Infizierter FDP-Politiker: “Der Parlamentsbetrieb selbst ist eine Virenschleuder”

Im Deutschen Bundestag sitzen die Abgeordneten nah beieinander.

Im Deutschen Bundestag sitzen die Abgeordneten nah beieinander.

Herr Sattelberger, Sie sind positiv auf Corona getestet. Wie geht es Ihnen?

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Ich habe in der Nacht einige Schweißausbrüche gehabt – und bin deshalb mehrfach aufgewacht. Aber ich nehme das mal als gutes Zeichen. Das gleicht ja das Fieber aus. Den Test hatte ich gemacht, weil ein Fraktionskollege erkrankt war. Das Ergebnis war ein leichter Schock. Aber fürs Erste hat es mich zum Glück nicht so schlimm getroffen.

Als Sie Ihre Diagnose erhielten, ist es Ihnen am Wochenende nicht gelungen, das Gesundheitsamt zu erreichen. Hat sich das inzwischen geändert?

Nein. Viele Gesundheitsämter sind hoffnungslos überlastet. Die bittere Erkenntnis ist: Es gibt offenbar nur den Operationsmodus Normalfall. Einen funktionierenden Masterplan für den Krisenfall gibt es nicht oder nicht spürbar.

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Panik aus der Situation herausnehmen

Sie veröffentlichen einmal täglich ein kurzes Video in den sozialen Netzwerken, in dem Sie über Ihr Leben mit dem Coronavirus berichten. Warum?

97 Prozent der Menschen werden mit milden Symptomen diese Krise meistern. Aber diese 97 Prozent der Menschen denken auch: “Es wird mich voll erwischen.” Ich versuche, in meinen Videos nüchtern zu schildern, wie es mir geht. So möchte ich Panik aus der Situation herausnehmen. Viele schreiben mir, dass es sie beruhigt, den ganz normalen Alltag eines Coronainfizierten in häuslicher Quarantäne zu sehen.

+++Immer aktuell: Hier geht’s zum Coronaticker+++

Was für Reaktionen bekommen Sie noch?

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Ich stelle fest, dass die noch fehlenden Testkapazitäten große Unsicherheit auslösen. Mir hat zum Beispiel jemand geschrieben: “Herr Sattelberger, ich bekomme keinen Test, obwohl ich glaube, dass ich die Symptome habe.” Der Arbeitgeber erlaube ihm aber nicht, zur Sicherheit erst mal im Homeoffice zu arbeiten. Für solche unmöglichen Situationen müssen wir schnellstens Rechtssicherheit schaffen.

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In Ihrer häuslichen Quarantäne konnten Sie am Wochenende im Internet Bilder sehen, wie die Menschen in Cafés eng beieinander saßen. Was denken Sie da?

Es hat mich, ganz ehrlich, geschockt. Wir brauchen in dieser Situation offenkundig Regeln, die notfalls auch mit harter Sanktionierung durchgesetzt werden. Machen wir uns nichts vor: Wenn die jetzigen Maßnahmen nicht reichen, kommen wir in eine Situation, in der der Politik kaum noch eine andere Wahl als Ausgangssperren bleiben.

Wie erklären Sie sich die Sorglosigkeit einiger Menschen?

Ich habe den Eindruck: Es gibt in unserem Land Generationen, die schon so lange nicht mehr mit einer Krise konfrontiert waren, dass sie “Krise” verlernt haben. Ich bin fassungslos über so viel Naivität. Darüber, dass Menschen selbst große Warnsignale nicht erkennen.

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Bessere Krisenpläne benötigt

Was können, was müssen wir aus dieser Krise lernen?

Im Nachhinein müssen wir auf jeden Fall untersuchen, zu welchem Zeitpunkt welche Informationen vorlagen – und ob und welche Schlüsse man früher aus ihnen hätte ziehen können und müssen. Zudem brauchen wir Krisenpläne, wie insbesondere die Kommunikationskapazitäten etwa der Gesundheitsämter und die dezentralen Testmöglichkeiten schnell vergrößert werden können. Darüber hinaus hoffe ich, dass die Coronaviruskrise zumindest ein Gutes hat.

Nämlich?

Wir müssen uns in den Schulen digital so aufstellen, dass eine solche Situation nie mehr ein verlorenes Jahr für die Bildung zu werden droht. Das digitale Lernen bietet so viele Chancen, die wir noch ungenutzt lassen. Das gilt auch für Felder wie Telemedizin.

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Corona zeigt: Bundestag fehlt Notfallplan

Muss sich eigentlich auch an den Arbeitsabläufen im Deutschen Bundestag etwas ändern?

Der Parlamentsbetrieb selbst ist eine Virenschleuder. Man trifft so viele Menschen aus ganz Deutschland. Normalerweise ist das ja auch gut und schön. Aber: Dem Deutschen Bundestag fehlt ein Notfallplan für eine Situation wie die mit dem Coronavirus. Wir müssen daran arbeiten, die Möglichkeiten der Digitalisierung so zu nutzen, dass das Parlament auch in einer solchen Krise arbeitsfähig bleibt.

Sie sind 70 Jahre alt und fallen damit in die Kategorie der Menschen, deren Risiko bei einer solchen Erkrankung größer ist. Haben Sie gar keine Angst?

Angst ist das falsche Wort. Ich habe Respekt vor der Erkrankung. Ich denke, ich habe mich gut informiert, und traue mir zu, den richtigen Moment zu erkennen, zu dem ich sagen müsste: Mir geht es so schlecht, ich muss jetzt in die Klinik. Grundsätzlich bin ich aber immer ein optimistischer Mensch.

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