Innenministerin Nancy Faeser tritt als SPD-Spitzenkandidatin in Hessen an
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser wird SPD-Spitzenkandidatin in Hessen.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Die SPD hat ihre Spitzenkandidatin für den Wahlkampf in Hessen: Innenministerin Nancy Faeser wird gegen CDU-Ministerpräsident Boris Rhein in den Wahlkampf ziehen. Das hat die 52-Jährige am Donnerstagabend offiziell in einem schriftlichen Statement verkündet. Aus Parteikreisen erfuhr das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) bereits vorab von Faesers Plänen. Am Freitag soll die SPD-Politikerin offiziell nominiert werden.
Damit steht auch fest: Faeser bleibt vorerst Innenministerin des Bundes. „Die Zeiten sind ernst. Es ist jetzt nicht die Zeit, um Wahlkampf zu machen“, heißt es in ihrem Statement. Sie habe in dieser Entscheidung volle Rückendeckung von Bundeskanzler Olaf Scholz. „Es ist eine demokratische Selbstverständlichkeit, dass Menschen, die Ämter innehaben, bei Wahlen antreten.“
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Sie wolle die „erste Frau an der Spitze der hessischen Landesregierung werden“ und betone damit ihren Führungsanspruch, so Scholz. Dass sie dazu in der Lage sei, habe sie bereits als Innenministerin bewiesen.
Diente Bundespolitik nur als Sprungbrett?
Seit Amtsantritt der 52-Jährigen im Bundesinnenministerium wird darüber spekuliert, dass sie für den Wahlkampf in Hessen in ihre Heimat zurückkehren könnte. In Berlin ist es ein offenes Geheimnis, dass SPD-Chef Lars Klingbeil und Kanzler Olaf Scholz die Juristin auch nach Berlin geholt hatten, um ihr die bundespolitische Bühne als Sprungbrett für eine mögliche Kandidatur in Hessen zu geben. Diese mögliche Rochade hatte die frühere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bereits im Mai in einem Interview ausgeplaudert und sich selbst als Nachfolgerin der Innenministerin ins Spiel gebracht.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei für den Bereich der Bundespolizei, Andreas Roßkopf, reagierte skeptisch auf Faesers Ankündigung. „Wir haben wegen des Ukraine-Krieges und der Migration eine politisch sehr schwierige Situation“, sagte er dem RND. „Und es ist eine spannende Frage, ob Frau Faeser ihr Amt als Spitzenkandidatin noch so ausfüllen kann, wie man es von einer Innenministerin erwartet. Das Bundesinnenministerium ist sehr anspruchsvoll. Man ist damit eigentlich voll ausgelastet. Und ein Wahlkampf ist sehr zeitaufwendig.“
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sagte dem RND: „Ich bin skeptisch, ob es gelingen kann, zwei so verantwortungsvolle Aufgaben gleichzeitig wahrzunehmen. Das Bundesinnenministerium ist eins der größten Häuser der Bundesregierung und braucht die volle Aufmerksamkeit.“
Faeser wiederum argumentiert mit Hinweis auf den Krieg in der Ukraine, dass es „jetzt nicht die Zeiten“ seien, um Wahlkampf zu machen. Diese Einschätzung teile sie mit ihrem Mitbewerber von der CDU. Sie habe „zwei Herzensangelegenheiten“, begründete sie ihre Doppelgleisigkeit zusätzlich.
Unruhe im Innenministerium
Im Ministerium selbst herrscht nach RND-Informationen eine gewisse Unruhe. Wichtige Vorhaben forderten „eigentlich den vollen Einsatz der Ministerin“, hieß es dort. Und wenn Faeser sich auf die Doppelbelastung einlasse, dann werde „ein deutlicher Bedeutungsverlust“ des Hauses befürchtet. „Das wirkt sich natürlich negativ auf die Stimmung aus“, so ein Mitarbeiter. Tatsächlich ist das Bundesinnenministerium mit seinen nachgeordneten Behörden eines der größten Ministerien überhaupt. Die Union hatte im Falle einer Spitzenkandidatur Faesers Rücktritt gefordert. Die Grünen erklärten, beide Aufgaben ließen sich nicht miteinander vereinbaren.
Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow, sagte dem RND hingegen: „Ich halte Frau Faeser für eine sehr fähige Innenministerin. Und es gab schon andere Konstellationen, in denen Politikerinnen und Politiker bei Wahlen kandidiert haben, ohne ihr Amt aufzugeben. Ich kann die Aufregung deshalb nicht so ganz nachvollziehen.“
Die SPD-Politikerin geht mit der Kandidatur ein Risiko ein. In einer Umfrage von Infratest Dimap aus dem Oktober liegt die CDU in Hessen bei 27 Prozent und damit 5 Prozentpunkte vor der SPD und vor den Grünen, die jeweils auf 22 Prozent kommen. Auch Vizeministerpräsident und Landeswirtschaftsminister Tarek Al-Wazir von den Grünen macht sich Hoffnung auf die Staatskanzlei in Wiesbaden. In Hessen sind die Sozialdemokraten seit 1999 in der Opposition.