Die AfD will „normal“ sein – und wird immer radikaler
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Tino Chrupalla spricht in der Dresdener Messehalle beim Bundesparteitag der AfD zu den Delegierten.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Dresden. Die widerstreitenden Richtungen in der AfD haben einen Burgfrieden für die Zeit des Bundestagswahlkampfs geschlossen. In Dresden versammelte die Partei am Wochenende 570 Delegierte zu einem Präsenzparteitag – und klammerte internen Streit fast vollständig aus.
Ein Abwahlantrag gegen Parteichef Jörg Meuthen wurde nach kurzer Debatte mit großer Mehrheit gestoppt. Mit äußerst knapper Mehrheit von 51 zu 49 Prozent hingegen votierten die Delegierten dafür, die Entscheidung über Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl der AfD-Basis zu überlassen. Bis Ende Mai soll ein Mitgliedervotum über ein Spitzenduo entscheiden.
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Am 27. Mai soll das neue Spitzenduo der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Das wäre noch vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, von der sich die AfD Rückenwind für den Bundestagswahlkampf verspricht.
Parteichef Tino Chrupalla gilt als Spitzenkandidat als wahrscheinlich. Er hat aber bisher keine Präferenz für ein Team erkennen lassen und muss sich nun für die Kandidatur eine Partnerin oder einen Partner suchen. Auch die AfD, die eigentlich allen Quotenregelungen abhold ist, hat eine stillschweigende Proporzübereinkunft. Chrupalla, dem Mann aus dem Osten, müsste danach eine Frau aus dem Westen zur Seite stehen.
Co-Parteichef Jörg Meuthen, der selbst nicht für den Bundestag kandidiert, hatte sich für die hessische Bundestagsabgeordnete Joana Cotar ausgesprochen. Meuthen sagte: „Meine Unterstützung hat sie, uneingeschränkt.“ Meuthen sagte, wenn man auf der einen Seite einen Vertreter des „sozialpatriotischen Flügels“ habe und auf der anderen einen des „freiheitlichen Flügels“, wäre das ein Signal der Einigkeit, das der AfD „gut anstünde“.
Doch die Basis fühlt sich an solche Ausgleichsideen nicht gebunden. Bei einem Mitgliedervotum geht es primär um Bekanntheit.
Kandidiert Chrupalla mit Alice Weidel?
Und damit käme eine Parteiprominente wieder ins Spiel: Bundestags-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel. Am Samstagmorgen hatte sie noch angekündigt, „auf diesem Parteitag nicht für die Spitzenkandidatur zur Verfügung zu stehen“. Für eine Nominierung in einem Spitzenteam gilt das aber explizit nicht.
„Deutschland. Aber normal“ lautet der Slogan, mit dem die AfD im Bundestagswahlkampf punkten will. Das können alle Strömungen so interpretieren, wie sie wollen – zum Beispiel als Kampf gegen die Corona-Maßnahmen. Auf Werben des rechtsextremen Thüringer Landeschef Björn Höcke wurde eine „Corona-Resolution“ des „Querdenken“-nahen Bautzener Abgeordneten Karsten Hilse angenommen.
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Darin ist unter anderem davon die Rede, den „staatlich verordneten Lockdown sofort zu beenden“ und keinerlei Pflicht für Corona-Tests zu akzeptieren – also auch nicht an Schulen. Masken lehne man generell ab. Sachsens Landeschef Jörg Urban warb darum, „Lockdowndemonstranten“ als „unsere Partner im Kampf um ein besseres Deutschland“ zu sehen.
Die AfD will jetzt offiziell den Dexit
Gegen fast flehende Warnungen von Meuthen und Parteisenior Alexander Gauland beschloss der Parteitag, den EU-Austritt Deutschlands im Wahlprogramm zu fordern. Auch das ist die neue Normalität in der AfD.
Zudem forderte die Delegierten das Verbot jeden Familiennachzugs und eine radikale Zuwanderungsbeschränkung nach „japanischem Modell“ - laut Höcke ein „Signal an unsere Wähler“.
Ganz rund lief es auch diesmal zwischen den konkurrierenden Parteivorsitzenden Jörg Meuthen und Tino Chrupalla nicht. Während sich Meuthen in seiner Eröffnungsrede auf den Wahlkampf konzentriert, kritisierte Chrupalla seinen Co-Chef für dessen Brandrede auf dem Bundesparteitag im vergangenen November.
Meuthen hatte in Kalkar gefordert, auf krasse Positionen und krawalliges Auftreten zu verzichten. Auch ein Parteivorsitzender dürfe seine Gedanken öffentlich aussprechen, sagt Chrupalla, aber „bestimmte Dinge sollten intern und nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden“. Während Meuthen von „Strömungen“ in der Partei spricht, fordert Chrupalla: „Schluss mit dem Lagerdenken!“
Doch der Parteitag zeigt vor allem eines: Die Partei ist radikaler denn je - und lässt sich von ihrem Führungspersonal keine Zurückhaltung mehr vorschreiben.