„Der Tag“

Pfingsten in vollen Zügen

Start ins Pfingstwochenende: Wegen des 9‑Euro-Tickets wählen viele Reisende den Zug – das führt zu vollen Zügen und Bahnsteigen wie hier am Hamburger Hauptbahnhof.

Start ins Pfingstwochenende: Wegen des 9‑Euro-Tickets wählen viele Reisende den Zug – das führt zu vollen Zügen und Bahnsteigen wie hier am Hamburger Hauptbahnhof.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

das Sondervermögen für die Bundeswehr ist seit gestern Nachmittag beschlossene Sache. Mit 567 Jastimmen sprach sich der Bundestag dafür aus, den Etat im Grundgesetz zu verankern. Das Geld soll ausschließlich den Streitkräften zugutekommen. Künftig dann sollen im Durchschnitt 2 Prozent des Bruttoinlands­produktes für die Verteidigung ausgegeben werden.

„Das viele Geld wird richtig eingesetzt, effizient und effektiv“, sagte Verteidigungs­ministerin Christine Lambrecht (SPD). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte: „Die Defizite bei der Bundeswehr sind nicht eine Sekunde länger tragbar.“ Und dennoch wurde vor der Abstimmung im Bundestag kontrovers debattiert – über den tatsächlichen Zustand der womöglich kaputt gesparten Truppe, über den Ausschluss von Maßnahmen zur Cyber­sicherheit, den CDU/CSU verlangt hatten und um die Höhe der Summe überhaupt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Sondervermögen am 27. Februar im Bundestag angekündigt – drei Tage nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Er sprach damals von einer „Zeitenwende“.

Der wirkmächtigste Influencer der Welt

Seitdem ist kein Tag vergangen, an dem sich Wolodymyr Selenskyj, Präsident der von Russland angegriffenen Ukraine, nicht zu Wort gemeldet hat. Sein Auftreten per Videoschalte, meist in olivgrünem T‑Shirt, ist stets mit einer Rede verbunden, die Parlaments­angehörige, Politikerinnen und Politiker, Kulturschaffende und Angehörige einer ganzen Nation intellektuell wie emotional tief berührt. Das Bild Selenskyjs auf den Videoleinwänden der Welt indes ist längst ikonisch. RND-Chefreporter Thorsten Fuchs hat den gestrigen 100. Kriegstag zum Anlass genommen für ein einfühlsames Porträt über den „wirkmächtigsten Influencer der Welt“.

Mehr als 150 Reden hat Selenskyj seit Beginn des Krieges gehalten, die wichtigsten sind gerade sogar als Buch erschienen, mehr als eine pro Tag also, schreibt Fuchs. Und: „Er ist der Präsident eines überfallenen Landes, in dem Menschen unfassbaren Gräueln zum Opfer fallen, in dem sie zu Tausenden gequält, gefoltert und ermordet werden. Man kann wohl kaum ermessen, in welcher psychischen Ausnahmesituation er sich befindet, wie nah an völliger Verzweiflung und Erschöpfung der 44-Jährige sein muss. Aber wenn man ihn und seine Auftritte einmal an den kühlen Maßstäben gelungener politischer Kommunikation und rhetorischen Handwerks unter den Bedingungen einer neuen Medienwelt messen will, muss man sagen: Besser geht es wohl nicht.“

Zug um Zug

Die Deutschen entdecken derweil die Reiselust wieder. An diesem Pfingsten sind die Quartiere an Küsten und in den Urlaubsregionen im Süden so gut gebucht wie aufgrund der Pandemie schon lange nicht mehr. Wir erinnern uns: Noch vor einem Jahr stellte sich die Frage, ob man an Pfingsten dicht an dicht im Zug sitzen wollte, schon aufgrund der Infektionsgefahr für viele Menschen nicht. So gesehen ist das heute beginnende Wochenende wunderbar normal, auch wenn man natürlich nicht vergessen sollte, dass 9‑Euro-Ticket und Tankrabatt Entlastungs­maßnahmen aufgrund der kriegsbedingten Preissteigerungen sind.

Denn eigentlich ist alles fast wie früher: Der ADAC warnt vor Stau, die Deutsche Bahn meldet volle Züge und der Wetterdienst verspricht zuverlässig Temperaturen über 25 Grad. Wie fast überall im Leben sind auch in Bus und Bahn einige unausgesprochene Benimmregeln zu beachten. Wir erklären die Etikette für das Reisen mit dem Nahverkehr.

Ein Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen warf gestern zudem einen langen Schatten auf die Reisefreude. Am frühen Nachmittag entgleiste ein Zug auf der Strecke nach München. Menschen starben, zahlreiche Fahrgäste wurden verletzt. Was bisher über das Unglück bekannt ist, lesen Sie hier.

Ein „eingeschwungener“ Merz

Wahlsiege in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, kein Personalstreit mehr und auch keine Auseinander­setzungen mehr mit der Schwesterpartei CSU – es laufe gut mit Friedrich Merz als neuem Parteichef, schreibt meine Kollegin Daniela Vates aus dem RND‑Hauptstadt­büro. Gemeinsam mit Redakteurin Alisha Mendgen hat die Korrespondentin im RND‑Haupt­stadtbüro den Christdemokraten, der selbst in seiner Partei bisweilen stark polarisierte, getroffen und interviewt. Die Themen lagen auf der Hand: Es ging um Waffenlieferungen, das Bundeswehr­sonder­vermögen, Russlands Krieg gegen die Ukraine und den Mindestlohn, dessen Erhöhung auf 12 Euro ab Oktober seit gestern ebenfalls beschlossene Sache ist.

Merz fand auf fast alle Fragen klare Antworten, beschrieb sich als Parteichef nach einigen Monaten im Amt als in einem „eingeschwungenen Zustand“. Eine Antwort allerdings blieb er mit Verweis auf den Bundesvorstand schuldig: Die Frage nach der Frauenquote wollte er nicht ohne Beratungen in diesem Gremium beantworten.

Daniela Vates hat eine Erklärung dafür: „Parteichef Friedrich Merz, der vor seinem Aufrücken an die Spitze ein dezidierter Quotengegner war, hat sich seine Positionierung offengehalten. Er steckt in einem Dilemma: Er will weder seine engsten Unterstützer vor den Kopf stoßen. Aber er will auch nicht seinen Ruf als Politiker von gestern ohne Verständnis für Gleich­berechtigungs­themen befördern.“

 

Zitat des Tages

Dieser Krieg muss so lange weitergeführt werden, bis Putin einsieht, dass er ihn nicht gewinnen kann. Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen. Anders wird Putin nicht zur Vernunft zu bringen sein.

Friedrich Merz,

CDU-Vorsitzender, im Interview mit dem Redaktions­Netzwerk Deutschland

 

Leseempfehlungen

Stürmische Zeiten: Das Phänomen des Platzsturms ist zurückgekehrt in die Fußballstadien Europas. Mal herrscht dabei ausgelassene Freude, mal gibt es Verletzte. Kann das so weitergehen (RND+)?

Joe Biden geht ins politische Feuer: Nach einer Serie von Massen­schießereien drängt der amerikanische Präsident zum Handeln. Doch seine Forderung nach einem Verbot von Sturmgewehren hat wenig Realisierungs­chancen. Der Streit über strengere Waffengesetze dürfte zum Wahlkampfthema werden.

 

Aus unserem Netzwerk

Die Kritik an Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen wächst. Schon länger wird ihm mangelhaftes Management bei der Bundesgartenschau (Buga) 2025 vorgeworfen. Sein Brandbrief an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) kam auch nicht gut an. Nun rücken seine vielen Dienstreisen in den Fokus, berichtet die „Ostsee-Zeitung“ (OZ+).

 

Termine des Tages

13 Uhr, Venedig: Abschluss Innenminister­treffen von fünf Mittelmeer­staaten

20 Uhr, Frankreich: Kurz nach der Wiederwahl von Präsident Emmanuel Macron für eine zweite Amtszeit wählen die Französinnen und Franzosen ein neues Parlament. Abgestimmt wird über die 577 Sitze der National­versammlung.

 

Wer heute wichtig wird

Anlässlich des Thronjubiläums der Queen sind Prinz Harry und Meghan erstmals wieder zurück in Großbritannien. Heute sollen sie einen privaten Termin bei der Königin haben. Fans der Royals hoffen nach den monatelangen Verstimmungen innerhalb des Königshauses auf eine endgültige Versöhnung.

Anlässlich des Thronjubiläums der Queen sind Prinz Harry und Meghan erstmals wieder zurück in Großbritannien. Heute sollen sie einen privaten Termin bei der Königin haben. Fans der Royals hoffen nach den monatelangen Verstimmungen innerhalb des Königshauses auf eine endgültige Versöhnung.

 

Der Podcast des Tages

Mit Jörg Wimalasena („Welt“) blicken Steven Geyer und Andreas Niesmann auf den Beef zwischen Scholz und Merz sowie auf die Frage, warum die Ukraine den Krieg aus Sicht der Bundesregierung nicht gewinnen darf. Außerdem: Ist das Entlastungspaket der Ampel sozial gerecht? Kann Hubertus Heil sein „soziales Klimageld“ durchsetzen? Blamiert sich die EU mit ihrem Ölembargo light? Und warum bekommen es die USA nicht hin, trotz all der Amokläufe ihr Waffenrecht zu verschärfen?

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Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag,

Ihre Dany Schrader

 

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