Polen baut die Justiz um – und gefährdet damit das Fundament der EU

Über dem Haupteingang des Obersten Gerichts in Warschau hängt ein Banner mit der Aufschrift „Konsytucja“ (Verfassung). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Falle der polnischen Justizreform geurteilt, dass sie gegen europäisches Recht verstoße (Archivfoto).

Über dem Haupteingang des Obersten Gerichts in Warschau hängt ein Banner mit der Aufschrift „Konsytucja“ (Verfassung). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Falle der polnischen Justizreform geurteilt, dass sie gegen europäisches Recht verstoße (Archivfoto).

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat der nationalkonservativen Regierung in Polen eine schallende Ohrfeige verpasst. Der Umbau des polnischen Justizsystems verstoße gegen europäisches Recht, sagt der EuGH in Luxemburg und verlangt, dass der politische Druck auf Richter in Polen umgehend beendet wird.

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An dem Urteil lässt sich nichts deuteln. Von Politikern beeinflusste Disziplinarkammern, die Richter und Staatsanwälte entlassen können, dürfen in der Rechtsordnung der Europäischen Union keinen Platz haben.

Doch die polnische Regierung zeigt keine Einsicht. Im Gegenteil. Sie bringt das nationale Verfassungsgericht in Stellung, das prompt sagt: Polen müsse einstweilige Anordnungen aus Luxemburg künftig nicht mehr befolgen.

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Das ist der erste Schritt zum Austritt Polens aus der europäischen Rechtsgemeinschaft. Ihr Fundament ist der allgemein anerkannte Grundsatz, dass europäisches Recht Vorrang vor nationalem Recht haben soll. Das gilt seit 1964, war also schon Jahrzehnte Konsens, bevor Polen der EU beigetreten ist. Und das ist auch richtig so. Alle Bürgerinnen und Bürger in der EU müssen sich darauf verlassen können, überall in der EU bei Rechtsstreitigkeiten gleich behandelt zu werden.

Die regierende Partei in Warschau indes schafft eine juristische Parallelwelt und bringt damit das Fundament der EU ins Wackeln. So darf es nicht weitergehen. Die unsägliche Rosinenpickerei, die sich die Regierung in Warschau seit Jahren erlaubt, muss so schnell wie möglich ein Ende haben.

EU-Gipfel findet keine Lösung im Finanzstreit mit Ungarn und Polen
dpatopbilder - 19.11.2020, Belgien, Br���ssel: Charles Michel (M, oben), Pr���sident des Europ���ischen Rates, spricht bei einer Videokonferenz der EU-Staats- und Regierungschefs zum Thema Corona und Haushaltsstreit. Nach dem Veto Ungarns und Polens gegen das europ���ische Haushaltspaket haben die EU-Staats- und Regierungschefs bei dem Videogipfel einen Ausweg aus der Krise gesucht. Foto: Olivier Matthys/AP Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die 27 EU-Staaten haben noch keine Einigung über die aktuelle EU-Finanzplanung erzielt.

Die EU-Kommission hätte ein Druckmittel zur Hand

Die EU-Kommission als Hüterin der europäischen Verträge muss eingreifen. Schon jetzt hätte sie die Möglichkeit, gegen Warschau satte Geldstrafen zu verhängen. Warum zögert die Kommission immer noch? Geld ist die einzige Sprache, die die polnische Regierung versteht.

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Es geht um viel. Wenn der Rechtsstaatskodex zerfleddert wird, ist die EU in höchster Gefahr.

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