Polen treibt Zaunbau voran – Schutz vor Lukaschenkos Vergeltung?

Nach Litauen verzeichnet nun auch Polen einen Andrang von Migranten aus Krisengebieten, die über Belarus in die EU wollen.

Nach Litauen verzeichnet nun auch Polen einen Andrang von Migranten aus Krisengebieten, die über Belarus in die EU wollen.

Warschau. Es soll nun alles sehr schnell gehen mit dem Bau eines Zauns an Polens Grenze zu Belarus. Ingenieure der polnischen Armee hätten die Sperre mit einer Höhe von 2,50 Metern bereits geplant, Soldaten würden die Ausführung übernehmen, sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am Dienstag im öffentlich-rechtlichen Radio.

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Einen konkreten Termin für den Baubeginn nannte Blaszczak zwar nicht. Aber bereits am Montag hatte er angekündigt, man werde noch in dieser Woche starten. Zumindest sollen in den kommenden Tagen bis zu 1000 weitere Soldaten an die mehr als 400 Kilometer lange Grenze zu dem östlichen Nachbarland verlegt werden. Sie ist zugleich auch eine Außengrenze der EU.

Der geplante Zaun ist Polens hastiger Versuch, sich vor den Launen und Einfällen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko zu schützen. Der hat in Minsk mehrfach erklärt, dass seine Grenzschützer die Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern werden - als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen gegen die vom Westen isolierte Ex-Sowjetrepublik.

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Seit Mai enormer Flüchtlingsstrom

Zunächst hatte vor allem die kleine Baltenrepublik Litauen mit einem Andrang von Migranten aus dem Nahen Osten zu kämpfen. Seit Mai überquerten mehr als 4100 Flüchtlinge illegal die grüne Grenze zu Belarus, im gesamten Vorjahr griff der Grenzschutz dort 81 Migranten auf. Doch Anfang August begannen die Litauer, die Flüchtlinge abzuweisen.

Die Lage an ihrer Grenze hat sich dadurch stabilisiert. In den vergangenen 24 Stunden seien weniger als zehn Migranten von einem Grenzübertritt abgehalten worden, teilten die Behörden am Dienstag mit. Auch Litauen will einen Zaun bauen.

Nun wächst der Druck auf Polen: Nach Angaben der polnischen Grenzschützer versuchten allein im August mehr als 2100 Migranten, illegal über Belarus nach Polen vorzudringen. Im gesamten vergangenen Jahr wurden an diesem Grenzabschnitt etwas über hundert Flüchtlinge registriert. Bereits im Juli habe die polnische Armee 130 Kilometer der Ostgrenze mit einem Stacheldrahtverhau gesichert, sagte Verteidigungsminister Blaszczak.

Belarus: Lukaschenko droht dem Westen
SCREENSHOT - 09.08.2021, Belarus, Minsk: HANDOUT - Alexander Lukaschenko, Pr��sident von Belarus, spricht w��hrend einer Pressekonferenz (Videostandbild, bestm��gliche Qualit��t). Lukaschenko hat dem Westen im Fall neuer Sanktionen mit Gegenma��nahmen gedroht. Hintergrund seines Auftritts im Staatsfernsehen ist der erste Jahrestag der umstrittenen Pr��sidentenwahl vom 9. August 2020 und des Beginns von Massenprotesten. Foto: Nikolay Petrov/BelTA Pool/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollst��ndiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

Auch weitere militärische Unterstützung durch Russland sei möglich, sagte Lukaschenko bei einer Pressekonferenz.

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Die Baltenländer Litauen, Lettland, Estland und Polen machen Lukaschenko für den plötzlichen Andrang verantwortlich. In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten sie am Montag dessen „politisch arrangierte Operation“. In die gleiche Kerbe schlug Polens Verteidigungsminister Blaszczak: „Wir haben es hier mit einem Angriff auf Polen zu tun, man kann sagen, es handelt sich um einen hybriden Krieg. Es ist der Versuch, die EU und Polen zu destabilisieren.“

Polnische Medien sind voll von Berichten darüber, dass eine Tourismusagentur von Lukaschenkos Präsidialverwaltung in Krisenregionen wie dem Irak und Afghanistan für die vermeintlich sichere Passage über Minsk in die EU werben lasse.

Kommentatoren in Warschau sind sich einig: Es geht Lukaschenko auch um Rache. Denn nach den Massenprotesten gegen die weithin als gefälscht angesehene Präsidentenwahl vom 9. August 2020 haben sowohl Litauen als auch Polen viele Oppositionelle aus Belarus aufgenommen.

Symbolisch für den Konflikt um die Flüchtlinge sind die Bilder von einer Gruppe von 24 Flüchtlingen, die seit fast zwei Wochen in der Nähe des Dorfs Usnarz Gorny im Niemandsland an der polnisch-belarussischen Grenze ausharren. Das Lager der Menschen, unter denen viele aus Afghanistan und dem Irak sein sollen, ist von polnischen Grenzern und Soldaten umstellt.

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Auch auf der belarussischen Seite sind nach Medienberichten Sicherheitskräfte zu sehen. Das UN-Flüchtlingskommissariat appellierte am Dienstag an die Regierung in Warschau, die Menschen auf polnisches Gebiet zu lassen und ihnen medizinische und juristische Hilfe zukommen zu lassen.

Staatliche belarussische Medien schlachten die Bilder von der „humanitären Katastrophe“ beim westlichen Nachbarn genüsslich aus. Und Lukaschenko selbst warf den Polen am Montag vor, sie hätten einen Konflikt an der Grenze angezettelt und die Staatsgrenze von Belarus verletzt. Die Polen hätten auf ihrem Gebiet „50 Leute eingefangen, die (...) nach Deutschland wollten, wohin Mutter Merkel sie gerufen hatte“, spottete er. Diese seien dann unter Androhung von Waffengewalt auf belarussisches Gebiet getrieben worden.

RND/dpa

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