Biden: Hinweise auf ukrainische Flugabwehrrakete nach Explosion in Polen
Mehreren Berichten zufolge ist ein Raketenirrläufer am Dienstag im polnischen Dorf Przewodów nahe der ukrainischen Grenze eingeschlagen. Dabei sollen zwei Menschen getötet worden sein.
© Quelle: Screenshot/Twitter @AmichaiStein1
Nach dem Raketeneinschlag im Osten Polens mit zwei Toten gibt es Hinweise darauf, dass es sich bei dem Geschoss um eine Flugabwehrrakete aus der Ukraine handelt. Dies teilte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bei einem Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs von Nato- und G7-Staaten auf Bali mit.
Er soll demnach von einer Rakete des Systems S-300 gesprochen haben.
Am Dienstagabend sind bei einer Explosion im polnischen Dorf Przewodów zwei Menschen getötet worden. Am späten Abend bestätigte das polnische Außenministerium erste Berichte, nach denen eine Rakete russischer Herstellung in dem Ort nahe der ukrainischen Grenze eingeschlagen sei. Mit der Herkunft sei aber noch nicht geklärt, welches Land sie eingesetzt habe.
+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++
Am Mittwochmorgen sagte US-Präsident Joe Biden dann, dass die Rakete wahrscheinlich nicht von Russland aus abgefeuert worden sei. Es gebe entsprechende Informationen über die Flugbahn, die dem entgegenstünden, sagte Biden auf der indonesischen Insel Bali. Sowohl die Ukraine als auch Russland verwenden Raketen sowjetischer Konstruktion.
Zuvor hatte Biden am Rande des G20-Gipfels zu einem Krisentreffen geladen. Daran nahmen die Staats- und Regierungschefs der sieben großen westlichen Demokratien (G7) teil. Am Tisch saßen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Regierungschefs aus Großbritannien, Italien, Kanada und Japan.
Polen bestellt russischen Botschafter ein
Polen bestellte am Dienstagabend den russischen Botschafter ein, um eine „sofortige detaillierte Erklärung“ zu erhalten, wie es in einer Mitteilung heißt. Die Nato trifft sich am Mittwochmorgen zu einer Krisensitzung, wie ein Nato-Sprecher am späten Dienstagabend mitteilte.
Bereits am Abend hatte Polen einen Teil seiner Streitkräfte in erhöhte Bereitschaft versetzt. Dies gelte auch für andere uniformierte Dienste, sagte ein Regierungssprecher in Warschau. Er sagte auch, dass Polen beschlossen habe zu prüfen, ob es Gründe gebe, die Verfahren nach Artikel 4 des Nordatlantikvertrags einzuleiten. Artikel 4 sieht Beratungen der Nato-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht. Zuvor hatte die Regierung in Warschau eine Sitzung des nationalen Sicherheitsrates und später auch eine Kabinettssitzung einberufen.
Moskau nennt Berichte über Raketeneinschlag in Polen „Provokation“
Am Abend sprach Polens Staatsoberhaupt Andrzej Duda mit US-Präsident Joe Biden und mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Selenskyj schrieb den Zwischenfall eindeutig Moskau zu. „Dies ist ein russischer Raketenangriff auf die kollektive Sicherheit! Dies ist eine sehr bedeutende Eskalation“, sagte er. „Wir müssen handeln.“
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach am Abend mit Duda. Die Nato beobachte die Situation, die Verbündeten berieten sich eng, teilte er nach dem Austausch über Twitter mit. Es sei wichtig, dass Fakten gesichert seien, so der Norweger.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Das Weiße Haus arbeitet nach eigenen Angaben mit der polnischen Regierung zusammen, um mehr Informationen über die Ereignisse an der Grenze zur Ukraine zu bekommen. Aktuell könne man keine Berichte oder Details bestätigen, teilte der Nationale Sicherheitsrat der USA mit.
Das Verteidigungsministerium in Moskau wies die Berichte über den angeblichen Einschlag in Polen dagegen als „gezielte Provokation“ zurück. Es seien keine Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet beschossen worden, teilte das Ministerium mit. Auch die in polnischen Medien verbreiteten Fotos angeblicher Trümmerteile hätten nichts mit russischen Waffensystemen zu tun, hieß es weiter.
Fotos sollen Einschlagstelle zeigen
Am frühen Abend hatte der polnische Sender Radio ZET unter Berufung auf inoffizielle Quellen berichtet, Raketen hätten in dem Dorf Przewodów eine Anlage zum Trocknen von Getreide getroffen, zwei Menschen seien gestorben. Polizei, Staatsanwaltschaft und Armee seien vor Ort. Die Feuerwehr bestätigte, dass in Przewodów bei einer Explosion auf einem landwirtschaftlichen Betrieb zwei Menschen ums Leben kamen.
In sozialen Medien veröffentlichte Fotos sollen die Einschlagstelle zeigen. Darauf ist ein großer Krater zu sehen und ein Treckeranhänger, der umgekippt ist.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Es wäre der erste derartige Vorfall in dem seit fast neun Monaten dauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Polen ist Mitglied der EU und des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato.
Baerbock: „Wir beobachten die Situation genau“
Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Adrienne Watson, hatte am Abend mitgeteilt, man habe die Berichte aus Polen gesehen und arbeiten mit der polnischen Regierung zusammen, um weitere Informationen zu sammeln. „Wir können die Berichte oder Einzelheiten derzeit nicht bestätigen. Wir werden feststellen, was passiert ist und was die angemessenen nächsten Schritte wären“, schrieb sie bei Twitter.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Außenministerin Annalena Baerbock schrieb bei Twitter, ihre Gedanken seien beim deutschen Nachbarn und Verbündeten Polen: „Wir beobachten die Situation genau und stehen mit unseren polnischen Freunden und Nato-Verbündeten in Kontakt.“
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Russland hatte am Dienstag mit über 90 Raketen und Marschflugkörpern das Energiesystem der Ukraine angegriffen und schwere Schäden verursacht. Es war ukrainischen Militärangaben zufolge der bislang massivste Angriff auf die Infrastruktur seit Kriegsbeginn vor gut acht Monaten.
Unter anderem wurde Lwiw im Westen des Landes getroffen, das rund 50 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt liegt.
RND/seb/AP/dpa