Neue Regeln für die Fleischindustrie: SPD-Fraktionschef Mützenich wirft Union Blockade vor

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dringt darauf, dass die neuen Regeln für die Fleischindustrie im Bundestag rasch beschlossen werden.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dringt darauf, dass die neuen Regeln für die Fleischindustrie im Bundestag rasch beschlossen werden.

Berlin. Der Streit in der großen Koalition über die neuen Regeln für die Fleischindustrie eskaliert. Die SPD greift die Union hart an und wirft ihr vor, das Arbeitsschutzkontrollgesetz zugunsten von Lobbyinteressen zu blockieren.

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„Wenn sich CDU und CSU weiter weigern, stellen sie den Profit der Fleischlobby über die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und über die Verabredungen in der Koalition“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Die abschließende Lesung für das Arbeitsschutzkontrollgesetz war zuvor verschoben worden. Die Union sei nicht bereit gewesen, das Thema nächste Woche im Bundestag zu beraten, hieß es aus der SPD.

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Mützenich kritisierte die Haltung der Union scharf. „Tausende Menschen haben sich in und um Schlachthöfe mit Corona infiziert“, sagte er. „Leidtragende waren und sind die Betroffenen, ihre Familien, ihre Kolleginnen und Kollegen, aber auch ganze Landstriche.“ Der SPD-Fraktionschef setzte hinzu: „Ich erwarte deshalb, dass wir den Gesetzentwurf von Hubertus Heil zügig umsetzen.“

Streit über Leiharbeit

Der Gesetzentwurf sieht ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in großen Schlachthöfen vor. Zudem sind mehr Kontrollen geplant, strengere Vorschriften sollen für bessere Unterkünfte der Fleischarbeiter sorgen.

Das Bundeskabinett hat das Gesetz zu den neuen Regeln für die Fleischindustrie Ende Juli auf den Weg gebracht. Die Reform muss noch durch Bundestag und Bundesrat, damit sie Anfang kommenden Jahres in Kraft treten kann. Strittig sind dem Vernehmen nach nicht zuletzt die Regeln zur Leiharbeit.

„Die Unternehmen der Branche müssen die Verantwortung für alle Beschäftigten übernehmen und das Geschäftsmodell, das auf Sub-Sub-Sub-Unternehmer setzt, muss beendet werden“, sagte Mützenich. „Künftig sollen alle Beschäftigten direkt beim Inhaber angestellt sein. Keine Werkverträge und Leiharbeit mehr.“

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Der Fraktionschef betonte: „Wir arbeiten politisch mit Hochdruck daran, dass bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie in Deutschland endlich Wirklichkeit werden.“

NGG pocht auf schnelle Umsetzung

Auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat die Union wegen ihres Widerstands gegen das Arbeitsschutzkontrollgesetz scharf angegriffen. „Einige aus den Reihen von CDU/CSU haben offenbar aus Corona nichts gelernt und nehmen den Arbeitsschutz noch immer nicht ernst. Das Arbeitsschutzkontrollgesetz muss jetzt kommen – und zwar genauso, wie es auf dem Tisch liegt, inklusive des Verbotes von Werkverträgen und Leiharbeit“, sagt NGG-Chef Guido Zeitler dem RND.

Zeitler warnte: „Es droht die Gefahr, dass die Politik einmal mehr einknickt und den Fleischbaronen Schlupflöcher bietet, die es ihnen möglich machen, genauso weiterzumachen wie bisher: Das wäre eine Katastrophe für die ausgebeuteten Arbeiter und ein fatales Signal an die Bevölkerung.“

Wird das Arbeitsschutzkontrollgesetz so windelweich gekocht, dass es seinen Zweck nicht erfüllt, wird das Vorurteil bestätigt, dass in Berlin am Ende die Lobbyisten entscheiden

Guido Zeitler

NGG-Vorsitzender

Hier stehe auch „die Glaubwürdigkeit von Politik auf dem Spiel“, sagte der Gewerkschaftschef. „Wird das Arbeitsschutzkontrollgesetz so windelweich gekocht, dass es seinen Zweck nicht erfüllt, wird das Vorurteil bestätigt, dass in Berlin am Ende die Lobbyisten entscheiden“, sagte Zeitler.

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Brief an die Abgeordneten

Der NGG-Vorsitzende hatte sich zuvor in einem Brief in dieser Woche an die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewandt. „Derzeit wird von verschiedensten Unternehmen der Fleischwirtschaft mit einigem Nachdruck vorgetragen, dass es in Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung Saisonspezifika gäbe, die nur über Leiharbeit abzudecken seien. Das ist falsch“, heißt es in dem Brief, der dem RND vorliegt. Dies sei auch unter Nutzung der gesetzlich zulässigen Arbeitszeitvolumina möglich. Auch über tarifliche Arbeitszeitkonten könnten Produktionsspitzen ausgeglichen werden. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit saisonal begründeter, befristeter Arbeitsverträge.

Der vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf sehe zu Recht nicht nur ein Verbot von Werkverträgen, sondern auch von Leiharbeit in der Fleischbranche vor. „Ich kann nur an Sie appellieren: gehen Sie diesen Weg mit“, schrieb Zeitler an die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

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Dem RND sagte Zeitler: „Bleibt Leiharbeit erlaubt, ändert sich in Deutschlands Fleischindustrie gar nichts: Die Ausbeutung der osteuropäischen Arbeiter geht weiter wie bisher.“ Er ergänzte: „Auf den dubiosen Firmen in der Branche, die jetzt mit Werkverträgen arbeiten, klebt dann künftig das neue Label Leiharbeit.“

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