Mitt Romney – ein Republikaner verärgert US-Präsident Donald Trump
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/74SFDUB6HV5FSF6UALTRH6AQAM.jpg)
Mitt Romney
© Quelle: dpa
Washington. Der Präsident hatte für sich beten und sich von allen Seiten loben lassen. Ausführlich pries Donald Trump in einer bizarren 71-minütigen Kabinettssitzung am Montag seine Errungenschaften und wetterte über die „boshaften“ Demokraten. Doch eines, räumte der Republikaner plötzlich ein, müsse man den politischen Gegnern lassen: „Sie halten zusammen. Sie haben keinen Mitt Romney in ihrer Mitte.“
Je nach politischem Blickwinkel kann man die Äußerung als einen Rüffel oder einen Ritterschlag verstehen. Jedenfalls hebt sie den Senator von Utah klar aus der grauen Masse seiner republikanischen Parteifreunde heraus, die Donald Trump immer wieder hinter vorgehaltener Hand kritisieren, aber die öffentliche Konfrontation mit ihm scheuen. Auch der stets korrekt gescheitelte ehemalige Präsidentschaftskandidat ist kein Revoluzzer.
Aber in der Ukraine-Affäre und beim Syrien-Abzug hat er dem Amtsinhaber offen widersprochen. Und aus seiner Geringschätzung von dessen charakterlichen Eigenschaften macht er keinen Hehl. So wird der 72-Jährige zunehmend zur zentralen Figur im bevorstehenden Amtsenthebungsverfahren gegen Trump.
So funktioniert das Impeachment-Verfahren
Donald Trump muss sich seinem zweiten Amtsenthebungsverfahren stellen. Trotz seiner Ablösung durch Biden hat der ehemalige Präsident harte Folgen zu befürchten.
© Quelle: RND
Ein bekennender Mormone und Familienvater
Romney ist in mancherlei Hinsicht ein Fossil der alten republikanischen Partei. Der Vater von fünf Söhnen ist gläubiger Mormone und ein Verfechter konservativer Werte. Anstand, Ehre und Vaterland sind Fixsterne seines politischen Denkens. Insofern ist es bemerkenswert, dass der millionenschwere Geschäftsmann, der bei der Präsidentschaftswahl 2012 dem damaligen Amtsinhaber Barack Obama unterlag, seinen ehemaligen Kontrahenten ebenso wie dessen Stellvertreter Joe Biden vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Nachrichtenseite „Axios“ als „Ehrenmänner“ bezeichnete, Trump diesen Titel aber vorenthielt: „Er hat sicher Elemente von Ehre in seinem Leben. Und es gibt Dinge, die ich nicht für ehrenwert halte. Ich sage das wegen der Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar für eine außereheliche Affäre“, erläuterte Romney.
Der Senator hat nicht nur moralische Bedenken gegen Trump. Kritik übte er auch an dessen Rassismus und Frauenfeindlichkeit, die das Fundament der amerikanischen Gesellschaft schwer beschädigten. Entschieden distanzierte er sich zuletzt von Trumps Versuch, den ukrainischen Präsidenten und andere ausländische Regierungschefs zu einer Schmutzkampagne gegen die Demokraten zu nötigen: „Das ist falsch und erschreckend.“ Und die überstürzte Abwendung des Präsidenten von den kurdischen Verbündeten in Syrien geißelte er als „Verstoß gegen unsere heiligsten Pflichten“.
Das Geheimnis des Pierre Delecto
So hart ist Romney den Präsidenten, der ihn seinerseits einen „aufgeblasenen Arsch“ schimpfte, bislang nicht angegangen. „Der Gentleman aus Utah scheint plötzlich bereit, die Glacéhandschuhe fallen zu lassen“, beobachtete die Zeitschrift „The Atlantic“. Das wäre bemerkenswert, denn ein Amtsenthebungsantrag gegen den Präsidenten bedürfte der Zustimmung des Senats. Romney hat sich als erster Vertreter der republikanischen Mehrheit offen für ein Impeachment gezeigt.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Mehr als ein erster Riss in der Partei ist das freilich nicht. Am Ende müssten 20 der 53 Republikaner in der Kammer für Trumps Absetzung votieren. Und für eine offene Revolte müsste Romney endgültig die Glacé- gegen die Boxhandschuhe austauschen. Jahrelang hatte er kritische Tweets über Trump unter einem Decknamen gelikt. Erst als ihm am Wochenende eine Journalistin auf die Schliche kam und offen fragte, ob er den – inzwischen privat gestellten - Twitter-Account eines gewissen Pierre Delecto betreibe, hatte er sein digitales Coming-out. „C’est moi“, bestätigte er knapp.