Passwort-Abruf-Pläne: Datenschutzbeauftragter von Hamburg übt Kritik

Johannes Caspar, Hamburgs Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Johannes Caspar, Hamburgs Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Berlin. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hat den Plan von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) kritisiert, Telekommunikationsunternehmen bei Bedarf zur Herausgabe der Passwörter ihrer Kunden zu zwingen. „Der Kampf gegen die hässlichen Phänomene Rechtsextremismus und Hasskriminalität fungiert hier offenbar als Türöffner für eine umfassende Erweiterung der staatlichen Kontrollbefugnisse“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Der Referentenentwurf des neuen Telemediengesetzes „eröffnet für die Zwecke der Gefahrenabwehr, der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie des Schutzes der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der Wirtschaftskriminalität für Polizei, Staatsanwaltschaft, aber auch Nachrichtendienste und Zoll ein erdenklich breites Tor zu Bestands- und Nutzungsdaten“, fügte Caspar hinzu.

„Die geplante gesetzliche Regelung lässt rechtsstaatliches Augenmaß ebenso vermissen wie das Bewusstsein für IT-Sicherheit.“ Sie blende nämlich aus, „dass Diensteanbieter nach dem datenschutzrechtlichen Stand der Technik Passwörter von Nutzern so zu speichern haben, dass sie weder vom Dienstanbieter noch von Dritten rekonstruiert werden können“. Der Schutz der Privatsphäre werde in der digitalen Welt „hier einmal mehr hintangesetzt“.

Lambrecht verteidigt sich

Lambrecht verteidigte ihren Entwurf. So werde es den geplanten Abruf von Passwörtern ausschließlich nach Anordnung durch einen Richter und auch nur in Einzelfällen wie Terrorismusverdachts geben, sagte sie im Deutschlandfunk. „Es geht nicht um massenweise Abfrage von Passwörtern, das ist eine völlig falsche Darstellung und überhaupt nicht Sinn und Zweck."

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Im Kern will Lambrecht durch eine Veränderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes dafür sorgen, dass Plattformbetreiber wie Facebook und Twitter Volksverhetzung und Morddrohungen künftig nicht nur sperren und löschen, sondern auch an das Bundeskriminalamt zur Prüfung melden. Die Provider müssten die IP-Adressen herausgeben, um die Urheber identifizieren zu können. Parallel dazu möchte sie das Telemediengesetz ändern.

Viel Unmut im Bundestag

Die Opposition hat diesen Plan im Bundestag scharf kritisiert. „Passwörter sind Generalschlüssel zu unserem Leben", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionschef Stephan Thomae. Joana Cotar von der AfD sieht in dem Vorhaben einen „Kampf gegen das freie Internet", mit dem man kritische Bürger mundtot machen wolle. Niema Movassat, Obmann der Linken im Rechtsausschuss, warnte vor einer „Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür", und Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sprach in der Debatte vom „großen Lauschangriff im Netz". Der Verband Bitkom erklärte, das Justizministerium wolle „Grundwerte über Bord werfen, die unser Zusammenleben online wie offline seit Jahrzehnten prägen“.


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