Pfingsten in vollen Zügen
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Start ins Pfingstwochenende: Wegen des 9‑Euro-Tickets wählen viele Reisende den Zug – das führt zu vollen Zügen und Bahnsteigen wie hier am Hamburger Hauptbahnhof.
© Quelle: Georg Wendt/dpa
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
das Sondervermögen für die Bundeswehr ist seit gestern Nachmittag beschlossene Sache. Mit 567 Jastimmen sprach sich der Bundestag dafür aus, den Etat im Grundgesetz zu verankern. Das Geld soll ausschließlich den Streitkräften zugutekommen. Künftig dann sollen im Durchschnitt 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung ausgegeben werden.
„Das viele Geld wird richtig eingesetzt, effizient und effektiv“, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte: „Die Defizite bei der Bundeswehr sind nicht eine Sekunde länger tragbar.“ Und dennoch wurde vor der Abstimmung im Bundestag kontrovers debattiert – über den tatsächlichen Zustand der womöglich kaputt gesparten Truppe, über den Ausschluss von Maßnahmen zur Cybersicherheit, den CDU/CSU verlangt hatten und um die Höhe der Summe überhaupt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Sondervermögen am 27. Februar im Bundestag angekündigt – drei Tage nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Er sprach damals von einer „Zeitenwende“.
Der wirkmächtigste Influencer der Welt
Seitdem ist kein Tag vergangen, an dem sich Wolodymyr Selenskyj, Präsident der von Russland angegriffenen Ukraine, nicht zu Wort gemeldet hat. Sein Auftreten per Videoschalte, meist in olivgrünem T‑Shirt, ist stets mit einer Rede verbunden, die Parlamentsangehörige, Politikerinnen und Politiker, Kulturschaffende und Angehörige einer ganzen Nation intellektuell wie emotional tief berührt. Das Bild Selenskyjs auf den Videoleinwänden der Welt indes ist längst ikonisch. RND-Chefreporter Thorsten Fuchs hat den gestrigen 100. Kriegstag zum Anlass genommen für ein einfühlsames Porträt über den „wirkmächtigsten Influencer der Welt“.
Mehr als 150 Reden hat Selenskyj seit Beginn des Krieges gehalten, die wichtigsten sind gerade sogar als Buch erschienen, mehr als eine pro Tag also, schreibt Fuchs. Und: „Er ist der Präsident eines überfallenen Landes, in dem Menschen unfassbaren Gräueln zum Opfer fallen, in dem sie zu Tausenden gequält, gefoltert und ermordet werden. Man kann wohl kaum ermessen, in welcher psychischen Ausnahmesituation er sich befindet, wie nah an völliger Verzweiflung und Erschöpfung der 44-Jährige sein muss. Aber wenn man ihn und seine Auftritte einmal an den kühlen Maßstäben gelungener politischer Kommunikation und rhetorischen Handwerks unter den Bedingungen einer neuen Medienwelt messen will, muss man sagen: Besser geht es wohl nicht.“
Zug um Zug
Die Deutschen entdecken derweil die Reiselust wieder. An diesem Pfingsten sind die Quartiere an Küsten und in den Urlaubsregionen im Süden so gut gebucht wie aufgrund der Pandemie schon lange nicht mehr. Wir erinnern uns: Noch vor einem Jahr stellte sich die Frage, ob man an Pfingsten dicht an dicht im Zug sitzen wollte, schon aufgrund der Infektionsgefahr für viele Menschen nicht. So gesehen ist das heute beginnende Wochenende wunderbar normal, auch wenn man natürlich nicht vergessen sollte, dass 9‑Euro-Ticket und Tankrabatt Entlastungsmaßnahmen aufgrund der kriegsbedingten Preissteigerungen sind.
Denn eigentlich ist alles fast wie früher: Der ADAC warnt vor Stau, die Deutsche Bahn meldet volle Züge und der Wetterdienst verspricht zuverlässig Temperaturen über 25 Grad. Wie fast überall im Leben sind auch in Bus und Bahn einige unausgesprochene Benimmregeln zu beachten. Wir erklären die Etikette für das Reisen mit dem Nahverkehr.
Ein Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen warf gestern zudem einen langen Schatten auf die Reisefreude. Am frühen Nachmittag entgleiste ein Zug auf der Strecke nach München. Menschen starben, zahlreiche Fahrgäste wurden verletzt. Was bisher über das Unglück bekannt ist, lesen Sie hier.
Ein „eingeschwungener“ Merz
Wahlsiege in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, kein Personalstreit mehr und auch keine Auseinandersetzungen mehr mit der Schwesterpartei CSU – es laufe gut mit Friedrich Merz als neuem Parteichef, schreibt meine Kollegin Daniela Vates aus dem RND‑Hauptstadtbüro. Gemeinsam mit Redakteurin Alisha Mendgen hat die Korrespondentin im RND‑Hauptstadtbüro den Christdemokraten, der selbst in seiner Partei bisweilen stark polarisierte, getroffen und interviewt. Die Themen lagen auf der Hand: Es ging um Waffenlieferungen, das Bundeswehrsondervermögen, Russlands Krieg gegen die Ukraine und den Mindestlohn, dessen Erhöhung auf 12 Euro ab Oktober seit gestern ebenfalls beschlossene Sache ist.
Merz fand auf fast alle Fragen klare Antworten, beschrieb sich als Parteichef nach einigen Monaten im Amt als in einem „eingeschwungenen Zustand“. Eine Antwort allerdings blieb er mit Verweis auf den Bundesvorstand schuldig: Die Frage nach der Frauenquote wollte er nicht ohne Beratungen in diesem Gremium beantworten.
Daniela Vates hat eine Erklärung dafür: „Parteichef Friedrich Merz, der vor seinem Aufrücken an die Spitze ein dezidierter Quotengegner war, hat sich seine Positionierung offengehalten. Er steckt in einem Dilemma: Er will weder seine engsten Unterstützer vor den Kopf stoßen. Aber er will auch nicht seinen Ruf als Politiker von gestern ohne Verständnis für Gleichberechtigungsthemen befördern.“
Zitat des Tages
Dieser Krieg muss so lange weitergeführt werden, bis Putin einsieht, dass er ihn nicht gewinnen kann. Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen. Anders wird Putin nicht zur Vernunft zu bringen sein.
Friedrich Merz,
CDU-Vorsitzender, im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland
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Termine des Tages
13 Uhr, Venedig: Abschluss Innenministertreffen von fünf Mittelmeerstaaten
20 Uhr, Frankreich: Kurz nach der Wiederwahl von Präsident Emmanuel Macron für eine zweite Amtszeit wählen die Französinnen und Franzosen ein neues Parlament. Abgestimmt wird über die 577 Sitze der Nationalversammlung.
Wer heute wichtig wird
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© Quelle: Getty Images
Der Podcast des Tages
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Ihre Dany Schrader
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