Nouripour zu Beirut: “Es muss geklärt werden, wer verantwortlich ist”
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Der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, fordert eine sorgfältige Aufklärung der Ursachen der Explosion in Beirut.
© Quelle: imago/Hartenfelser
Berlin. Herr Nouripour, wie blicken Sie auf die Katastrophe in Beirut?
Mein erster Gedanke war: Nicht schon wieder Beirut. Die Stadt hat schon so viele Katastrophen erlebt. Sie ist so geschunden. Irgendwann ist es einfach genug. Ich bin auch persönlich schwer erschüttert. Ich kenne Beirut gut, ich habe dort viele Freunde und Bekannte. Die halbe Nacht habe ich darauf gewartet, von ihnen zu hören. Die meisten haben sich mittlerweile gemeldet. Es gibt Verletzte, manche haben zerstörte Wohnungen, auch noch in ein paar Kilometer Entfernung vom Ort der Explosion. Aber sie leben.
Was bedeutet der Vorfall für das Land?
Der Libanon stand schon vorher am Abgrund, mit Hungersnöten, einer Währungskrise, einem zerfallenden Staat. Es gab große Demonstrationen, die an Vehemenz zugenommen haben, weil die Leute existenzielle Ängste hatten. Wegen Corona gab es nur mal eine kurze vorübergehende Protestpause. Es ist also ohnehin schon eine fragile Lage gewesen. Es ist ein Gebot der Vernunft, jetzt zu helfen. Es geht um die Stabilität des Landes und auch der gesamten Region. Und dafür müssen die Menschen zunächst mal wissen, dass sie nicht verhungern und ein Dach über dem Kopf haben.
Auch Israel hat dem Libanon Hilfe angeboten. Kann der Nahe Osten durch die Katastrophe enger zusammenrücken?
Es hilft nichts, jetzt die Geschichte des Nahost-Konflikts über die Angelegenheit zu stülpen. Es ist großartig, dass der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz und der Außenminister Gabi Ashkenazi Hilfe angeboten haben. Es wäre ein starkes Signal der libanesischen Regierung, diese Hilfe auch anzunehmen. Sie würde damit zeigen, dass es hier jetzt erst mal nicht um Macht und Politik geht.
Was kann Deutschland beitragen?
Es muss geklärt werden, was passiert ist und wer dafür verantwortlich ist. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass etwas vertuscht wird, denn auch das könnte die Lage wieder destabilisieren. Die Bundesregierung sollte prüfen, ob sie – neben den sonstigen Hilfsangeboten – auch bei der Aufklärung helfen kann, zum Beispiel mit Statikern und anderen Experten. Deutschland genießt großes Vertrauen im Libanon und würde als Garant für eine sorgfältige Untersuchung wahrgenommen.
Schwere Explosion in Beirut
Die Hintergründe waren zunächst unklar. Der Gesundheitsminister teilte mit, dass es sehr viele Verletzte gegeben habe.
© Quelle: Reuters
US-Präsident Donald Trump hat spekuliert, es habe einen Angriff gegeben.
Solche Spekulationen sind unseriös. Wir sollten uns auf die Aufklärung und auf die Soforthilfe konzentrieren.