Bund macht unerwartet Milliardenüberschuss: Und so könnte Scholz das Geld ausgeben
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Die sechswöchige Castingtour ist beendet. Im Löwenbräukeller in München fand die letzte von 23 Regionalkonferenzen statt. Olaf Scholz, Bundesminister der Finanzen, bildet zusammen mit Klara Geywitz eines der sechs verbliebenen Kandidatenpaare.
© Quelle: imago images/Arnulf Hettrich
Berlin. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich Anfang 2019 geirrt: Die „fetten Jahre“ im Haushalt sind doch noch nicht vorbei. Zum dritten Mal seit 2015 hat der Bund im vorigen Jahr einen gigantischen Überschuss erwirtschaftet. Diesmal sind es 13,5 Milliarden Euro. Ein Rekord.
Die Gründe für den Geldsegen: Die Steuereinnahmen fielen höher aus als erwartet, die Zinszahlungen für die Schulden dafür deutlich niedriger. Und schließlich flossen einige Milliarden beispielsweise aus dem Klima- oder Kommunalinvestitionsfonds nicht ab. Scholz will einen Großteil des Geldes in die nach der Flüchtlingskrise 2015 aufgebaute Rücklage leiten. Sie stiege damit auf mehr als 48 Milliarden Euro an. Aber es gibt auch alternative Ideen:
Steuersenkungen für alle
Der Bundeswirtschaftsminister plant laut „Spiegel“ bereits eine Initiative zu einer größeren Steuerreform. Demnach will Peter Altmaier (CDU) mit dem Geld die Körperschaftssteuer senken und den Soli komplett abschaffen. Denkbar wäre auch eine Anhebung der Hartz-IV-Sätze. Aber davon würden nur bestimmte Gruppen profitieren. Warum also beispielsweise nicht die Einkommenssteuer senken? Oder die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt? Davon hätte die Mehrheit der Steuerzahler beziehungsweise alle etwas.
Schulden bei Bund und Kommunen abbauen
Angesichts von 1,9 Billionen Euro Schulden des Bundes wäre ein zweistelliger Milliardenbetrag nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und die Zinsen sind momentan niedrig. Das muss aber nicht so bleiben. Nach dem Motto „Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen“ könnte die Bundesregierung Schulden tilgen. Scholz hatte zudem vor wenigen Wochen vorgeschlagen, die 2500 am stärksten verschuldeten Kommunen des Landes zu entschulden – unter der Beteiligung der Länder. Unions-Fraktionschef Ralf Brinkhaus lehnt dies aber ab: „Der Bund ist nicht für die Schulden der Kommunen verantwortlich.“
Den „schlanken Staat“ an den richtigen Stellen „fett“ machen
Investitionsstau und Personalmangel gibt es in vielen Bereichen: zum Beispiel marode Schulen, Schlaglöcher in Straßen oder eine mangelhafte medizinische Infrastruktur in ländlichen Gebieten. Scholz will einen kleineren Teil des Geldes auch für mehr Investitionen nutzen. Das Problem: Der Überschuss des Bundes kommt auch zustande, weil vielen Kommunen oft die finanziellen (Stichwort: Eigenanteil) und personellen Voraussetzungen fehlen, um Fördergelder des Bundes abzurufen. Und viele Verwaltungsprozesse sind unnötig langsam, weil ausreichend Personal fehlt – beispielsweise in Bauämtern. Viele Aufgaben liegen bei den Ländern und den Gemeinden. Der Bund kann ihnen aber finanziell unter die Arme greifen. Der Staat darf an den wichtigen Stellen auch nicht zu „schlank“ sein.
Öffentlichen Nahverkehr kostenlos anbieten
Der CO2-Ausstoß in Deutschland ist laut einer Studie überraschend stark gesunken. Außer im Verkehrssektor. Mit dem Überschuss aus Steuergeld könnte man auch mal ein Experiment wagen, von dem aber praktisch alle profitieren würden: Was passiert, wenn man für eine bestimme Zeit den öffentlichen Nahverkehr oder die Deutsche Bahn für die Bürger kostenlos macht oder die Preise zumindest halbiert?