„Ministerpräsidenten gehen als Sieger heraus“: Politikwissenschaftler Marschall analysiert Corona-Gipfel

Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU) und Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, zusammen mit der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU) und Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, zusammen mit der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Am Donnerstag haben Bund und Länder über schärfere Corona-Maßnahmen beraten. Sie sehen unter anderem umfangreiche Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und 2G-Regeln vor. „Die Ministerpräsidenten konnten die meisten ihrer Forderungen im Bund-Länder-Gipfel durchsetzen“, analysiert der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Professor Stefan Marschall im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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„Sie gehen als Sieger heraus – anders als in der Vergangenheit, in der es manchmal nur wenige Beschlüsse gab oder man nach wenigen Tagen zurückrudern musste“, so Marschall weiter. Die gemeinsam beschlossenen Maßnahmen würden dem Eindruck widersprechen, dass der Föderalismus bei der Krisenbewältigung hinderlich sei. Doch besonders die FDP tut sich gerade schwer ...

Das große Zurückrudern der Ampelparteien

Eine Besonderheit der Beschlüsse: Die Ampelparteien sollen das gerade erst von ihnen geänderte Infektionsschutzgesetz um weitere Maßnahmen ergänzen, so der Beschluss von Bund und Ländern. Pikant daran ist, dass die Ampelparteien über Wochen erklärt hatten, dass die neuen Maßnahmen zunächst ausreichen würden. Jetzt müssen sie sich eingestehen, dass dies offenbar falsch war.

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Der Politikwissenschaftler Marschall beobachtet diesen kurzfristigen „Policy-Wechsel“, also eine Wendung, bei der Ampelkoalition: „Als sie das Infektionsschutz erarbeitet hatten, hofften sie noch, dass sich die Corona-Lage verbessert. Nun verschlimmert sich die Situation aber und die Ampelparteien sind gezwungen, dagegen zu steuern.“ Zwar sei jetzt eine erneute Gesetzesänderung alternativlos, da sich die Corona-Lage immer dramatischer verändert. Doch die Parteien reagieren sehr spät darauf, so Marschall.

Einer der Gründe für die späte Einsicht für schärfere Maßnahmen ist die Haltung der FDP: „Für die FDP ist es eine sehr schwierige Position, da sie bisher in der Opposition die Pandemiemaßnahmen kritisiert hat und nun selbst Maßnahmen finden und durchsetzen muss“, analysiert Marschall. Darunter seien auch Maßnahmen, die von der FDP früher kritisch gesehen wurden. „Die FDP macht gerade einen Identitätswechsel in der Corona-Politik durch und das fällt ihr offensichtlich sehr schwer.“

Zukünftige Regierung steht schon jetzt unter Druck

Marschall sieht die Politik derzeit in einer „sehr seltsamen Situation“: Denn sowohl die alte als auch die neue Regierung sprechen mit den Ministerpräsidenten und handeln Beschlüsse aus. Doch der Bund ist in der Hängepartie zwischen alter und neuer Regierung offenbar schwächer als noch bei früheren Bund-Länder-Treffen. „Wir sehen, dass die Länder jetzt deutlich mehr Druck auf die Regierung ausüben“, so Marschall. Und ganz offensichtlich knickt die neue Regierung ein, noch bevor sie im Amt ist.

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In den letzten Tagen hätten die Ministerpräsidenten sehr klar gemacht, dass sie sich gleichermaßen in Verantwortung sehen. Nun habe die Regierung nachgegeben und sei den Ländern bei ihren Forderungen entgegengekommen. Unter anderem sollen die Länder alle Maßnahmen aus der epidemischen Notlage auch über den 15. Dezember hinaus noch anwenden dürfen. Damit haben die Länder ihre Maximalforderung erreicht.

Weil die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde so weitreichend waren, geht Marschall nicht davon aus, dass die Ministerpräsidenten den Bund jetzt weiter unter Druck setzen. Mit Forderungen nach weiteren Maßnahmen rechnet der Experte nicht.

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