Was die Lobbyaffäre Amthors in der CDU auslöst
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Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor hat Ärger wegen Lobbyarbeit für eine IT-Firma.
© Quelle: imago images / Jens Jeske
Berlin. Einer ihrer Shootingstars ist in Schwierigkeiten geraten, und in der CDU-Bundeszentrale bleibt es erst einmal still. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gratuliert den Tischtennis-Herren des 1. FC Saarbrücken via Twitter zur deutschen Meisterschaft. Die Parteigremien tagen nur alle zwei Wochen – und nicht an diesem Montag.
Im Bundestag sammelt sich die Fraktion, es ist die vorletzte Sitzungswoche vor der Sommerpause. Man sei wenig begeistert über den Vorgang, heißt es.
Philipp Amthor ist mit dem Ärger erst mal allein. Der 27-Jährige, der binnen weniger Jahre mit Kritik an der AfD, flottem Mundwerk und einem konservativen Anzug-Krawatten-Look zu einem der bekanntesten Gesichter der CDU geworden ist, hat für sich einem Bericht des “Spiegel” zufolge die Grenzen für Lobbyarbeit ziemlich weit ausgelegt. Er setzte sich für ein IT-Unternehmen namens Augustus ein, in dem er einen Direktorenposten bekleidete – samt Aktienoptionen, Mailadresse und Visitenkarte – und mit dessen Mitarbeitern er Reisen unternahm. Auf seinem Abgeordnetenbriefpapier warb er demnach bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für “ein spannendes und politisch viel versprechendes Investitionsvorhaben” von Augustus.
Amthor hat schnell reagiert auf den “Spiegel”-Bericht. “Ich bin nicht käuflich”, erklärte er. Aber er könne die Kritik nachvollziehen, er habe sich angreifbar gemacht. “Es war ein Fehler”, verkündete Amthor. Er habe die Nebentätigkeit beendet und die Aktienoptionen zurückgegeben.
“Noch ein paar Punkte offen”
Es kann sein, dass das nicht die einzige Folge bleibt. Das klingt durch bei Eckhard Rehberg, der nicht nur haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion ist, sondern auch Interimschef der Landes-CDU. “Da sind noch ein paar Punkte offen”, sagte Rehberg der “Bild”-Zeitung. Die Bezahlung von Flügen und Hotelübernachtungen müsse geklärt werden. Es geht darum, ob es strafrechtliche Vorwürfe gibt, aber auch um die Moral.
Unionsfraktionsvize Johann Wadephul betont: “Es gilt die Unschuldsvermutung.” Wenn Amthor sage, dass er nicht käuflich gewesen sei, “sollte daraus nicht mehr gemacht werden, ohne Beweise vorzulegen”. Er verweist gegenüber dem RND auch auf Amthors Unerfahrenheit: “Er ist eben noch jung, und da trifft man im Überschwang noch leichter falsche Entscheidungen.”
Die Marke Amthor hat einen Kratzer, das dürfte feststehen. Das ist nicht nur ein Problem für Amthor, sagen manche in der CDU.
Der junge Jurist hatte bis vergangene Woche gute Chancen, den Vorsitz der CDU Mecklenburg-Vorpommern zu übernehmen. Der bisherige Vorsitzende Vincent Kokert war vor wenigen Monaten überraschend in die Wirtschaft gewechselt. Amthors Konkurrentin hatte kurz vor der “Spiegel”-Veröffentlichung zurückgezogen. Der Vorsitz könnte der Ausgangspunkt sein für mehr: 2021 wird in Mecklenburg-Vorpommern gewählt. Ein Parteivorsitzender ist immer ein Anwärter auf eine Spitzenkandidatur – Amthor wäre der jüngste Ministerpräsidentenkandidat in der Geschichte der CDU.
Es sei keine schlechte Idee, wenn die CDU gegen Amtsinhaberin Manuela Schwesig mit einem Landrat ins Rennen gehe, heißt es nun an mancher Stelle in der CDU. Amthor müsse sonst für eine Landtagswahl mit ungewissem Ausgang sein Bundestagsmandat aufgeben – die CDU landete bei der letzten Wahl in Mecklenburg-Vorpommern hinter der AfD auf dem dritten Platz.
Und da wird das Problem Amthors dann doch zu einem der CDU. Mit dem konservativ auftretenden Amthor – stets mit einem Pin in Deutschlandfarben am Revers – hätte die CDU die AfD-Wechselwähler ansprechen können und möglicherweise auch junge Wähler. “Das könnte jetzt schwieriger werden”, heißt es in der CDU.
Grünen-Chef Robert Habeck forderte zudem den Rückzug Amthors aus dem Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz. Dort soll Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen vernommen werden – und der ist offenbar ein weiterer Unterstützer der Firma Augustus. Amthor könne Maaßen nicht neutral befragen, sagte Habeck.
In eine andere Debatte könnte der Fall neuen Schwung bringen. Ausgerechnet in dieser Woche wollen die Koalitionsfraktionen erneut über ein Lobbyregister verhandeln. Die Union ist da bislang zurückhaltend gewesen. Ihr Verhandlungsführer Patrick Schnieder sagt: “Der Kontakt zu Abgeordneten kann nicht eingeschränkt werden.” Denkbar sei allerdings eine Neuregelung der Kontaktaufnahme.
Neben Verbänden sollten sich auch Unternehmen und Einzelpersonen registrieren. “Außerdem sollten wir über einen Verhaltenskodex reden, und Interessenvertreter sollten Tätigkeitsfelder nennen, deren Interessen sie vertreten, sowie Angaben zu den finanziellen Aufwendungen und Zuwendungen Dritter machen. Wer falsche Angaben macht, muss dabei mit Sanktionen rechnen, ich kann mir dort eine Ergänzung des Ordnungswidrigkeitengesetzes gut vorstellen.”
Das Bundeswirtschaftsministerium hat mittlerweile versichert, mit der Firma Augustus nie über Fördergelder oder Kooperationen gesprochen zu haben.