Nun herrscht doch Lagerwahlkampf

Schlagabtausch im Bundestag: Die Merkelisierung von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bringt die Union auf die Palme.

Schlagabtausch im Bundestag: Die Merkelisierung von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bringt die Union auf die Palme.

Der Wahlkampf liegt im Endspurt und – das ist eine erfreuliche Botschaft – er ist endlich bei einer inhaltlichen Auseinander­setzung angekommen.

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Müssen wir früher aus der Kohle aussteigen? Sollen die Hartz-IV-Sätze für Kinder erhöht werden oder soll man mehr investieren, um ihren Eltern zu Erwerbs­arbeit zu verhelfen? Wie stellen wir künftig die innere Sicherheit her? Wie kommen die Menschen an bezahlbaren Wohnraum?

Merkel: „Es ist nicht egal, wer dieses Land regiert“
07.09.2021, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht nach ihrer Rede im Plenum im Deutschen Bundestag. In seiner voraussichtlich letzten Debatte Bundestags der Wahlperiode soll unter anderem ��ber die Situation in Deutschland, die Entscheidung ��ber Hochwasser-Aufbaufonds und Neuregelungen zu Corona beraten werden. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nach ihrer Ansprache zur Lage in Deutschland spricht sich Angela Merkel deutlich für Armin Laschet als nächsten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland aus.

Die unterschiedlichen Positionen sind im Bundestag am Dienstag deutlich geworden. Dazu waren reichlich rhetorische Böllerschüsse, Ironie, Leidenschaft und auch viele Plattitüden zu hören. Kurzum: Die letzte Bundes­tags­debatte in dieser Wahlperiode war feuriger als ein TV-Triell, das einem strengerem Reglement unterworfen ist als die freie Rede im Parlament mit Möglichkeiten der Zwischen­fragen und Interventionen.

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Auch das ist eine erfreuliche Erkenntnis.

Die letzte Sitzung des Parlaments vor der Bundestagswahl hat zugleich offenbart, dass die Parteien in einem Lagerwahlkampf angekommen sind.

Unionskanzlerkandidat Armin Laschet suchte immer wieder den Schulterschluss mit der FDP und teilte zugleich gegen SPD und Grüne aus. Die Linken wiederum nutzten die Gelegenheit, sich offen als Regierungs­partner der SPD und den Grünen anzudienen.

Jetzt bringt es die Union auf die Palme, dass Scholz sie ganz offensichtlich mit ihren eigenen Waffen schlagen wird.

Während Grünen-Kanzler­kandidatin Annalena Baerbock ihre Rolle als Oppositions­politikerin betonte, tat SPD-Kanzler­kandidat Olaf Scholz, was er seit Wochen durchzieht: Er verhält sich, als sei er schon Kanzler und müsse nur einen Amtsbonus ausspielen. Ohne große Leidenschaft, dafür in staatsmännischer Pose, referierte er, was in Deutschland zu tun sei.

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Merkel konnte sich mit dieser Methode 16 Jahre im Amt halten. Jetzt bringt es die Union auf die Palme, dass Scholz sie ganz offensichtlich mit ihren eigenen Waffen schlagen wird.

Annalena Baerbock bei ihrer Rede im Bundestag

Annalena Baerbock bei ihrer Rede im Bundestag

Zugleich neutralisieren sich Union und Grüne gegenseitig, indem sie sich immer wieder auf ein Hick-Hack einlassen, wer in der Kohlepolitik was zu verantworten hat. Derweil kann sich Scholz einen schlanken Fuß machen.

Die Merkelisierung des SPD-Kanzlerkandidaten bringt die Union so sehr in Rage, dass sich sogar Merkel selbst aus der Reserve locken ließ. Sie nutzte ihre Redezeit für Wahlkampf pur. Die scheidende Kanzlerin zog die Rote-Socken-Karte, warb recht platt für Laschet und arbeitete sich auch noch an Scholz’ missglückter Versuchs­kaninchen­formulierung zur Impfkampagne ab.

Ausgerechnet die präsidiale Merkel sprach, als stünde sie in einem Bierzelt.

Auf ein solches Niveau hat sich die Kanzlerin selten herabbegeben. Es war das überraschendste Moment dieser Debatte. Ausgerechnet die präsidiale Merkel sprach, als stünde sie in einem Bierzelt.

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Unions­kanzler­kandidat Armin Laschet bekam Wahl­kampf­hilfe von Kanzlerin Angela Merkel.

Unions­kanzler­kandidat Armin Laschet bekam Wahl­kampf­hilfe von Kanzlerin Angela Merkel.

Es könnte sein, dass dieser Freundschaftsdienst zu spät kommt. Der Trend ist weiter gegen die Union: Noch während die Debatte lief, meldete das erste Umfrage­institut, dass CDU und CSU auf unter 20 Prozent Zustimmung abgesackt sind.

Knapp drei Wochen vor der Bundes­tags­wahl ist die Union auf einem historischen Tiefpunkt angekommen. Das ließe sich nur noch durch ein unvorherseh­bares Ereignis drehen.

Die Zersplitterung der Parteien­land­schaft in mittlere und kleine Spieler zeigt, dass am Ende der Ära Merkel auch bei den Bürgerinnen und Bürgern Ratlosigkeit herrscht, wem man das Land anvertrauen soll. Keine Partei kann nach den bisherigen Umfragen mehr als ein Viertel der Stimmen auf sich vereinen.

Eine solche Aufspaltung der Parteien­land­schaft gab es in der Bundes­republik noch nie. Beispiele dafür finden sich sehr wohl in anderen europäischen Ländern und sie zeigen, dass sie das Regieren und den Zusammenhalt einer Nation erschweren. Gleich­gültig, wer am Ende das Erbe Merkels antreten kann, er oder sie wird sich das Vertrauen der Bevölkerung erst noch erarbeiten müssen.

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