Wahlkampf 2021: Wie Olaf Scholz ganz groß werden könnte

Freut sich am Ende doch der Dritte? Bislang sah es nicht danach aus, als könnte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz (SPD) im Rennen um das Kanzleramt Annalena Baerbock oder Armin Laschet ernsthaft nahekommen. Doch neuerdings schiebt er sich zwischen die Kandidaten von Grüne und Union.

Freut sich am Ende doch der Dritte? Bislang sah es nicht danach aus, als könnte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz (SPD) im Rennen um das Kanzleramt Annalena Baerbock oder Armin Laschet ernsthaft nahekommen. Doch neuerdings schiebt er sich zwischen die Kandidaten von Grüne und Union.

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Olaf Scholz ist – rein physisch betrachtet – ein eher kleiner Mann, angeblich 1,70 Meter. Er ist zudem der Kanzlerkandidat einer Partei, die seit der letzten für sie siegreichen Bundestagswahl im Jahr 2002 mit dem Wahlkampf-Urviech Gerhard Schröder an der Spitze immer kleiner geworden ist: der SPD. Im Sommer 2021 könnten sowohl Scholz als auch seine Partei allerdings wenn nicht groß, so doch zumindest wieder größer werden.

Das hat zum einen mit der politischen Konkurrenz zu tun. Unionskanzlerkandidat Armin Laschet lacht im Hochwassergebiet und macht auch sonst so einiges falsch.

Seine grüne Konkurrentin Annalena Baerbock übte sich zuletzt in Fehlervermeidung und sieht sich jetzt genötigt zu erklären, warum sie das so genannte N-Wort benutzt hat. Dass die Unwetterkatastrophe Baerbocks Partei objektiv nutzen müsste, kann sie nicht so richtig ausspielen. Bei Scholz ist das anders.

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Die Spitzenkandidaten für die kommende Bundestagswahl von CDU/CSU, Armin Laschet (r.), Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock (l.), und der SPD, Olaf Scholz. Hat der aktuelle Finanzminister und SPD-Kandidat doch noch eine Chance in dem Rennen?

Die Spitzenkandidaten für die kommende Bundestagswahl von CDU/CSU, Armin Laschet (r.), Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock (l.), und der SPD, Olaf Scholz. Hat der aktuelle Finanzminister und SPD-Kandidat doch noch eine Chance in dem Rennen?

Der Bundesfinanzminister hütet das Geld, das nun erneut dringend gebraucht wird. Schon zu Beginn der Corona-Krise hatte er ja bereits die „Bazooka“ rausgeholt – also die größte Waffe im ganzen Haus. Die Zinsen sind niedrig. Die Europäische Zentralbank (EZB) druckt jeden Tag neues Geld.

Scholz besuchte die Krisengebiete in Jedermann-Kluft, nicht im Anzug

Ohnehin, sagte Scholz neulich in der Berliner Bundespressekonferenz, habe Deutschland „sehr gut gewirtschaftet“. Er meinte damit sich selbst. Bei der Gelegenheit sagte Scholz auch, mit den Soforthilfen könne es „sofort losgehen“. Und er fuhr fort: „Das große, langfristige Projekt, das vor uns steht, ist der Aufbau. Es gibt nichts, womit man zögern muss. Das wird viel Kraft und Arbeit kosten, aber es ist notwendig.“

Selbstredend ist kein Zufall, dass sich der Minister in Rheinland-Pfalz und Bayern blicken ließ, hier mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), da mit ihrem Kollegen Markus Söder (CSU), jeweils ohne Anzug und Krawatte, sondern in Jedermann-Kluft und aus seinem Urlaub im Allgäu anreisend.

Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD, aufgenommen bei einem Besuch im Hochwassergebiet in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Auffällig: Der SPD-Kanzlerkandidat trägt keinen Anzug, sondern normale Alltagskleidung.

Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD, aufgenommen bei einem Besuch im Hochwassergebiet in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Auffällig: Der SPD-Kanzlerkandidat trägt keinen Anzug, sondern normale Alltagskleidung.

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Hinzu kommt, dass Scholz’ Hintersassen ihm offenbar nahegelegt haben, in dieser dramatischen Situation nicht allein sein Geld, sondern überdies sein Herz herzuzeigen. Nicht dass der Kandidat, der in seiner Zeit als SPD-Generalsekretär als „Scholzomat“ bekannt war, kein Herz hätte. Man spürt es auf offener Bühne nur selten.

Scholz: „Kein Zynismus und keine Prinzipienreiterei“

So sagte er in der besagten Bundespressekonferenz, sehr leise sprechend: „Die Zahl der Toten ist dramatisch; ich bin nach wie vor total berührt.“ Er sagte ferner: „Ich plädiere dafür, nicht zynisch zu sein und nicht herzlos. Es muss geholfen werden. Wenn jemand von so einem Ereignis betroffen ist, dann kann er nichts dafür.“ Damit die Botschaft ankam, forderte der Kandidat wenige Augenblicke später abermals: „kein Zynismus und keine Prinzipienreiterei“. Bitte! Es klang glaubwürdig.

„Wie in Sekundenbruchteilen ein Lebenswerk zerstört werden kann, was man lange aufgebaut hat und auch leider hier auch ein Todesfall dann erlebt. Wir trauern um alle Opfer“, so Markus Söder in Schönau. Auch Olaf Scholz drückt sein Mitgefühl aus und verspricht Hilfe: „Das kann nur Deutschland insgesamt stemmen. Und deshalb ist es auch gut, dass wir so wie bei der letzten Flutkatastrophe sagen: Wir werden unbedingt helfen. Das ist das, was wir uns vorgenommen haben.“

„Wie in Sekundenbruchteilen ein Lebenswerk zerstört werden kann, was man lange aufgebaut hat und auch leider hier auch ein Todesfall dann erlebt. Wir trauern um alle Opfer“, so Markus Söder in Schönau. Auch Olaf Scholz drückt sein Mitgefühl aus und verspricht Hilfe: „Das kann nur Deutschland insgesamt stemmen. Und deshalb ist es auch gut, dass wir so wie bei der letzten Flutkatastrophe sagen: Wir werden unbedingt helfen. Das ist das, was wir uns vorgenommen haben.“

Schließlich war da noch eine Botschaft, die selbstverständlich klingt, es aber nicht ist. „Der menschengemachte Klimawandel muss aufgehalten werden; da hat Deutschland eine große Verantwortung“, sagte Scholz. Das dürfte an all jene Wählerinnen und Wähler gerichtet gewesen sein, die zwischen SPD und Grünen schwanken.

Nun fragt sich: Wie groß kann Olaf Scholz bis zur Bundestagswahl am 26. September noch werden? Gewiss wird die SPD nicht so groß wie 2002, als sie noch sagenhafte 38,5 Prozent holte. Aber Scholz könnte es mit etwas Glück schaffen, die Sozialdemokraten stärker zu machen als die Grünen.

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Und danach könnte er Grüne und FDP – vielleicht, vielleicht – in eine Koalition unter seiner Führung zwingen. Er würde in diesem Fall sicher als größter Wahlkämpfer aller Zeiten in die Geschichte seiner Partei eingehen und auf einer Sänfte durchs Willy-Brandt-Haus getragen.

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Wir wollen in der neuen Bundesregierung stark vertreten sein mit mindestens der gleichen Anzahl an Ministern, wie dies jetzt bislang der Fall war.

Markus Söder,

bayerischer Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ist wie seine Partei, die CSU, als forsch bekannt. Drum sagte er jetzt, dass die Seinen nach der Bundestagswahl gern so viele Minister hätten wie derzeit, also drei. Söder und die CSU wissen, dass das nicht klappen muss. Denn die Union insgesamt lag in den meisten Umfragen zuletzt bei knapp 30 Prozent und damit etwa 3 Prozentpunkte schwächer als bei der Bundestagswahl 2017.

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Markus Söder, CSU-Vorsitzender

Markus Söder, CSU-Vorsitzender

Die Grünen hingegen liegen überwiegend klar besser als die SPD damals. Und sollten sie bei der Wahl schlechter abschneiden, dann könnte auch die FDP noch mitregieren. So oder so wäre der Kuchen, den die Union zu verteilen hätte, kleiner als bei der Regierungsbildung 2018.

Söders Aussage ist also erstens als Aufforderung an Unionskanzlerkandidat Armin Laschet zu verstehen, ein gutes Ergebnis zu holen. Zweitens bedeutet sie etwa so viel wie: „Erst schau’n mer mal, dann seh’n mehr schon.“ Wirklich ernst zu nehmen ist die Aussage nicht.

 

Wie das Ausland auf die Wahl schaut

Zu den Wahlchancen des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet nach seinen Auftritten im Hochwassergebiet meint die belgische Zeitung „De Standaard“:

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„Laschet hat eine einmalige Chance verpasst. Der Hamburger Politiker Helmut Schmidt machte während des Hochwassers 1962 einen so guten Eindruck, dass er dort den Grundstein für seine Kanzlerschaft legte. Gerhard Schröder – im Wasser stehend – kippte beim Desaster 2002 die schlechten Umfragewerte für die nächsten Wahlen und konnte Kanzler bleiben.

Nicht so Armin Laschet. Umfragen nach der Flut zeigen, dass nur jeder vierte Deutsche den christdemokratischen Kanzlerkandidaten für einen guten Krisenmanager hält. Die Zeit zwischen den schweren Überschwemmungen und den Wahlen Ende September ist wahrscheinlich zu kurz, als dass Laschet seine peinlichen Auftritte vergessen machen könnte. Der Juli könnte der Monat sein, in dem Laschet den Kampf um die Kanzlerschaft verlor.“

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Kanzlerkandidat

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Kanzlerkandidat

Zur Kritik am Lachen Laschets bei einem Besuch im Katastrophengebiet meint hingegen der Zürcher „Tages-Anzeiger“:

„Wie kann man einem Kandidaten trauen, der so unbekümmert auf eine Katastrophe reagiert, welche die Bevölkerung ergriffen und über 170 Tote gefordert hat? Wie ernst kann es einer mit seiner Kandidatur meinen, der den Ernst der Lage nicht begreift? Dazu kommt, dass Armin Laschet und seine CDU in Nordrhein-Westfalen wiederholt als ökologische Bremser aufgefallen sind; zu einer Zeit, als der Einsatz für den Klimaschutz politisch noch etwas kostete.

(…) Und doch mag man nicht in die Kritik der Medien über das Lachen des Kandidaten einstimmen, zumindest nicht im Tonfall dieser bebenden Empörung. Armin Laschets Lachen war wenigstens echt. Und galt mit Garantie nicht den Ertrunkenen in seiner Heimat.“

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