Neue Energiesparverordnung: So kalt darf es in Schulen und Büros sein
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Jemand bedient ein modernes Thermostat mit digitaler Anzeige an einer Heizung, wobei 19 Grad Celsius auf einem kleinen Display angezeigt werden.
© Quelle: Franziska Gabbert/dpa-tmn/dpa
Noch zeigt sich in vielen Teilen Deutschlands der Spätsommer von seiner schönen Seite – die Temperaturen klettern tagsüber vielerorts über die 20-Grad-Marke. Doch schon jetzt ist klar: Wenn die Außentemperaturen sinken, wird es in diesem Herbst und Winter in vielen Gebäuden merklich kühler sein als in den vergangenen Jahren. Hintergrund sind neue gesetzliche Bestimmungen zum Energiesparen, die wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise nötig geworden sind.
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Das Bundeskabinett hat Ende August zwei neue Energiesparverordnungen beschlossen. Am 1. September trat zunächst eine Verordnung mit kurzfristigen Maßnahmen in Kraft – sie gilt sechs Monate. Die zweite, längerfristige Verordnung gilt ab 1. Oktober und ist auf zwei Jahre angelegt. Allerdings muss der Bundesrat dieser Regelung noch zustimmen.
Habeck kündigt Verordnung an: Öffentliche Gebäude nicht über 19 Grad beheizen
Zudem sollten Gebäude und Denkmäler nachts nicht mehr angestrahlt und Werbeanlagen nicht beleuchtet werden.
© Quelle: dpa
Höchstens 19 Grad Celsius
Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) darf die Raumtemperatur ab September in „öffentlichen Nichtwohngebäuden“ maximal 19 Grad Celsius betragen. Bisher galt eine empfohlene Mindesttemperatur von 20 Grad. Räume, in denen man sich nicht regelmäßig aufhält, dürfen gar nicht mehr geheizt werden – wie Flure, große Hallen, Foyers und Technikräume.
Die Verordnung gilt für Verwaltungs- und Gerichtsgebäude, aber auch für Hotels, Museen, Kinos, Theater, Supermärkte, Friseure – und generell für Büros. Die Mindesttemperaturen in Arbeitsräumen werden in Deutschland durch die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ (ASR) festgelegt, die bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) einzusehen sind. Demnach orientieren sich die Mindestwerte der Lufttemperatur an der Schwere der Arbeit und der überwiegenden Körperhaltung.
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Unklare Rechtslage zur Bürotemperatur
Die niedrigste Temperatur von 12 Grad gilt für schwere körperliche Arbeiten, die höchste Temperatur von 20 Grad für leichte Arbeiten im Sitzen. Ob für diese leichten Arbeiten im Sitzen nun 19 oder 20 Grad gelten – dazu ist die Rechtslage jetzt unklar. Denn in der Energiesparverordnung werden die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ nicht explizit aufgeführt und damit gilt derzeit eigentlich beides, obwohl sich die Regelungen widersprechen.
Weiterhin warme Pausenräume
Den ASR-Bestimmungen zufolge muss in Pausenräumen, Umkleiden, Kantinen und ähnlichen Räumen in Arbeitsstätten während der Nutzungsdauer eine Temperatur von mindestens 21 Grad herrschen. „Wir gehen davon aus, dass diese Räume von der 19-Grad-Regelung ausgenommen sind, da sich die Energiesparverordnung nur auf Büros bezieht“, sagte BAuA-Sprecher Christian Schipke dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Auch für das Einkaufen gibt es mit der neuen Energiesparverordnung eine Änderung: Läden werden verpflichtet, keine Heizenergie zu verschwenden. Das bedeutet, dass Ladentüren nicht mehr dauerhaft offenstehen dürfen. Außerdem müssen die Geschäfte ihre Schaufensterbeleuchtung und beleuchtete Werbetafeln zwischen 22 und 6 Uhr ausschalten.
Schulen, Krankenhäuser und Pflegeheime bleiben warm
Eine Ausnahme der Energiesparmaßnahmen gilt laut BMWK für Kitas, Schulen, Krankenhäuser und Arztpraxen sowie Einrichtungen der Behindertenhilfe und Pflegeheime. Bei diesen Gebäuden greift die neue Verordnung nicht – sie werden beheizt wie bisher.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, die neuen Energiesparverordnungen seien ein wichtiger Beitrag, um unabhängiger von russischen Energielieferungen zu werden. „Wir stehen vor einer nationalen Kraftanstrengung“, so Habeck. „Es braucht ein starkes Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, von Bund, Ländern, Kommunen, Sozialpartnern, Gewerkschaften, Handwerk und Verbänden sowie der Zivilgesellschaft.“
Politikerinnen und Politiker betonen, dass das Wohl der Menschen bei den neuen Energiesparverordnungen stets vorgeht. So sagte etwa Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) in einem Interview mit dem RBB, die Gesundheit, der Arbeitsschutz, die Sicherheit und das Kindeswohl hätten bei allen Maßnahmen immer Vorrang.
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Die Auswirkungen der Raumtemperatur auf die Gesundheit sind durchaus nicht zu vernachlässigen. Die Forschung zeigt, dass das Absenken von Temperaturen in Wohn- und Arbeitsräumen engen Grenzen unterliegt. Werden diese ignoriert, kann sich das kritisch auf die Atemwegsorgane und das Herz auswirken. Die Anfälligkeit für Infekte wie Erkältungen erhöht sich.
„Das gilt gerade bei älteren Menschen, bei Menschen mit niedrigem Blutdruck und solchen, die sich wenig bewegen“, sagte Heinz-Jörn Moriske, Direktor des Umweltbundesamts und Innenraumexperte, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden und Büros auf 19 Grad abzusenken sei zwar machbar, so Möriske. Dabei handle es sich aber um die untere Grenze, die nicht unterschritten werden sollte.