Neue MPK? Länder reagieren irritiert auf Vorschlag von Wüst
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Sieht den Vorschlag seines NRW-Kollegen Hendrik Wüst kritisch: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow.
© Quelle: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dp
Berlin. Mehrere Landesregierungen haben abweisend oder zurückhaltend auf den Vorschlag des neuen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) reagiert, schon in der kommenden Woche bei einer erneuten Ministerpräsidentenkonferenz über die Corona-Lage zu sprechen.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Ich brauche keine Ministerpräsidentenkonferenz, denn die letzte in Bonn hat einen klaren Beschluss gefasst.“
Darauf basierend solle bis Mittwoch eine umfassende Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums erfolgen und auch an die Verhandler der Ampel und der Union gehen. „Dann sehen wir klarer, ob alle Fragen deutschlandweit über das Bundesinfektionsschutzgesetz abgedeckt und in allen Ländern jeweils per Verordnungen geregelt und ausgestaltet werden können“, so Ramelow. Außerdem gelte es, die am Donnerstag und Freitag stattfindende Gesundheitsministerkonferenz abzuwarten.
„Ich sehe keine Notwendigkeit für ein Bund-Länder-Treffen“
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich gegen eine neue Ministerpräsidentenkonferenz aus. „Aus schleswig-holsteinischer Perspektive sehe ich keine Notwendigkeit für ein Bund-Länder-Treffen“, sagte Günther dem RND. „Die Länder verfügen über alle erforderlichen Instrumente im Kampf gegen Corona. Wichtig ist, dass die Ampelkoalition die Rechtsgrundlage schafft, dass die Länder ihre spezifischen Regelungen weiter rechtssicher umsetzen können.“ Er respektiere selbstverständlich den Gesprächswunsch anderer Länder, könne aber keinen weiter gehenden Regelungsbedarf erkennen. „Wir müssen weiterhin alles daransetzen, die Impfquote weiter zu erhöhen.“
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich überrascht über den Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen. Für eine MPK müsse „klar sein, worüber wir eigentlich konkret sprechen wollen. Über die Auffrischungsimpfungen? Das kann jedes Land organisieren, in Berlin sind wir hier schon auf einem sehr guten Weg. Die inhaltliche Richtung einer Bund-Länder-Konferenz ist aber bisher nicht kommuniziert worden“, sagte Müller dem RND.
Auf Ablehnung stieß der NRW-Vorstoß auch in Bremen. „Aus Bremer Sicht gibt es derzeit keinen Grund für eine neuerliche MPK“, sagte der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). „Wir haben ein funktionierendes Warnstufensystem und werden uns darauf konzentrieren, unsere Impfquote weiter zu steigern.“
„Mir ist nicht recht klar, was denn herauskommen soll bei einer weiteren MPK in der nächsten Woche“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Über das weitere Vorgehen in Sachen Corona haben wir zuletzt vor zehn Tagen gesprochen. Wesentliche neue Erkenntnisse gibt es seitdem nicht, und die nächste Gesundheitsministerkonferenz steht unmittelbar bevor“, sagte Weil weiter: „Selbstverständlich verweigere ich mich keinem inhaltlichen Austausch, aber es sollte dann auch Ergebnisse geben.“
„Wir sind immer offen für Gespräche, es kommt aber aufs passende Format an“, sagte eine Sprecherin des baden-württembergischen Staatsministeriums und verwies ebenfalls auf die bevorstehende Gesundheitsministerkonferenz. Auch ein Sprecher der Brandenburger Landesregierung erklärte, über die Notwendigkeit einer Ministerpräsidentenkonferenz solle nach der Fachkonferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister entschieden werden.
Zustimmung für Wüst aus Sachsen-Anhalt
Manuela Schwesig (SPD) sagte am Dienstag, sie sei „jederzeit bereit für eine Ministerpräsidentenkonferenz“, diese müsse „aber eben auch gut vorbereitet sein, es müssen konkrete Beschlüsse vorliegen“. Zentral sei es, „dass wir in Deutschland das Impfen weiter vorantreiben“, sagte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. „Es ist schon komisch, dass diejenigen, die erst die Impfzentren schließen, als Allererste sagen, sie müssen wieder aufmachen“, so Schwesig weiter – gemeint war wohl Nordrhein-Westfalen. Sie teile die Einschätzung, dass es keine epidemische Lage nationaler Tragweite mehr gebe, nicht. In Länderkreisen wurde der nordrhein-westfälische Vorstoß teilweise als Versuch des neu gewählten Laschet-Nachfolgers Wüst gewertet, sich eine bundespolitische Bühne zu schaffen.
Zustimmung erhielt Wüst aus Sachsen-Anhalt. „Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und die Landesregierung Sachsen-Anhalt befürworten den Vorschlag. Der Ministerpräsident hatte ein solches Treffen auch schon angeregt und hält eine MPK für zwingend notwendig“, teilte ein Regierungssprecher auf RND-Anfrage mit. Neben der Belegung der Intensivstationen mit Corona-Patientinnen und -Patienten solle bei einem solchen Treffen auch über die Energiepreisentwicklung und die aktuelle Entwicklung in der Migrationspolitik gesprochen werden.
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Auch die saarländische Landesregierung werde sich einem Corona-Gipfel nicht verschließen, teilte ein Regierungssprecher mit. „Die Tatsache, dass noch keine neue Regierung gebildet wurde, darf nicht dazu führen, dass Deutschland planlos in den Winter geht. Es kommt jetzt mehr denn je auf die Länder an“, sagte der Sprecher. Es gebe zudem genügend weitere Themen wie die Energiepreise, bei denen sich Gespräche zwischen Bund und Ländern lohnen würden.
Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sei „grundsätzlich offen für eine zeitnahe MPK“, teilte dessen Staatssekretär Michael Bußer mit. „Für ihn muss aber klar sein, was dabei entschieden werden soll und entschieden werden kann.“