Präsidentschaftswahlkampf: Ehekrach bei linken US-Demokraten

Die demokratischen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Bernie Sanders und Elizabeth Warren.

Die demokratischen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Bernie Sanders und Elizabeth Warren.

Des Moines. Die demokratische Präsidentschaftsdebatte war offiziell vorbei und der Applaus im Publikum schon abgeebt, als sich auf der Bühne der Drake University das eigentliche Schauspiel des Abends abspielte: Senatorin Elizabeth Warren ging auf ihren Kollegen Bernie Sanders zu, der ihr zum Abschied die Hand entgegenstreckte. Doch Warren schlug nicht ein. Stattdessen redete sie heftig auf ihn ein, bis sich der weißhaarige Mann sichtlich verärgert abwandte und grußlos von dannen zog.

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Gerade mal 20 Sekunden dauerte die Szene, und doch dürfte sie mehr Beachtung finden als die vorhergegangene zweistündige Diskussion. Sie dokumentiert nämlich den Riss zwischen den beiden prominenten linken Trump-Herausforderern.

Monatelang hatte es einen stillen Nichtangriffspakt zwischen dem 78-jährigen Alt-Revoluzzer und der acht Jahre jüngeren Professorin gegeben, obwohl sie in der Steuer-, der Gesundheits- und der Außenpolitik ähnliche Positionen vertreten. Fast jeder andere Bewerber hatte bei den vorangegangenen sechs Debatten von dem einen oder anderen Mitbewerber Prügel bezogen. Aber Warren und Sanders schafften es zum Ärger der eher pragmatischen Konkurrenz, im linken Tandem weitgehend unbeschadet zum Favoriten Joe Biden aufzuschließen.

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Mit der Harmonie ist es nun vorbei. Ursprünglicher Auslöser des Streits war ein internes Papier des Sanders-Lagers, in dem freiwilligen Kampagnenhelfern Argumentationshilfen für Diskussionen mit Anhängern eines anderen demokratischen Bewerbers gegeben wurden.

Darin hieß es, Warrens Basis sei ganz überwiegend „gebildet und wohlhabend“. Die Senatorin, die im Wahlkampf für jedes Problem einen detaillierten Plan präsentiert, könne bei Arbeitern und Schwarzen nicht genügend Stimmen mobilisieren, um Donald Trump aus dem Amt zu jagen.

Warren und Sanders fischen im selben Wählermilieu

Tatsächlich kann Sanders, der bis heute jede konkrete Aussage zu den Kosten seiner Versprechen verweigert, mit seinem populistischen Ansatz bei diesen Gruppen eher punkten. Mutmaßlich genau deshalb war das Warren-Lager stocksauer. Zufällig machte kurz darauf plötzlich das Gerücht die Runde, Sanders traue einer Frau das Präsidentenamt nicht zu.

Frei erfunden sei die Geschichte, konterte Sanders. Nein, das habe ihr der Senator bei einem Gespräch vor zwei Jahren wirklich gesagt, erklärte Warren überraschend offen.

Seither hängt der linke Haussegen schief. Natürlich wurde das Thema auch bei der Debatte am Dienstagabend im verschneiten Städtchen Des Moines angesprochen. Des Moines ist die Hauptstadt des Bundesstaats Iowa, wo turnusmäßig in knapp drei Wochen die Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur beginnen. Deshalb hatten weder Sanders noch Warren ein Interesse daran, den Dissens allzu offenkundig zu vertiefen. „Es ist unvorstellbar, dass ich so etwas sage“, beharrte Sanders. „Ich habe ihm damals widersprochen“, behauptete Warren hingegen. „Aber Bernie ist mein Freund und ich bin nicht hier, um mit ihm zu streiten.“

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Doch damit war der Ehekrach nur vertagt. Kurz darauf brüstete sich Warren nämlich, sie sei die einzige Präsidentschaftsbewerberin, die in den vergangenen 30 Jahren einen republikanischen Amtsinhaber geschlagen habe. Der zur Rechthaberei neigende Sanders konnte sich einen Widerspruch nicht verkneifen: „Ich habe auch einen republikanischen Amtsinhaber geschlagen“, erklärte er. Damit war er in eine Falle getappt. „Und wann ist das gewesen?“, fragte Warren genüsslich. „1990“, antwortete Sanders. „Sind das nicht 30 Jahre?“, erwiderte Warren und ließ den Kollegen damit buchstäblich alt aussehen.

Dieses Mal nur sechs Bewerber auf der Bühne

Anschließend nahm die Debatte, für die sich wegen der strengen Auflagen bei Umfragewerten und Spendeneinnahmen insgesamt nur noch sechs Bewerber qualifiziert hatten, einen unspektakulären Verlauf. Joe Biden verteidigte wie üblich öfter stammelnd, aber ohne allzu große Fehltritte, seine Spitzenposition. Pete Buttigieg wirkte blasser als bei früheren Runden. Und die Außenseiter Amy Klobuchar und Tom Steyer hatten beide starke Auftritte.

RND-Korrespondent Karl Doemens hat die Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber in Des Moines vor Ort verfolgt.

RND-Korrespondent Karl Doemens hat die Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber in Des Moines vor Ort verfolgt.

Wahrscheinlich würde in ein paar Tagen niemand mehr über die Veranstaltung reden, wenn es nach deren Ende auf offener Bühne nicht zu dem Eklat gekommen wäre. Als der Milliardär Steyer später zu den Journalisten im Pressezentrum kommt, wird er nicht nach seinen Positionen befragt, sondern nach dem Zusammenstoß, den er aus nächster Nähe verfolgte.

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Um was es da gegangen sei, wollen die Reporter wissen. Er habe wirklich nicht zugehört, antwortet Steyer: „Es war einer der peinlichen Momente, bei denen man denkt: Ich muss so schnell wie möglich weitergehen.“

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