Nach Brückensprengung: So ist die Stimmung bei den Menschen auf der Krim
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Die Krimbrücke ist eines der aussagekräftigsten Symbole für die Annexion der Krim durch Russland.
© Quelle: picture alliance/dpa/TASS
2014 besetzte der russische Präsident Wladimir Putin die Krim. Seither wird die Halbinsel von Russland kontrolliert. Vier Jahre nach der Annexion wurde die Krimbrücke als direkte Verbindung zwischen Russland und der Krim fertiggestellt und von Putin persönlich eingeweiht. Am 8. Oktober kam es dann zur Sprengung der Krimbrücke. Wer für den Anschlag verantwortlich ist, ist noch unklar. Russland geht allerdings von einem ukrainischen Angriff aus.
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Die aktuellen politischen Ereignisse haben auch Auswirkungen auf die Bevölkerung der Krim. Die Journalistin Victoria Roschyna hat die annektierte Halbinsel im Auftrag der ukrainischen Zeitung Pravda besucht, um herauszufinden, wie die Einheimischen die politisch angespannte Lage wahrnehmen und wie der Alltag der Krimbewohner aktuell aussieht. Dabei stieß sie überwiegend auf eine Bevölkerung, die hinter Putin steht und das, obwohl die Krim erst seit acht Jahren zu Russland gehört. Ein Grund für den Rückhalt Russlands in der Bevölkerung könnte die auf der Krim präsente russische Kriegspropaganda sein, die laut Beobachtungen der Journalistin an einem Großteil der Gebäude auf der Krim angebracht sei.
Teilweise Zerstörung der Krim-Brücke führt zu tagelangen Wartezeiten
Bei Wartezeiten von bis zu fünf Tagen wird die Stimmung unter den Lkw-Fahrern immer gereizter.
© Quelle: Reuters
Krim-Bewohner stehen größtenteils hinter Putins Entscheidungen
Die Situation in der Bevölkerung beschreibt Roschyna als angespannt und teilweise panisch. „Wir sitzen auf einem Pulverfass“, fasst ein von ihr befragter Passant die aktuelle Stimmung der Krim-Bevölkerung zusammen. Besonders auffällig sei, dass es nach der Sprengung der Krimbrücke kaum noch Touristen gäbe. Einst war die Krim als beliebtes Ferienparadies bekannt. Nun reisen kaum noch Menschen auf die Halbinsel. Wie der amtierende Präsident des russischen Verbands der Reiseindustrie (RST), Ilja Umanski, gegenüber der Presse mitteilte, befanden sich zum Zeitpunkt des Anschlags etwa 50.000 Touristen auf der Krim von denen 4.000 umgehend ausreisten.
In der Stadt Kertsch ergab eine Befragung der Pravda-Journalistin, dass die Krim-Bewohner die Nachlässigkeit der russischen Kontrolleure nicht nachvollziehen können. Die mangelnde Sorgfalt habe dazu geführt, dass der Sprengstoff auf die Krimbrücke gelangen konnte. Dennoch steht der Großteil der Krim-Bevölkerung hinter Putin. Die Krim-Bewohner zeigte sich sogar überwiegend besorgt darüber, dass die Ukraine die Krim zurückerobern könnte. Eine Befragte äußerte sich der Pravda gegenüber drastisch: „Wenn es sein muss, hole ich selbst ein Maschinengewehr. Sie bekommen die Krim nicht.“
Krim-Bewohner fühlten sich von der ukrainischen Regierung vernachlässigt
Der ukrainische Staatschef wird auf der Krim kritisch beäugt. „Selenskyj hat sich geweigert, zu verhandeln, obwohl er weiß, dass die Leute hier für Putin sind“, heißt es aus der Bevölkerung. Eine ähnliche Stimmung auf der Krim schilderte der FAZ-Redakteur Reinhard Veser schon 2017. Bereits drei Jahre nach der Annexion durch Russland. Bei einer Umfrage des „Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien“ (Zois) antworteten 79 Prozent der Teilnehmer, dass sie den Anschluss der Krim an Russland befürworten würden. Der erste Zensus unter russischer Herrschaft ergab, dass sich nur noch 15 Prozent der Bevölkerung als Ukrainer verstünden. Bei dem Ergebnis sei aber zu beachten, dass in Russland für Äußerungen gegen die Einheit des Landes bis zu fünf Jahre Haft drohen. Dazu gehöre laut Veser auch die Äußerung „Die Krim gehört nicht zu Russland“.
Ukraine erobert laut eigenen Angaben mehr als 600 Ortschaften zurück
Angesichts vorrückender ukrainischer Truppen wurden die ersten Evakuierten aus der südukrainischen Region Cherson am Freitag in Russland erwartet.
© Quelle: Reuters
Die UN stellte in einem Bericht zur Menschenrechtslage auf der Krim fest, dass sich der Großteil der Krimbewohner nicht mehr der Ukraine zugehörig fühle, da die ukrainische Regierung die Halbinsel lange vernachlässigt habe. Es handele sich also vielmehr um eine Entscheidung gegen die Ukraine als um eine Entscheidung für Russland.
RND/nin