Name von Stephan E. taucht in geheimem NSU-Bericht auf

Stephan E., Tatverdächtiger im Fall des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke, nach einem Haftprüfungstermin beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Stephan E., Tatverdächtiger im Fall des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke, nach einem Haftprüfungstermin beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Wiesbaden. Elf Mal taucht der Name des mutmaßlichen Mörders des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke in einem geheimen Bericht des hessischen Verfassungsschutzes auf. Das berichtet die "Welt am Sonntag", die zuvor auf die Herausgabe dieser Informationen geklagt hatte. Diese neue Erkenntnis wirft Fragen auf: Bislang hatte der Verfassungsschutz behauptet, Stephan E. nur bis 2009 im Fokus gehabt zu haben. Diese Darstellung wird jetzt in Zweifel gezogen.

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In dem Geheimpapier geht es unter anderem um die Neonazi-Szene in Nordhessen und ihren Bezug zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU). Es war im Jahr 2012 vom damaligen hessischen Innenminister Boris Rhein (CDU) in Auftrag gegeben worden. Die darin enthaltenen Berichte umfassen den Zeitraum 1992 bis 2012. Die "Welt am Sonntag" hatte das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) auf Akteneinsicht verklagt.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden entschied im August, dass das LfV den Journalisten zumindest in Teilen Auskunft geben muss. Die Kammer verpflichtete das Amt mittels einstweiliger Anordnung, einen Teil ihrer Fragen zu beantworten. Eine bloße Nennung der Zahl der Namensnennungen gefährde nicht die Arbeitsweise des Landesamtes, so das Gericht. Weitere Informationen zu Stephan E. über die Zahl elf hinaus gab das LfV nicht heraus.

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Gehörte Stephan E. zum NSU-Unterstützerkreis?

Und trotzdem ist diese Erkenntnis brisant, stellt sie doch die bisherige Darstellung des Amtes infrage, der mutmaßliche Mörder Walter Lübckes sei nach 2009 nicht mehr auffällig geworden und aus dem Blick des Verfassungsschutzes verschwunden. Nach Einschätzung der hessischen Linksfraktion bleiben viele Fragen weiter offen. "Es ist vor allem unklar, welcher Zeitraum von den Namensnennungen betroffen ist", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Hessischen Landtag, Hermann Schaus, am Montag in Wiesbaden.

"Ich finde elfmal viel", sagte Schaus. Stephan E. könne zum "engeren NSU-Unterstützerkreis gezählt werden". Für mehr Transparenz müsse der allgemeine Teil des rund 250 Seiten starken Geheimberichtes der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sagte Schaus. Er forderte zusätzlich, dass der Innenausschuss des Landtags in weitere bislang geheime LfV-Dokumente Einsicht nehmen darf, bei denen es unter anderem um Stephan E. geht. Ein bestimmtes geheimes Protokoll des NSU-Untersuchungsausschusses des Landtags solle öffentlich zugänglich gemacht werden.

Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke (CDU) war Anfang Juni auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen bei Kassel mit einem Kopfschuss getötet worden. Der rund zwei Wochen nach der Tat festgenommene Stephan E. hatte zunächst ein Geständnis abgelegt, dieses später aber widerrufen. Erst in der vergangenen Woche hat die Bundesanwaltschaft ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Stephan E. an sich gezogen. Er wird nun ebenfalls verdächtigt, im Januar 2016 versucht zu haben, einen irakischen Asylbewerber zu töten.

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RND/dpa

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