Olaf Scholz bei „RND vor Ort“: „Die SPD und ich sind ein Herz und eine Seele“
Stefanie Gollasch, Chefredakteurin „Kieler Nachrichten“, Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin des RND-Hauptstadtbüros, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Gerald Goetsch, Chefredakteur der „Lübecker Nachrichten“, bei „RND vor Ort“ in Kiel.
© Quelle: Ulf Dahl
Kiel. Es hat schon schlechtere Tage im Leben des Olaf Scholz gegeben als diesen Mittwoch. Am Morgen leitet der Vizekanzler das Kabinett, am Mittag präsentiert die SPD eine komplett auf Scholz zugeschnittene Wahlkampagne, und am Abend eröffnet der Kanzlerkandidat die neue Veranstaltungsreihe des RedaktionsNetzwerks Deutschland „RND vor Ort“.
„Wir wollen unsere bundespolitische Relevanz mit der regionalen Stärke unserer Partnerzeitungen vereinen“, sagt RND-Chefredakteur Marco Fenske zur Begrüßung. Und im Jahr der Bundestagswahl sind bei den deutschlandweiten Bühnentalks – wie sollte es anders sein – die drei Kanzlerkandidaten zu Gast. Der Kandidat der SPD macht den Auftakt.
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Scholz grinst, als er gegen 18.30 Uhr die Bühne im Druckzentrum der „Kieler Nachrichten“ betritt. Er fühlt sich im Aufwind, seit seine Konkurrenten Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) mehr mit persönlichen Pannen als mit politischen Initiativen von sich reden machen.
Wie sich das Probesitzen auf dem Sessel Angela Merkels angefühlt habe, will die Vizechefin des RND-Hauptstadtbüros, Kristina Dunz, zu Beginn wissen. Scholz übt sich in Understatement. „Man sollte das nicht überhöhen, das ist ja, wie eine normale Sitzung zu leiten“, sagt er, fügt aber nach kurzem Überlegen hinzu, dass die Situation schon eine besondere sei. „Schließlich ist ja eine Bewerbung damit verbunden.“
90 Minuten lang geht es um den Politiker und den Menschen Olaf Scholz, der sich gewohnt selbstbewusst präsentiert. „Ich kann das“, sagt er mit Blick auf das Kanzleramt, es berühre ihn, dass immer mehr Menschen das auch so sähen.
Ob seine Kandidatur auch ein wenig die Strafe dafür sei, dass die SPD ihn als Vorsitzenden verschmäht habe, fragt Dunz. „Die SPD und ich sind ein Herz und eine Seele“, antwortet Scholz. „Die Partei kommt aus einem tiefen Tal, da muss man nicht drumherum reden“, räumt der frühere Parteivize ein. „Aber wir haben uns zurechtgerüttelt.“
Ob es bei der Doppelspitze im Parteivorsitz bleibt? „Ich glaube schon“, sagt Scholz. Eigene Ambitionen auf ein Parteiamt lässt er nicht erkennen, auch im Fall eines Wahlsieges nicht. „Ich glaube, es ist wichtig, dass man zusammenarbeitet“, sagte er.
Beim Thema Corona lobt Scholz sich erst einmal selbst. „Die von mir entwickelte Krisenbekämpfung ist der Goldstandard“, sagt er mit Blick auf Wirtschaftshilfen und Konjunkturprogramm. Das höre er im Ausland immer wieder.
Soll die Ende September auslaufende epidemische Notlage vom Bundestag verlängert werden? „Das wird so sein müssen, wenn man mich fragt“, sagt Scholz. Es brauche auch für das weitere Management der Pandemie einen verlässlichen Rechtsrahmen. Ob er einen weiteren Lockdown ausschließen kann? Da windet sich Scholz. „Wir sollten alles dafür tun“, sagt er. Impfen, testen, vorsichtig sein, das ist der Weg, den er dafür skizziert.
Emotional wird Scholz, als es um die Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg geht, in dessen Folge er sich bei den Bürgerinnen und Bürgern seiner Stadt dafür entschuldigen musste, dass er sie nicht beschützen konnte. Warum er nicht von seinem Bürgermeisteramt zurückgetreten sei, fragt Dunz. Er habe darüber nachgedacht, bekennt Scholz.
Wenn jemand gestorben wäre, hätte er sein Amt zur Verfügung gestellt. Das Ereignis beschäftige ihn weiter. „Das ist für mich nicht vorbei und wird wahrscheinlich niemals vorbei sein. Das ist in meinem Herzen drin.“
Die Kanzlerkandidaten zu Gast beim RND
Bei „RND vor Ort“ kommen die Kanzlerkandidaten der größten Parteien ins Gespräch mit Kristina Dunz und Eva Quadbeck.
© Quelle: RND
Gerald Goetsch, Chefredakteur der „Lübecker Nachrichten“, lässt im zweiten Teil des Abends die Leserinnen und Leser zu Wort kommen. Werner Paulat aus Schwentinetal fragt nach der Bedeutung der beruflichen Ausbildung, zu der sich Scholz klipp und klar bekennt. Natalie Regier aus Rickling fragt nach der Unterstützung für Arbeiterkinder, die studieren wollen und das wegen geringer Bafög-Sätze nicht können. Scholz stellt eine Bafög-Reform und höhere Sätze in Aussicht. „Das können wir schnell machen.“
Stefanie Gollasch, Chefredakteurin der „Kieler Nachrichten“, versucht zum Ende des Talks, die menschliche Seite aus dem manchmal unterkühlt wirkenden Hanseaten herauszukitzeln. Die Leserinnen und Leser erfahren, dass Scholz für seine Frau Königsberger Klopse kocht, inzwischen nicht nur leidenschaftlich joggt, sondern auch rudert, und dass ein moderner Mann für ihn ein Feminist sein muss.
Wie er und seine Frau, die brandenburgische Bildungsministerin Britta Ernst, es schaffen, trotz voller Terminkalender ihre Ehe zu erhalten? „Es gibt nur eine Sache, die das möglich macht“, sagt Scholz. „Liebe.“
Am 17. August geht der Bühnentalk „RND vor Ort“ mit Armin Laschet in Warnemünde weiter, am 26. August kommt Annalena Baerbock nach Hannover.