Myanmar: Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi erneut zu vier Jahren Haft verurteilt
Die 67-jährige Ex-Regierungschefin von Myanmar sei schuldig befunden worden, im illegalen Besitz von Handfunkgeräten gewesen zu sein.
© Quelle: Reuters
Naypyidaw. In Myanmar hat ein Gericht die entmachtete faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi zu weiteren vier Jahren Haft verurteilt.
Der 76-Jährigen waren der Import und Besitz eines Funkgerätes und ein Verstoß gegen Corona-Bestimmungen vorgeworfen worden, wie mit dem Gerichtsverfahren vertraute Quellen am Montag berichteten. Im Zusammenhang mit dem Funkgerät soll sie Telekommunikations- sowie Import-Export-Gesetze missachtet haben.
Da der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, ist Suu Kyis Reaktion auf die Urteile nicht bekannt. Es ist auch unklar, ob sie tatsächlich eine Haftstrafe antreten muss oder unter Hausarrest bleiben wird. Suu Kyi wurde Anfang Februar festgenommen. Sie wird vom Militär an einem unbekannten Ort festgehalten, an dem sie laut Staatsfernsehen auch ihre Strafe verbüßen soll. Der Prozess hatte Mitte Juni in der Hauptstadt Naypyidaw begonnen.
Bereits im Dezember erhielt Aung San Suu Kyi eine vierjährige Haftstrafe
Die 76-Jährige war bereits Anfang Dezember in zwei anderen Anklagepunkten schuldig gesprochen und zunächst zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Wenige Stunden später gab die Militärjunta aber bekannt, das Strafmaß auf zwei Jahre zu verkürzen. Die Justiz wirft Suu Kyi weitere Vergehen vor, darunter Korruption. Insgesamt drohen ihr laut Experten bis zu 100 Jahre Haft.
Seit ihrem ersten Schuldspruch nimmt Suu Kyi an den Gerichtsverhandlungen in Gefängniskleidung teil - einem weißen Oberteil und einem braunen Longyi-Rock, mit denen sie von den Behörden ausgestattet wurde. Medien und Zuschauer sind von den Anhörungen ausgeschlossen, die Staatsanwälte geben keine Kommentare ab. Suu Kyis Anwälten wurde im Oktober eine Nachrichtensperre auferlegt.
Seit ihrer Machtergreifung hat es die vom Militär eingesetzte Regierung keinem Außenstehenden erlaubt, sich mit Suu Kyi zu treffen, trotz des internationalen Drucks für Gespräche mit ihr.
Menschenrechtsexperten sprechen von einem Schauprozess
Beobachter und Menschenrechtsexperten sprechen von einem Schauprozess und vermuten, dass die Junta die beliebte Politikerin auf diese Weise langfristig zum Schweigen bringen will.
„Der Gerichtszirkus der Junta in Myanmar mit geheimen Verfahren wegen falscher Anklagen zielt darauf ab, immer mehr Verurteilungen gegen Aung San Suu Kyi anzuhäufen, damit sie auf unbestimmte Zeit im Gefängnis bleibt. Spitzengeneral Min Aung Hlaing und die Juntaführung betrachten sie offensichtlich immer noch als eine überragende politische Bedrohung, die dauerhaft neutralisiert werden muss“, erklärte Phil Robertson, der stellvertretende Asien-Direktor der Menschenrechtsorganisation Huma Rights Watch.
Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi erneut zu vier Jahren Haft verurteilt
Die 67-jährige Ex-Regierungschefin von Myanmar sei schuldig befunden worden, im illegalen Besitz von Handfunkgeräten gewesen zu sein.
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„Wieder einmal ist Aung San Suu Kyi zu einem Symbol dessen geworden, was mit ihrem Land geschieht, und in die Rolle einer politischen Geisel des Militärs zurückgekehrt, das wild entschlossen ist, die Macht durch Einschüchterung und Gewalt zu kontrollieren“, schrieb Robertson in einer Erklärung. Die Volksbewegung gegen den Militärputsch gehe jedoch weit über Suu Kyi und ihre Partei hinaus.
„Die Militärjunta von Myanmar setzt sich rücksichtslos über die Menschenrechte aller hinweg“, teilte Robertson zudem mit. Wieder einmal sei Suu Kyi „in die Rolle einer politischen Geisel des Militärs zurückrückversetzt worden, das sich unerbittlich durch Einschüchterung und Gewalt an der Macht halten will“. Suu Kyi hatte bereits in der Vergangenheit insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest gestanden. 2016 wurde sie faktische Regierungschefin.
Myanmar versinkt seit dem Umsturz in Chaos
Suu Kyis Partei hatte bei den Parlamentswahlen 2020 einen überwältigenden Sieg errungen, aber das Militär behauptete, es habe weit verbreiteten Wahlbetrug gegeben, was unabhängige Wahlbeobachter anzweifeln. Die vom Militär ernannte Wahlkommission Myanmars erhob im November deswegen zusätzliche Anklagen gegen sie und 15 weitere Politiker. Die Anklagen könnten dazu führen, dass Suu Kyis Partei aufgelöst wird und nicht an einer neuen Wahl teilnehmen kann, die das Militär innerhalb von zwei Jahren nach seiner Machtübernahme versprochen hat.
Seit dem Umsturz versinkt das südostasiatische Land im Chaos. Die Junta unterdrückt jeden Widerstand mit brutaler Gewalt. Nach Angaben der Gefangenenhilfsorganisation AAPP sind bereits mehr als 1400 Menschen getötet und rund 11.000 festgenommen worden.
RND/dpa