Vor Kommunalgipfel der Union

„Migrationspolitik muss Chefsache sein“: CDU-Chef Merz wirft Scholz „Gleichgültigkeit“ vor

Friedrich Merz, Parteivorsitzender der CDU und Unionsfraktionschef

Friedrich Merz, Parteivorsitzender der CDU und Unionsfraktionschef

Berlin. Unionsfraktionschef Friedrich Merz und der Fraktionsinnenexperte Alexander Throm haben Kanzler Olaf Scholz (SPD) Untätigkeit angesichts der Probleme der Kommunen bei der Unterbringung von Migranten vorgeworfen. Merz, der auch CDU-Chef ist, sagte der „Bild“-Zeitung (Donnerstag), die „Gleichgültigkeit“ des Kanzlers sei „fahrlässig“: „Scholz‘ Verhalten erschüttert das Vertrauen der europäischen Partner in Deutschland.“

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Laut Merz brauche Europa einen gemeinsamen Weg in der Asylpolitik. „Wir müssen die europäischen Außengrenzen endlich richtig sichern. Asylverfahren sollten möglichst an der Grenze der Europäischen Union durchgeführt werden, zum Beispiel durch grenznahe Aufnahme- und Entscheidungszentren“, sagte er. Gleichzeitig unterstrich der CDU-Politiker: „Niemand will neue Mauern. Wir brauchen in jedem Fall bessere Zugangskontrollen.“

Untertstützung bekommt Friedrich Merz von Innenexperte Throm. Auch dieser griff Scholz an. „Vom Kanzler Scholz hat man noch immer kein Wort zur Migrationskrise gehört, bei der CDU/CSU ist das Thema dagegen längst Chefsache“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Throm (CDU) ist innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.

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Beim Kommunalgipfel der Fraktion an diesem Donnerstag (17 Uhr) sollen die Verantwortlichen aus Kommunen, Städten und Landkreisen im Mittelpunkt stehen, wie Throm erklärte. Die Spitze der Unionsfraktion will mit den Kommunalvertretern auch über Maßnahmen zur Steuerung und Begrenzung von irregulärer Migration diskutieren. Nur wenn es diese gebe, könne Deutschland der humanitären Verantwortung gegenüber Schutzbedürftigen gerecht werden, heißt es in der Fraktion. Ein Bund-Länder-Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu Flüchtlingskosten ist für den 10. Mai geplant. Diesen Zeitpunkt kritisierte Merz als zu spät: „Migrationspolitik muss Chefsache sein und sofort auf den Tisch.“ Es gebe Grenzen der Belastbarkeit, die in vielen Städten und Gemeinden überschritten seien. „Wir müssen daher irreguläre Zuwanderung auf ein handhabbares Maß begrenzen“, so Merz.

Unionsfraktionsspitze will „Bundesagentur für Einwanderung“

Die Union wirft der Ampelregierung seit Langem vor, Arbeitsmarkt- und Asylpolitik vermischen zu wollen.

„Wir werden nicht länger dabei zusehen, wie die Hilferufe der Kommunen in dieser Krise ungehört bleiben“, kündigte auch Throm an. Die Unionsfraktion ziehe an einem Strang, „um die Not der Kommunen zu lindern“, Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) an erster Stelle. Die Verantwortlichen aus den Kommunen und Landkreisen müssten auch im Bundestag „das Gehör finden, das die Ampel ihnen anscheinend nicht gewähren will“. Die Unionsfraktion will nach Throms Worten nach der Diskussion mit den Kommunalvertretern im Bundestag einen Antrag einbringen, der auf den Erfahrungen und Bedürfnissen der Städte, Gemeinden und Landkreise aufbaue.

Merz: Aufnahmekapazität weitgehend erschöpft

Die Spitze der Unionsfraktion hat parteiübergreifend Landräte und Oberbürgermeister nach Berlin eingeladen, um über Probleme bei der Unterbringung von Migranten zu diskutieren. „Die Aufnahmekapazitäten der deutschen Städte und Gemeinden sind weitgehend erschöpft“, hatte Merz am Dienstag gesagt. Nach Angaben aus der Unionsfraktion wollen knapp 400 Kommunalpolitiker zu der Veranstaltung kommen. Die Kommunen fordern von Bund und Ländern eine langfristige Strategie zur Flüchtlingsaufnahme.

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Laut Merz wurden im vergangenen Jahr 244.000 Asylanträge in Deutschland gestellt. Im laufenden Jahr gebe es schon jetzt jeden Monat 30.000 Einwanderer nach Deutschland, überwiegend Flüchtlinge und Asylbewerber. Davon komme nur noch ein kleiner Teil aus der Ukraine, der größere aus dem Nahen und Mittleren Osten.

Der Bundesvorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU, Christian Haase, sagte, nachdem Deutschland 2022 mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen habe, suchten wieder vermehrt Menschen aus Syrien und Afghanistan in Deutschland Schutz. Vielerorts fehle es an Unterkünften, aber auch an ärztlicher Versorgung, Kita- und Schulplätzen sowie Integrationskursen. Scholz versäume es, „im Austausch mit den Verantwortlichen aus den Kommunen und den Vertretern der Spitzenverbände kurzfristig pragmatische Lösungen zu finden, um die Situation vor Ort zu entspannen“.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) verlangte im „Handelsblatt“, der Bund müsse sich „klar zu seiner Verantwortung bekennen, gerade bei der fairen Verteilung der Kosten“. Sein hessischer Kollege Boris Rhein (CDU) forderte dort „eine echte Rückführungsoffensive“. Nach Darstellung von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sind die migrationspolitischen Herausforderungen, wie der Wohnraummangel, allen klar. „Innenministerin Nancy Faeser hat deshalb längst ein geordnetes Verfahren eingeleitet. Dabei geht es unter anderem um die Mobilisierung von Bundesliegenschaften, aber auch um die Digitalisierung der Prozesse in den Kommunen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

In einem elfseitigen Positionspapier unter dem Titel „Für Humanität und Ordnung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik“ fordert die Unionsfraktion unter anderem, den Zuzug ausländischer Fachkräfte mit einer eigenen Bundesagentur für Einwanderung neu zu regeln. Die Fachkräfte sollten so „Service aus einer Hand“ erhalten, von der Arbeitsplatzvermittlung, der Prüfung der Voraussetzungen für die Einreise, über das nötige Visum bis hin zum Aufenthaltstitel nach Ankunft in Deutschland.

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FDP: Ausreisegewahrsam auf 28 Tage verlängern

Die FDP-Bundestagsfraktion drängt die Regierung unterdessen laut einem Medienbericht mit einem Positionspapier, die stark angewachsene Zuwanderung von Asylbewerbern zu reduzieren. Die hohen Flüchtlingszahlen und die angespannte Lage bei der Unterbringung in den Kommunen drohe die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz für Einwanderung insgesamt zu schmälern, heißt es darin. Das Papier von Vize-Fraktionschef Konstantin Kuhle und dem Parlamentarischen Geschäftsführer Stephan Thomae liegt der Mediengruppe Bayern vor.

Merz attackiert Ampel-Beschlüsse: „Regierung ist ausgepowert“

Der CDU-Chef hat die Beschlüsse des Ampel-Koalitionsausschusses scharf kritisiert. Nach wochenlangen Streitereien seien wesentliche Fragen offengeblieben.

Sie fordern unter anderem, dass „der Ausreisegewahrsam auf 28 Tage verlängert“ wird - bisher kann ein Richter dies für zehn Tage anordnen, etwa wenn ein Ausländer seine Abschiebung voraussichtlich vereiteln will. Die FDP pocht auch auf die zügige Umsetzung eines Punkts aus dem Koalitionsvertrag: nämlich zu klären, ob Asylanträge in Drittstaaten geprüft werden könnten. Ferner fordert die Koalitionsfraktion mehr Kompetenzen für die Bundespolizei bei der Rückführung von Ausreisepflichtigen, die sie in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgreift. Thomae sagte den Zeitungen der Mediengruppe, es müssten „Rückführungen schneller und effektiver“ gemacht werden.

Pläne der Ampel-Regierung

Die Ampel-Koalition will die immer größere Fachkräftelücke mit viel mehr Arbeitskräften aus dem Ausland füllen. Anders als heute sollen verstärkt Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger ohne anerkannten Abschluss ins Land kommen dürfen. Auswahlkriterien sollen etwa Berufserfahrung oder Deutschlandbezug sein. Seit 2020 gibt es schon ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Fachkräfte mit einer ausländischen Berufsausbildung erhalten für sechs Monate das Recht zum Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche.

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RND/dpa

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