Nordirland-Einigung mit der EU: Sunaks historischer Deal mit einem Haken
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Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Wire
Es war zweifelsohne eine gute Woche für den britischen Premierminister Rishi Sunak. Schließlich stimmte das Parlament am Mittwoch nicht nur mit überwältigender Mehrheit für einen wichtigen Teil des „Windsor Framework“. Eine Rebellion von Hardlinern und Boris-Johnson-Anhängern gegen den Deal mit der EU innerhalb der eigenen Partei blieb aus.
Sunaks Deal ist ein historischer Durchbruch
Während der Stern des Ex-Premiers sinkt, feiert die Presse Sunak. Anders als seine Vorgänger und Vorgängerinnen habe er den Brexit nun endlich tatsächlich durchgeboxt, ist dort zu lesen. Dass sich der britische Regierungschef im Februar nach Jahren des Streits mit der Europäischen Union einigen konnte, ist tatsächlich ein historischer Durchbruch.
Möglich war dies, weil der 42-Jährige anders als Liz Truss oder Boris Johnson den richtigen Ton traf. Mit dem Abkommen sollen Kontrollen zwischen Nordirland und Irland verhindert werden. Um den Frieden in der einst von Bürgerkrieg geschüttelten zu sichern, wurde die Zollgrenze in die Irische See verlegt.
Dass das Rahmengesetz diese Woche vom Parlament abgesegnet wurde, verleiht ihm nun auch eine demokratische Legitimation. Viele Tories stimmten am Mittwoch auch vor dem Hintergrund der politischen Situation für das Abkommen. Schließlich liegen diese in den Umfragen weit hinter der oppositionellen Labour-Partei.
Brexit: Einigung zwischen EU und Großbritannien im Nordirland-Streit erzielt
Dem britischen Premierminister Rishi Sunak gelingt womöglich, was seinen Vorgängern versagt blieb.
© Quelle: dpa
Ein Streit mit der EU scheint konservativen Abgeordneten angesichts steigender Lebenshaltungskosten und einer nach wie vor hohen Inflation immer weniger erstrebenswert. Die Vorteile einer Annäherung an die Union liegen auf der Hand. So könnte Großbritannien wieder Teil des milliardenschweren EU-Forschungsprogramms „Horizon Europe“ werden. Und: Bilaterale Beziehungen könnten sich weiter verbessern; zu Frankreich zum Beispiel, aber auch zu den USA, wo Präsident Joe Biden immer wieder betonte, wie viel Wert er auf eine Einigung legte.
Am wichtigsten ist das Abkommen für die Menschen in Nordirland
Am wichtigsten ist das Abkommen mit der EU aber natürlich für die Menschen in Nordirland selbst. Schließlich bedeutet dies, dass Unternehmen vor Ort nach Jahren des Zögerns und Zauderns endlich Planungssicherheit erhalten. Zudem ermöglicht der Deal nun langfristig Zugang sowohl zum britischen als auch zum europäischen Markt, was Nordirland zu einem extrem attraktiven Wirtschaftsstandort machen wird.
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Auch viele Probleme des Alltags, die das ursprüngliche Abkommen in der Praxis hervorrief, sollen gelöst werden. Schwierigkeiten beim Versenden von Päckchen sowie Medikamenten sollen zukünftig der Vergangenheit angehören. Waren und Güter, die von Großbritannien nach Nordirland kommen und dort verbleiben, sollen von Kontrollen ausgenommen werden. Überdies soll die Nationalregierung gegen Gesetze der EU Einspruch einlegen können.
Viele Details sind noch offen – doch die Aussichten sind gut
Sicher, viele Details müssen noch geklärt werden, aber die Aussichten sind gut. Ein Problem bereitet Sunak jedoch nach wie vor Kopfzerbrechen: die Ablehnung des „Windsor Frameworks“ durch die erzkonservative unionistische DUP in Nordirland. Denn obwohl der Deal klare Vorteile bringt, stört sich die Partei weiter an dem Abkommen. Für sie treibt auch die überarbeitete Übereinkunft einen Keil zwischen London und Belfast, weil die EU anders als im Rest des Vereinigten Königreiches weiterhin Einfluss auf Standards und Gesetze in Nordirland nehmen kann.
Um Druck auf London auszuüben, blockiert die Partei deshalb nach wie vor die Bildung einer gemeinsamen Regionalregierung mit der nationalistischen Partei Sinn-Fein. Damit wird der Landesteil zwar verwaltet, neue Gesetze können jedoch nicht erlassen werden. Dass sich die DUP sträubt, ihre Arbeit in dem Parlamentsgebäude Stormont aufzunehmen, hat jedoch wohl auch andere, tiefer liegende Gründe.
Die Sinn-Fein-Partei, die früher als politischer Arm der terroristischen Irisch-Republikanischen Armee (IRA) galt und sich offen für eine Wiedervereinigung mit Irland ausspricht, ist seit der Parlamentswahl im vergangenen Jahr erstmals stärkste Kraft. Ihnen als schwächere Partei gegenüberzusitzen, ist für viele Abgeordnete der DUP nach wie vor schwer vorstellbar. Und daran, so ist es leider, ändert auch der beste Deal nichts.