„Zu kurz gegriffen“

Krankenkassen lassen kein gutes Haar an Lauterbachs Pflegereform

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Berlin. Die gesetzlichen Krankenkassen haben die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Rahmen einer Pflegereform geplanten Leistungsverbesserungen und die vorgesehenen Schritte zur Stabilisierung der Finanzlage als völlig unzureichend kritisiert. Der Versuch, einen Ausgleich für die gestiegenen Pflegekosten für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen zu schaffen, „muss weitestgehend als zu kurz gegriffen bewertet werden“, heißt es in einer Stellungnahme des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen zum Entwurf des „Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes“, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Der Verband bezweifelt zudem, ob die geplante Beitragsanhebung überhaupt ausreicht, um die Pflegeversicherung bis zum Ende der Wahlperiode 2025 sicher zu finanzieren.

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„Aufgrund der offensichtlich innerhalb der Regierungskoalition bestehenden gegenläufigen Prioritätensetzungen entsteht eine Situation, in der ein ganzer Sozialversicherungszweig in Bezug auf die finanzielle Ausgestaltung zusehends nicht mehr angemessen seinem Auftrag zur Absicherung eines zentralen Lebensrisikos – hier das Risiko der Pflegebedürftigkeit – nachkommen kann“, beklagt der Verband in seiner Bewertung des Gesetzentwurfs. Das lasse sich auch nicht durch eine kreditfinanzierte Überbrückung fehlender Einnahmen verschleiern, heißt es weiter.

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„Bund scheint seiner Finanzierungsverantwortung nicht nachzukommen“

Der Verband kritisiert vor allem die angesichts der Inflation unzureichende Erhöhung der Leistungen für zu Hause gepflegte Menschen. Die vorgesehene Begrenzung der Dynamisierung auf 5 Prozent bilde die realen Preisentwicklungen nicht ausreichend ab, so die Kassen. Zur Untermauerung machen sie eine Rechnung auf: Wären die eigentlich in den vergangenen Jahren geplanten Erhöhungen nicht ausgesetzt worden, ergäbe sich im Jahr 2025 in der Pflegestufe 3 monatlich ein Pflegegeld von 624 Euro. Durch die nun geplante Dynamisierung um 5 Prozent in den Jahren 2024 und 2025 werde das Pflegegeld 2025 hingegen nur 601 Euro betragen – „eine vorenthaltene Steigerung um monatlich 23 Euro“, so der Verband.

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Die Kassen kritisieren zudem, dass trotz entsprechender Vereinbarungen im Koalitionsvertrag der Ampelparteien keine Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt für die Rentenbeiträge von pflegenden Angehörigen sowie für pandemiebedingte Mehrausgaben der Pflegekassen geplant sind. Das seien „originär staatliche Aufgaben“, die aus Steuermitteln bezahlt werden müssten, beklagen die Kassen. Deshalb sei die geplante Anhebung des Beitragssatzes von 3,05 Prozent auf 3,40 Prozent zum 1. Juli 2023 kritisch zu bewerten. „Es ist festzustellen, dass die Beitragszahlenden vor allem deshalb in diesem Ausmaß belastet werden, weil der Bund seiner Finanzierungsverantwortung für versicherungsfremde Leistungen nicht nachzukommen bereit scheint“, beklagt der Verband.

Kassen fordern Verzicht auf Verordnungsermächtigung

Für das laufende Jahr werde durch die Reform zwar eine „Stabilisierung der angespannten Finanzsituation“ erreicht, schreibt der Verband weiter. „Ob sie die soziale Pflegeversicherung bis ans Ende der Legislaturperiode finanziell stabilisieren kann, ist dabei aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes jedoch keinesfalls sichergestellt“, warnen die Kassen. Sie kritisieren zudem, dass der Beitragssatz der Pflegeversicherung künftig per Verordnung durch die Regierung und nicht durch Gesetz festgelegt werden kann. Das schränke die Verantwortung des Parlaments für eine auskömmliche Finanzierung der Pflegeversicherung ein, wird kritisiert. Auf die Verordnungsermächtigung sollte daher verzichtet werden, fordert der Kassenspitzenverband.


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