Mordfall Lübcke: Das sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen
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Trauergottesdienst für den verstorbenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU): Opfer eines Rechtsextremisten?
© Quelle: Swen Pförtner/dpa-POOL/dpa
Kassel. Der Fall des getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) hält die Republik in Atem. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat die Ermittlungen an sich gezogen – die Behörde geht von einem rechtsextremistischen Hintergrund der Tat aus.
Sollte sich der Verdacht bestätigten, hätte Deutschland den ersten politischen Mord mit rechtsextremem Motiv seit der Mordserie des Nationalsosozialistischen Untergrunds (NSU) zu verkraften.
Vieles ist allerdings noch völlig unklar. Was wir wissen – und was nicht:
Wer war Walter Lübcke?
Lübcke war CDU-Politiker und Regierungspräsident von Kassel. In der Vergangenheit war er wegen seiner Haltung zu Flüchtlingen bedroht worden. 2015 hatte Lübcke sich auf einer Informationsveranstaltung gegen Schmährufe gewehrt und gesagt, wer gewisse Werte des Zusammenlebens nicht teile, könne das Land ja verlassen. Danach war er zum Hassobjekt der Rechten geworden – vor allem im Internet hatte es immer wieder Schmähungen und Morddrohungen gegen Lübcke gegeben.
Wie ist Walter Lübcke gestorben?
Der 65-jährige Walther Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni gegen 0.30 Uhr auf der Terrasse seines Wohnhauses im 900-Einwohner-Dorf Wolfhagen-Istha gefunden worden. Reanimationsversuche blieben erfolglos, um 2.35 Uhr wurde in einem nahe gelegenen Krankenhaus der Tod des 65-Jährigen festgestellt. Nach dem Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung starb Lübcke an einem Schuss aus kurzer Distanz. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft sprach von einer heimtückischen Tötung.
Was ist nach dem Tod passiert?
Eine Sonderkommission hat die Ermittlungen übernommen. Sie besteht aus mittlerweile mehr als 50 Polizisten. In der politischen Öffentlichkeit überwogen Trauer und Entsetzen. Im Internet allerdings gab es auch viel Hass und Häme. Vor allem in rechten Netzwerken wurde der Tod Lübckes regelrecht gefeiert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte die entsprechenden Kommentare in den sozialen Netzwerken "zynisch, geschmacklos, abscheulich, in jeder Hinsicht widerwärtig".
Wer ist der Verdächtige?
Dringend tatverdächtig ist laut Aussage der Bundesanwaltschaft der 45-Jährige Stephan E. Spezialeinheiten hatten E. am Samstag in Kassel verhaftet, seit Sonntag sitzt er unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. "Wir gehen aufgrund des aktuellen Ermittlungsstandes davon aus, dass es sich um einen rechtsextremistischen Hintergrund der Tat handelt", sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Dafür sprächen insbesondere das Vorleben des Tatverdächtigen und seine öffentlich wiedergegebenen Meinungen und Ansichten.
Der Deutsche ist mehrfach vorbestraft, er soll im der Vergangenheit Verbindungen in die rechtsextreme Szene unterhalten haben. Laut „Zeit Online“ soll er verantwortlich für einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim im hessischen Hohenstein-Steckenroth im Jahr 1993 gewesen sein.
Gab es ein rechtes Terrornetzwerk?
Das ist noch völlig unklar. Bislang gebe es keine Hinweise auf ein rechtsterroristisches Netzwerk, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Allerdings wollen sich die Ermittler nicht festlegen, sie haben aus Fällen der Vergangenheit wie dem nationalsozialistischen Hintergrund (NSU) gelernt. "Wir gehen natürlich auch der Frage nach, ob und inwieweit bislang unbekannte Hintermänner oder Tatbeteiligte in die Tat eingebunden waren", sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft.
Wie reagiert die Politik?
Grüne, FDP, Linke und AfD im Bundestag forderten eine Sondersitzung des Innenausschusses. Die CDU/CSU zeigte sich dazu bereit. „Der Fall Lübcke ist sehr ernst“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. „Einer Erörterung des Falles im Innenausschuss stehen wir aufgeschlossen gegenüber - auch schon in der kommenden Woche.“
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Von RND/ani/dpa/epd