Erstmals seit fünf Jahren

Nordkoreas mutmaßlicher Interkontinentalraketen-Test – eine militärische Provokation

Eine Frau geht in Tokio auf dem Bürgersteig an einem Fernseher vorbei, auf dem eine Nachrichtensendung über den nordkoreanischen Raketenstart gezeigt wird.

Eine Frau geht in Tokio auf dem Bürgersteig an einem Fernseher vorbei, auf dem eine Nachrichtensendung über den nordkoreanischen Raketenstart gezeigt wird.

Peking. Der Zeitpunkt hätte für das Kim-Regime günstiger nicht sein können: Als das nordkoreanische Militär am Donnerstagmorgen mutmaßlich eine Interkontinentalrakete ins Weltall schoss, fanden sich die westlichen Staatschefs gerade in Brüssel ein, um über den Krieg gegen die Ukraine zu beraten.

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Nach ersten Analysen handelt es sich um eine militärische Provokation sondergleichen: Von einem Vorort Pjöngjangs erreichte der atomwaffenfähige Flugkörper eine Höhe von über 6000 Kilometer, wie das japanische Verteidigungsministerium schätzte.

Zum Vergleich: Die internationale Raumstation ISS umkreist die Erde derzeit auf rund 400 Kilometern Höhe. Auch die südkoreanische Regierung ist sich sicher, dass die getestete Interkontinentalrakete deutlich potenter ist als noch das Modell „Hwasong-15″, welches Nordkorea zuletzt 2017 zündete.

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Seit einigen Monaten bereits treibt Diktator Kim Jong Un sein Waffenprogramm zügig voran. Allein im Januar testete er elf Raketen, so viel wie noch nie in so kurzer Zeit. Doch dies war nur das Vorspiel für die Langstreckenrakete am Donnerstag, die als größte militärische Provokation des Landes seit fünf Jahren gilt. Damit beweist Pjöngjang endgültig, dass es sich von nichts und niemandem davon abhalten lassen wird, sein Nuklearprogramm so weit zu entwickeln, bis es seinen Erzfeind in Washington direkt mit einer Atombombe ins Visier nehmen kann.

Natürlich: Für den 38-jährigen Kim dient das Atomprogramm vor allem als Überlebensversicherung. Doch macht dies die Lage nicht weniger gefährlich: Im Konflikt mit diesem isolierten Staat kann es schließlich jederzeit zu Fehlkalkulationen oder Missverständnissen in der Kommunikation kommen.

Tiefes Misstrauen gegenüber Sicherheitsabkommen mit den USA

Angesichts der Fallstudien Irak und Libyen ist durchaus verständlich, dass die Kim-Dynastie tiefes Misstrauen gegenüber einem Sicherheitsabkommen mit den Vereinigten Staaten hegt. Und auch der Blick auf die Ukraine wird die Parteikader in ihrer Paranoia bestärken. Schließlich hatte Kiew einst seine Atombomben im Gegenzug für „Sicherheitsgarantien“ hergegeben, die sich spätestens seit Ende Februar als null und nichtig herausgestellt haben. Doch der renommierte Experte Go Myong-hyun vom Asan-Institut in Seoul argumentiert: „Nordkorea sieht sich in den Schuhen Russlands, nicht der Ukraine.“

Denn die Chancen, dass Kim sein Atomprogramm aufgegeben hätte, seien von Beginn an nicht existent gewesen. Auch das Ziel der reinen Abschreckung habe das Militär laut Go seit Jahren bereits erreicht. Dennoch baut Kim seine nuklearen Kapazitäten rasant aus, laut Schätzungen könnte Nordkorea bis 2027 bereits über mehr als 200 Atombomben verfügen.

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Der Grund dafür könnte die Befürchtungen vieler Beobachter übersteigen: „Ein Szenario, das Nordkorea im Sinn hat, spielt sich derzeit gerade in der Ukraine ab“, analysiert Experte Go: „Russland hat die Nato erfolgreich davon abgehalten, in der Ukraine einzugreifen“. Wieso sollte Nordkorea nicht ebenfalls gelingen, die USA daran zu hindern, seinen Alliierten Südkorea im Kriegsfall zu unterstützen?

Scharfe Reaktionen aus Washington und Tokio

All dies ist noch spekulative Zukunftsmusik. Doch als sicher gilt, dass sich die internationale Staatengemeinschaft in den kommenden Monaten und Jahren wieder verstärkt auf militärische Provokationen einstellen muss.

Die Reaktionen aus Washington und Tokio auf die Interkontinentalrakete vom Donnerstag fielen wie gewohnt scharf aus. Doch auch Südkoreas Präsident Moon Jae-in, der als Verfechter einer Annäherungspolitik gilt, bezeichnete den Waffentest unmissverständlich als „schwerwiegende Bedrohung“.

Nordkorea will „eine Menge“ Spionagesatelliten starten
HANDOUT - 09.03.2022, Nordkorea, -: Auf diesem undatierten Foto, das von der nordkoreanischen Regierung am Donnerstag, dem 10. März 2022, bereitgestellt wurde, besucht der nordkoreanische Führer Kim Jong Un (M) die National Aerospace Development Administration in Nordkorea. *** Der Inhalt dieses Bildes  kann nicht unabhängig überprüft werden. Das Wasserzeichen in koreanischer Sprache auf dem von der Quelle bereitgestellten Bild lautet: "KCNA", was die Abkürzung für Korean Central News Agency ist. *** Foto: Uncredited/KCNA/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

Die Spionagesatelliten dienten dem Schutz der nordkoreanischen Souveränität und der Steigerung des nationalen Ansehens, sagte Machthaber Kim Jong Un.

Es ist eine bittere Erkenntnis, dass die durchgängig ausgestreckte Hand des scheidenden Präsidenten von Kim Jong Un nicht ergriffen wurde. In den nächsten Jahren ist nämlich eine Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen praktisch ausgeschlossen: Ab Mai wird mit Yoon Suk-yeol ein konservativer Hardliner das Amt übernehmen und vor allem auf militärische Stärke sowie Loyalität zu Washington setzen.

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China hat Handel mit Nordkorea wieder deutlich hochgefahren

Zumindest von China und Russland hat Nordkorea derzeit keine allzu scharfe Kritik zu befürchten. Zwar stimmten die zwei Staaten noch 2017 den von Trump vorgeschlagenen Sanktionsmaßnahmen zu. Seither jedoch ist die Welt, nicht zuletzt aufgrund des Kriegs gegen die Ukraine, deutlich polarisierter geworden: Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass Xi Jinping und Wladimir Putin derzeit einen Vorstoß aus Washington gegen Nordkorea unterstützen würden.

Zumal, da China erst kürzlich seinen Handel mit Nordkorea wieder deutlich hochgefahren hat. Seitdem die Zugverbindungen für den Warenverkehr im Januar nach einer zweijährigen Suspendierung eröffnet wurden, haben die Aus- und Einfuhren innerhalb weniger Wochen bereits rund 50 Prozent des Vorkrisenniveaus erreicht.

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