Krankenkassen warnen vor Verarmung

Schon jeder dritte Pflegeheimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen

Eine Pflegekraft geht mit einer Bewohnerin eines Pflegeheims über den Flur.

Eine Pflegekraft geht mit einer Bewohnerin eines Pflegeheims über den Flur.

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Berlin. Immer mehr Bewohner und Bewohnerinnen von Pflegeheimen sind auf Sozialhilfe angewiesen, weil sie die massiv steigenden Eigenanteile nicht mehr aus der eigenen Tasche aufbringen können. Inzwischen sei jede dritte pflegebedürftige Person (34 Prozent) in der vollstationären Pflege auf die von den Sozialämtern gezahlte Hilfe zur Pflege angewiesen, sagte der stellvertretende Chef des Kassenspitzenverbandes, Gernot Kiefer, am Freitag. 2017 betrug dieser Anteil noch 28 Prozent. „Die Pflegeversicherung soll pflegebedingte Verarmung verhindern und die Sicherung des Lebensstandards ermöglichen“, mahnte Kiefer. Dieses Ziel müsse wieder verstärkt in den Mittelpunkt des politischen Handelns gerückt werden, forderte er.

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Die Eigenanteile im Pflegeheim liegen im Bundesschnitt derzeit bei fast 2500 Euro monatlich. Dabei entfallen 1139 Euro auf die reine Pflege, der Rest auf Unterkunft, Verpflegung (857 Euro) und Kosten für Bau und Erhalt der Heime (472 Euro). Kiefer kritisierte, dass die Bundesländer ihrer Verpflichtung nicht nachkämen, die Pflegeinfrastruktur zu finanzieren. Dann würden die Eigenanteile für die Heimbewohner und Heimbewohnerinnen deutlich sinken können.

„Graue Rationierung“

Der Kassenvorstand erinnerte daran, dass nicht nur die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner von steigenden Kosten und einer damit einhergehenden schleichenden Entwertung der Pflegeleistungen betroffen seien, sondern auch diejenigen, die zu Hause gepflegt würden. Kiefer sprach von einer „grauen Rationierung“ und rechnete ein Beispiel vor: So müsse ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad drei in Nordrhein-Westfalen, der die Leistungen Körperpflege, Wohnungsreinigung und Einkäufe fünf Mal die Woche in Anspruch nehme, für diesen Warenkorb 27 Prozent mehr zahlen als 2017. „Der Pflegebedürftige muss heute für die gleiche Leistung 294 Euro aus eigener Tasche dazu zahlen oder er muss die Leistungen reduzieren. Das ist graue Rationierung“, beklagte Kiefer.

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Kiefer forderte die Ampelkoalition erneut auf, die pandemiebedingten Mehrkosten für die Pflegeversicherung von rund 5,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln zu bezahlen und auch die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zu übernehmen. Diese Lasten seien gesamtgesellschaftliche Aufgaben und dürften nicht bei der Pflegeversicherung „abgeladen“ werden, kritisierte der Verbandsvertreter.

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„Wenn der Bund seine Leistungen vollständig selbst bezahlen würde, statt die Pflegeversicherung zur Kasse zu bitten, würden wir jetzt nicht über steigende Beiträge, sondern über bessere Leistungen sprechen“, sagte Kiefer mit Blick auf die kürzlich verabschiedete Pflegereform.


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