Steigende Nutzung der Notbetreuung: Etwa jedes dritte Kita-Kind wird abgegeben
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Eltern können ihre Kinder weiterhin notbetreuen lassen – teilweise ohne Nachweispflicht. Die Kitas werden trotz Lockdowns immer voller.
© Quelle: Philipp von Ditfurth/dpa
Berlin. Im Schnitt ist bundesweit etwa jedes dritte Kind im Alter zwischen null und sechs Jahren in einer Art Notbetreuung. Diese Tendenz geht aus einer Umfrage bei allen 16 Bundesländern des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) hervor. Zwölf der Bundesländer konnten Zahlen liefern. Die Länder Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen und Hessen haben auf Anfrage keine Daten weitergegeben. Mit dem erneuten Lockdown sollen Kontakte aufs Nötigste reduziert werden – also schlossen neben Schulen auch Kindergärten. Doch zur Betreuung der Kinder, deren Eltern beispielsweise arbeiten müssen oder die alleinerziehend sind, bleiben die Einrichtungen im Notbetrieb geöffnet.
Auffällig ist bei den Ländern, die zum Jahresbeginn Zahlen erhoben haben, dass die Inanspruchnahme der Kinderbetreuung ansteigt. In der Kindergartennotbetreuung in Thüringen befanden sich laut den Angaben des Landesbildungsministeriums am 14. Januar rund 36 Prozent der Kinder. „Gegenüber der ersten Januarwoche bedeutet das einen leichten Anstieg der Inanspruchnahme“, so das Landesministerium. Zum Stichtag 4. Januar wurden 24,6 Prozent der Kindergartenkinder notbetreut.
Auch in Nordrhein-Westfalen wurden vor zwei Wochen knapp 35 Prozent der Kinder in die Betreuung in den Kindertageseinrichtungen gebracht, so das NRW-Familienministerium. Mit Stand 7. Januar lag die Quote noch bei 25 Prozent.
Notbetreuung: Deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern
In einigen Bundesländern sind zudem deutliche Unterschiede zu erkennen. Während in Hamburg knapp die Hälfte der Kinder in den Einrichtungen betreut wird, sind es in Bayern nur knapp 20 Prozent.
Nicht überall firmiert das bestehende Angebot allerdings unter dem Namen Notbetreuung. Doch der Appell der Politik ist überall der gleiche: Wann immer möglich, sollen die Eltern ihre Kinder zu Hause betreuen. In den Ländern wird dies aber teilweise sehr unterschiedlich gehandhabt.
So gilt etwa in Mecklenburg-Vorpommern ab einem Inzidenzwert von 150 die Regel, dass ein Elternteil in einem Bereich der kritischen Infrastruktur tätig sein muss, damit das Kind abgegeben werden kann. Das betrifft zurzeit drei der acht Landkreise. In den anderen werden – genau wie in Berlin – Kinder betreut, wenn die Eltern das aus beruflichen oder privaten Gründen an einem einzelnen Tag oder regelmäßig selbst nicht leisten können.
Betreuung nach Bedarf
Ähnlich läuft es in anderen Bundesländern – jeweils unter unterschiedlichen Bezeichnungen: In Nordrhein-Westfalen gibt es einen „eingeschränkten Pandemiebetrieb“. In Rheinland-Pfalz heißt es „Regelbetrieb bei dringendem Bedarf“. Die dortige Landesregierung teilt mit, im Frühjahr die Erfahrung gemacht zu haben, dass Eltern mancherorts abgewiesen wurden, weil ihr Beruf „nicht systemrelevant“ sei. „Berufstätige Eltern, die nicht zu Hause arbeiten oder Urlaub nehmen können, müssen ihren Alltag mit Kind aber sicher planen können“, so das Landesbildungsministerium. „Wir begrenzen die Kindertagesbetreuung deshalb bewusst auf bestimmte Bedarfe, nicht aber auf bestimmte Berufsgruppen oder andere Kriterien wie etwa Alleinerziehende.“ Eine Notsituation könne schließlich unabhängig von der Arbeit in einem bestimmten Beruf oder der Anzahl Sorgeberechtigter entstehen.
In Baden-Württemberg befinden sich die Einrichtungen ebenfalls in einem Notbetrieb. Zu der Zahl der derzeit betreuten Kinder in den Einrichtungen konnte die Verwaltung keine Angaben machen. Auch Hessen konnte keine Zahlen liefern. Schleswig-Holstein gibt eine Betreuungsquote von rund 20 Prozent an, allerdings sind dort Hortkinder bis 14 Jahre inbegriffen.
In Brandenburg gilt derzeit eine „grundsätzliche Öffnung“, einem ähnlichen Konzept folgt auch das Land Bremen, sodass diese Länder in der Auswertung nicht inbegriffen sind. Die Zahlen seien nach eigenen Angaben teilweise nicht zu erheben. Auch im Saarland sind die Kitas grundsätzlich und für eine dringend notwendige Betreuung geöffnet. Das saarländische Sozialministerium beobachtete, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen durch die Träger sehr unterschiedlich dargestellt werde: „In Ballungsräumen ist dieser höher als im ländlichen Bereich, bei der Betreuung von Krippenkindern wird auch von einem größeren Bedarf als bei der Betreuung von Kindergartenkindern berichtet“, so das Ministerium auf Anfrage. So habe die durchschnittliche Belegung im Krippenbereich in der vergangenen Woche bei unter 50 Prozent, im Kita-Bereich bei unter 40 Prozent gelegen.
Ein Trend lässt sich bei den Rückmeldungen der Bundesländer dennoch erkennen: Circa jedes dritte Kind befindet sich derzeit in der Notbetreuung oder dem eingeschränktem Regelbetrieb – Tendenz steigend.
Notbetreuung: Die Bundesländer im Überblick
Baden-Württemberg bietet für Kinder in Kitas eine Notbetreuung an. Sie gilt für Kinder, „deren Eltern zwingend auf eine Betreuung angewiesen sind“, so das Ministerium. Zu der Zahl der derzeit betreuten Kinder in den Einrichtungen konnte die Verwaltung keine Angaben machen.
In Bayern sind knapp 20 Prozent der betreuten Kinder derzeit in der Notbetreuung untergebracht. Der Bayerische Ministerrat hat beschlossen, das eine Notbetreuung zulässig bleibt.
In Berlin sind rund 34 Prozent der betreuten Kinder derzeit in der Notversorgung untergebracht. Die Eltern sind gehalten, ein Betreuungsangebot nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn der Bedarf nach eigener Einschätzung tatsächlich außerordentlich und dringlich ist.
Alle Angebote der Kindertagesbetreuung sind in Brandenburg grundsätzlich geöffnet: Dazu zählen Krippe, Kindergarten, altersgemischte Einrichtungen, Kindertagespflegestellen und sonstige Kindertagesbetreuungsangebote. Zu der Zahl der derzeit betreuten Kinder in den Einrichtungen konnte die Verwaltung keine Angaben machen.
Alle Angebote der Kindertagesbetreuung sind in Bremen derzeit geöffnet. Zu der Zahl der derzeit betreuten Kinder in den Einrichtungen konnte die Verwaltung nur mitteilen, dass knapp 75 Prozent der Kinder ein Betreuungsangebot erhalten haben, wovon wiederum 82 Prozent im vertraglich vereinbarten Umfang sind. Eine genaue Zahl der derzeit in den Einrichtungen untergebrachten Kindern konnte nicht genannt werden.
Knapp 50 Prozent der betreuten Kinder in Hamburg sind derzeit in der Notbetreuung untergebracht. Die regulären Öffnungszeiten der Kitas und Tagespflege werden dabei auf bestimmte Zeiten begrenzt.
Das Land Hessen konnte bisher keine Zahlen liefern.
Rund 43 Prozent der betreuten Kinder in Mecklenburg-Vorpommern sind derzeit in der Notbetreuung untergebracht. Mindestens ein Elternteil muss in einem Bereich der kritischen Infrastruktur tätig sein, damit das Kind in der sogenannten Schutzphase angemeldet werden kann.
In Niedersachsen gibt es in den Kindertageseinrichtungen eine Notbetreuung. Wie das niedersächsische Kultusministerium mitteilte, lag die Notbetreuungsquote bei rund 25 Prozent.
Nordrhein-Westfalen bietet in den Kindertageseinrichtungen derzeit einen „eingeschränkten Pandemiebetrieb“ an. Wie das NRW-Familienministerium mitteilte, wurden in der zweiten Januarwoche rund 35 Prozent der Kinder in die Betreuung der Einrichtungen gebracht, in der Woche zuvor waren es rund 25 Prozent.
Rheinland-Pfalz führt derzeit einen Regelbetrieb bei dringendem Bedarf. In der ersten Januarwoche wurden laut Angaben des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums rund 27 Prozent der Kinder in den Kindertageseinrichtungen betreut.
Die Kindertageseinrichtungen im Saarland sind grundsätzlich geöffnet und bieten ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot an. Wie das saarländische Sozialministerium mitteilt, waren in der zweiten Januarwoche der Krippenbereich unter 50 Prozent und der Kita-Bereich unter 40 Prozent belegt.
In Sachsen werden die Kinder in Krippe und Kindergarten in einer Notbetreuung betreut. Wie das sächsische Kultusministerium mitteilte, lag die Betreuungsquote bei rund 27 Prozent.
Sachsen-Anhalt bietet eine Notbetreuung für Kita- und Hortkinder an. Das Sozialministerium in Sachsen-Anhalt teilte mit, dass die Betreuungsquote am 12. Januar bei rund 28 Prozent lag.
In Schleswig-Holstein wird eine Notbetreuung ermöglicht. Wie das Landessozialministerium mitteilte, lag die Betreuungsquote in der zweiten Januarwoche bei rund 20 Prozent. Hier wurden allerdings die Zahlen von Krippen-, Kita- und Hortkindern zwischen null und 14 Jahren zusammengefasst.
In Thüringen wird an den Kindertageseinrichtungen eine Notbetreuung angeboten. Das Bildungsministerium in Thüringen teilte mit, dass in der zweiten Januarwoche rund 36 Prozent das Angebot in Anspruch genommen haben. In der ersten Januarwoche seien rund 25 Prozent aller Kita-Kinder notbetreut worden.