Der 65-Jährige hatte sich in einer umstrittenen Präsidentenwahl nach 26 Jahren im Amt zum sechsten Mal in Folge zum Sieger erklären lassen.

Angehörige fordern Freilassung

Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben des Innenministeriums zu den Festnahmen nicht. Wie viele Demonstranten mittlerweile wieder freigelassen wurden, ist nicht bekannt. Vor den Gefängnissen forderten Angehörige immer wieder die Freilassung von Festgenommenen.

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Nach Angaben der Behörden wurden seit Beginn der Proteste mehr als 100 Sicherheitskräfte verletzt. 28 von ihnen seien ins Krankenhaus gekommen. Neue Zahlen zu verletzten Demonstranten lagen zunächst nicht vor. Nach früheren Angaben wurden mindestens 250 Menschen in dem zwischen Russland und EU-Mitglied Polen gelegenen Land verletzt. Die Polizei in der Stadt Gomel bestätigte am Mittwochabend den Tod eines jungen Mannes, der am Sonntag festgenommen worden war.

Verstorbener litt an Herzkrankheit

Die Mutter des 25-Jährigen hatte den Sicherheitskräften Willkür vorgeworfen und sie verantwortlich gemacht für den Tod. Ihr Sohn, der eine Herzkrankheit gehabt habe, sei am Wahlsonntag auf dem Weg zu seiner Freundin festgenommen worden und dann in Polizeigewahrsam im Krankenhaus gestorben. Die Polizei teilte mit, dass die Gerichtsmedizin die Todesursache klären müsse.

Belarus: Polizei geht nach Wahl gegen Demonstranten vor
 MINSK, BELARUS - AUGUST 9, 2020: People participate in a protest against the results of the 2020 Belarusian presidential election. Natalia Fedosenko/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY TS0E2C4B

Bei der Präsidentenwahl in Belarus kam es örtlichen Medien zufolge zu Festnahmen und Zusammenstößen in der Hauptstadt und anderen Städten.

Nach Darstellung der Ermittler hatte der Mann an nicht genehmigten Protesten teilgenommen und sei dann mit zehn Tagen Arrest bestraft worden. Sein Gesundheitszustand soll sich im Gewahrsam verschlechtert haben, weshalb er in ein Krankenhaus gekommen sei. Dort starb er den Behördenangaben zufolge.

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Sanktionen gegen Belarus

Deutschland und andere EU-Staaten haben die neue “Repressionswelle” unter Lukaschenko scharf kritisiert. Die EU-Außenminister wollen an diesem Freitag bei einer außerordentlichen Videokonferenz über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik beraten.

Belarus ist Mitglied in der östlichen Partnerschaft der EU. In der Diskussion ist die Wiedereinführung von Sanktionen gegen Lukaschenkos Machtapparat.

US-Außenminister Mike Pompeo sagte dem von Washington finanzierten Radiosender Radio Free Europa/Radio Liberty, dass auch sein Land neue Sanktionen prüfen könne. “Wir wollen gute Ergebnisse für die Menschen in Belarus und werden entsprechend agieren”, sagte er. Die USA und Belarus haben gerade erst wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen nach jahrelanger Eiszeit.

RND/dpa

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