Politiker wollen Kinder aus Flüchtlingslagern nach Deutschland holen
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Ein kleines Mädchen steht am Stacheldrahtzaun in einem provisorischen Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos: Die Zustände werden immer dramatischer.
© Quelle: Angelos Tzortzinis/DPA/dpa
Berlin. Es sind Bilder, die nur schwer auszuhalten sind: Kinder, die auf dem blanken Erdboden schlafen, die im Dreck spielen, um Essen betteln, nach dem Einatmen von Tränengas und Rauch weinen. Bei all den Dramen, die sich gerade in den Flüchtlingscamps diesseits und jenseits der griechisch-türkischen Grenze abspielen, sind es vor allem die Schicksale der jüngsten Flüchtlinge, die vielen Menschen unter die Haut gehen.
In den sozialen Medien gibt es immer mehr Nutzer, die menschliche Lösungen wenigstens für die Kinder in den Camps fordern. Und auch in der Politik mehren sich diese Stimmen. Die lautesten kommen derzeit aus dem Norden der Republik.
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© Quelle: RND
“Seit dem Wochenende hat sich die Lage im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Griechenland dramatisch verschärft. Die Bilder, die uns von dort erreichen, sind erschütternd”, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). “Schleswig-Holstein hat in der Vergangenheit mehrfach seine Bereitschaft erklärt, Menschen in Not zu helfen und sich an Kontingentlösungen zu beteiligen, die die Bundesregierung mit den europäischen Partnern aushandelt. Wir sollten hier ein Beispiel geben”, so der CDU-Politiker weiter.
Günther verwies darauf, dass Schleswig-Holsteins Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bereits im Februar seine Bereitschaft signalisiert habe – unabhängig von einer Gesamtaufnahmezusage Deutschlands –, bis zu 30 junge Flüchtlinge aus Lesbos aufzunehmen. “Die humanitäre Situation in den überfüllten Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Lesbos ist trotz zahlreicher Hilfen seit Monaten zutiefst bedrückend und angespannt”, beklagte Günther. “Betroffen davon sind insbesondere allein reisende Minderjährige, die dort unter erbärmlichen Umständen und bei fehlender Unterstützung leben müssen”, ergänzte er.
Niedersachsens Ministerpräsident Weil fordert schnelle Hilfe
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte Seehofer auf, den Bundesländern die freiwillige Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge zu ermöglichen. “Bundesinnenminister Seehofer muss seinen Widerstand dagegen aufgeben und den Weg für die Aufnahme dieser Kinder endlich frei machen”, sagte Weil. Niedersachsen sei bereit, besonders Schutzbedürftigen zu helfen. Dadurch würde man auch verhindern, dass es vor allem junge Männer seien, die sich nach Europa durchkämpften. “In vielen Fällen hatten die Schwächeren, Frauen, Familien mit Kindern und ältere Menschen gar keine Chance”, sagte Weil mit Blick auf die Fluchtbewegungen der Jahre 2015 und 2016.
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Bereits am Montag hatte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius gefordert, unbegleitete Kinder und Jugendliche von den griechischen Inseln nach Deutschland und in andere aufnahmebereite EU-Staaten zu bringen. Das sei eine Frage der “humanitären Verantwortung der Europäischen Union”, sagte Pistorius. Das Gegenargument Seehofers, wonach ein gemeinsames Vorgehen der EU entscheidend sei und sich Alleingänge verböten, wollte Pistorius nicht gelten lassen. “Wenn alle immer darauf warten, dass andere sich bewegen, tut am Ende keiner was”, sagte der Sozialdemokrat.
In Bremen gingen am Dienstag Hunderte Menschen auf die Straßen, um für die Aufnahme von Familien und minderjährigen Flüchtlingen zu demonstrieren. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) erklärte, Bremen sei dazu bereit. “Wir können das, wir sind stark”, sagte sie.
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Innenminister Seehofer pochte dagegen am Dienstagabend auf eine europäische Lösung und forderte eine “Koalition der Willigen”. Deutschland arbeite bei der Seenotrettung etwa mit Frankreich, Italien und Spanien gut zusammen, sagte Seehofer – diese Formation wolle er in erster Linie zusammenhalten. Wenn man erst darauf warte, dass alle 27 Länder mitmachten, werde man nicht weiterkommen. Zugleich sprach sich Seehofer dagegen aus, dass Deutschland gegenüber Griechenland bilateral handele. Dann würden alle anderen 26 EU-Mitgliedsstaaten sagen, Deutschland habe das Problem ausgelöst – nun könne die Bundesrepublik nicht verlangen, dass man jemanden aufnehme.
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