Pandora-Papers: Ein Datenleck erschüttert die Welt der Mächtigen, Reichen und Schönen
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Russlands Präsident Wladimir Putin spielt in den Pandora-Papers ebenfalls eine Rolle.
© Quelle: imago images/SNA
Was sind die Pandora-Papers?
Berlin. Bei den Pandora-Papers handelt es sich um interne Dokumente von 14 Finanzdienstleistern überwiegend aus Asien und Südamerika, die Wohlhabenden dabei geholfen haben, über Briefkastenfirmen Geschäfte abzuwickeln. Dabei geht es in der Regel darum, Geldströme und Besitzverhältnisse zu tarnen, um Geschäfte zu verheimlichen, Steuern zu sparen oder Geldwäsche zu betreiben.
Dem internationalen Rechercheverbund International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ) in Washington wurden nach eigenen Angaben insgesamt 11,9 Millionen Dokumente zugespielt, darunter E-Mails, Fotodateien und Tabellen. Die näheren Umstände werden aus Gründen des Quellenschutzes nicht genannt. Die Dokumente wurden in den vergangenen zwei Jahren von 600 Journalistinnen und Journalisten unter anderem aus den USA, Großbritannien und Frankreich ausgewertet. Aus Deutschland war der Rechercheverbund von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ (SZ) beteiligt.
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Ein ähnlicher Coup war 2016 mit den sogenannten „Panama-Papers“ gelungen, die durch ein Leck in der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca an die Öffentlichkeit gelangten.
Was ist problematisch an Briefkastenfirmen?
Briefkastenfirmen existieren nur auf dem Papier und haben am Sitz der Gesellschaft in der Regel keine Geschäftsräume oder Personal. Sie verfügen – wie der Name schon sagt – nur über einen Briefkasten und Kontonummern. Gegründet werden sie mit Hilfe von Beratungsfirmen und Anwälten zumeist in Steueroasen wie Panama, Dubai, Singapur oder den Kaimaninseln in der Karibik.
Häufig sind die Briefkastenfirmen Bestandteil unübersichtlicher Firmennetzwerke. Das alles ist nicht verboten. Strafbar wird es erst dann, wenn durch die Briefkastenfirmen Gewinne oder Vermögen vor den Finanzbehörden versteckt werden sollen, um insbesondere im Heimatland Steuern zu sparen. Genau das ist aber in der Regel die Hauptmotivation für die sogenannten Offshore-Geschäfte.
Welche Personen stehen nun in der Kritik?
In den Daten tauchen die Namen von 330 Politikern aus 91 Ländern auf. Darunter befinden sich 35 amtierende und ehemalige Staats- und Regierungschefs wie der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis, der russische Machthaber Wladimir Putin, Jordaniens König Abdullah II. sowie Kenias Staatschef Uhuru Kenyatta.
Auch der frühere britische Premierminister Tony Blair sowie dessen Ehefrau Cherie tauchen in den Papieren auf. Sie sollen eine Büroimmobilie in London im Jahr 2017 für 6,45 Millionen Pfund nicht direkt, sondern über eine Firmenhülle auf den Britischen Jungferninseln erworben und damit rund 300.000 Pfund Grundsteuer gespart haben, wie die BBC berichtet. Illegal ist das zwar offenbar nicht gewesen, allerdings stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit Blairs, der sich in der Vergangenheit immer wieder kritisch über Steuerschlupflöcher geäußert hatte.
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© Quelle: dpa
Neben Politikern sollen auch viele Prominente Offshore-Vehikel genutzt haben. Genannt werden das deutsche Model Claudia Schiffer, Ex-Beatle Ringo Starr und Popsängerin Shakira (44). Schiffer und Shakira betonten gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, dass sie sich an sämtliche Gesetze und Vorschriften gehalten hätten. Ringo Starr antwortete nicht.
Was wird Wladimir Putin vorgeworfen?
Gleich mehrere engste Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin werden in den Pandora Papieren als Begünstigte von Briefkastenfirmen genannt. Eine Person ist Swetlana Kriwonogich, die unbestätigten Berichten zufolge mit Putin liiert gewesen sein soll. Sie taucht nach SZ-Recherchen als Eigentümerin einer Briefkastenfirma auf. Die Firma sei nur wenige Wochen nach der Geburt ihrer Tochter gegründet worden. Das Kind soll angeblich ein uneheliches Kind von Putin sein. Die Frau soll demnach ein 3,6 Millionen Euro teures Luxusappartement in Monaco gekauft haben.
Die seit Mai in Russland verbotene Nichtregierungsorganisation Forum Russischsprachiger Europäer mit Sitz in Berlin hält das, was die Pandora Papers aufdecken nur für „die Spitze eines Eisberges der russischen Korruption“. „Praktisch alle wichtigen russischen Beamten und Geschäftsleute haben Offshore-Kapital-Anlagen“, sagte Vereinsvorsitzender Igor Eidman. Nach seinen Informationen gebe es ein ganzes Netz von Offshore-Firmen, in denen Putins Privatvermögen unter den Namen von Strohleuten gehalten werde.
Der Kreml hat die Veröffentlichung der Pandora-Papers als eine Ansammlung „unbewiesener Behauptungen“ kritisiert. Putin selbst spricht nicht über sein Privatleben. Er und seine Frau Lyudmila - sie haben gemeinsam die beiden Töchter Masha und Katerina - ließen sich 2013 scheiden.
Welche Rolle spielt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj?
Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi werfen die Rechercheure seine extreme Nähe zu dem Oligarchen Ihor Kolomoisky vor. Kolomoisky soll laut SZ mit einem Geschäftspartner das größte ukrainische Geldhaus „PrivatBank“ um mehr als fünf Milliarden Euro erleichtert haben, als ihm das Kreditinstitut gehörte. Die damalige ukrainische Nationalbankchefin sprach vom „größten Finanzbetrug des 21. Jahrhunderts“.
Bereits im Jahr 2019 behauptete ein ukrainischer Parlamentsabgeordneter, dass auch Selenskyi und dessen Umfeld von dem mutmaßlichen Betrug profitiert hätten. So seien 41 Millionen Dollar der „PrivatBank“ an 16 Briefkastenfirmen in Zypern, Panama, Belize und auf den Seychellen geflossen. Diese Firmen - so die Behauptung - sollen Selenskyi und Freunden gehört haben.
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Ein neues Steueroasen-Leak des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ belastet hunderte Politiker und andere Entscheidungsträger weltweit.
© Quelle: AFP
Dem SZ-Bericht zufolge, zeigen nun Daten aus den Pandora-Papers, dass Selenskyi und sein Umfeld - darunter Chefsekretär Serhij Schefir sowie Inlandsgeheimdienstchef Iwan Bakanow - hinter zehn jener 16 Briefkastenfirmen standen. Zwei dieser Offshore-Gesellschaften erwarben den Informationen zufolge insgesamt drei Immobilien im Stadtzentrum von London im Wert von mehreren Millionen Pfund. Woher das Geld stammte, ist unklar, ebenso ob es mit dem Betrug zu tun hat.
Weder Selenskyi noch Geheimdienstchef Bakanow antworteten auf eine Anfrage des Recherchenetzwerks, ebenso wenig Kolomoisky. Auch Schefir ließ ein Schreiben unbeantwortet.
Welche Konsequenzen werden nun gefordert
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sieht angesichts der Enthüllungen zusätzlichen Gesetzgebungsbedarf im Kampf gegen Briefkastenfirmen. „Die schnelle Setzung klarer internationaler Regeln und ihre Anwendung hängt leider auch von Leuten ab, die jetzt durch die Pandora-Papers enttarnt wurden“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Deshalb kann eine wirksame Veränderung nur mit einer Koalition der Entschlossenen starten.“
Deutschland müsse den Handlungsdruck auf der internationalen Ebene verstärken, aber auch im Inland mehr tun und zum Beispiel härtere Strafen für die Verletzung von Meldepflichten einführen, forderte der SPD-Chef. Damit werde sich die nächste Bundesregierung beschäftigen müssen.
Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, kritisierte: „Die Pandora-Paper legen eines der größten Probleme der internationalen Zusammenarbeit offen. Es gibt zu viele Regierungen, die weniger an das Wohl ihres Volkes denken, sondern zuerst an das eigene Portemonnaie.“ Vereinte Nationen, Europarat und OSCE müssten für ihre Mitgliedsstaaten Mindeststandards für Good Governance festlegen und Sanktionen für Korruption und Geldwäsche einführen, forderte der CDU-Politiker.
Welche Konsequenzen hatte die Veröffentlichung der „Panama Papers“ 2016?
Nach Angaben des hessischen Finanzministeriums, wo die Auswertung der „Panama Papers“ für Deutschland gebündelt wurde, konnten 155 Fällen Steuerstrafverfahren eingeleitet werden. Sie brachten bundesweit Mehreinnahmen von rund 40 Millionen Euro und Strafgelder von 20 Millionen Euro für die öffentlichen Kassen. Auch die Politik reagierte: Seit 2017 ist in Deutschland vorgeschrieben, in einem öffentlichen Transparenzregister den hinter einer Gesellschaft stehenden „wirtschaftlichen Berechtigten“ zu nennen, der tatsächlich die Kontrolle über das Unternehmen ausübt.