Migration über Belarus: Türkischer Staatschef Erdogan gerät unter Druck

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan gerät unter Druck.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan gerät unter Druck.

Polen gehört bisher zu den wenigen Freunden, die der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan in der EU überhaupt noch hat. Jetzt stehen die Beziehungen vor einer schweren Belastungsprobe: Warschau beschuldigt die Türkei, an der Schleusung von Migranten nach Belarus beteiligt zu sein. Das bringt auch Turkish Airlines in Erklärungsnot.

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Polnischer Premier zeigt sich enttäuscht

Die Türkei handele beim Transport von Migrantinnen und Migranten an die belarussisch-polnische Grenze „in vollständiger Abstimmung mit Belarus und Russland“, erklärte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki laut dem polnischen Nachrichtenportal Remo News. Der polnische Premier zeigte sich enttäuscht. Sein Land habe die Türkei in der Vergangenheit in Notlagen tatkräftig unterstützt. So halfen polnische Feuerwehren im vergangenen Sommer der Türkei beim Kampf gegen Waldbrände. „Das stellt sich rückblickend als einseitiger Freundschaftsdienst heraus“, sagte Morawiecki, „und das gefällt uns nicht.“

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Bereits in den vergangenen Tagen hatte Polen Fluggesellschaften wie der russischen Aeroflot und der türkischen Turkish Airlines vorgeworfen, sie seien an organisierten Transporten von Migrantinnen und Migranten nach Belarus beteiligt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will Sanktionen gegen Fluggesellschaften aus Drittländern prüfen, „die am Menschenhandel beteiligt sind“. Die belarussische Gesellschaft Belavia hat bereits Flugverbot in der EU.

Das könnte nun auch Turkish Airlines drohen und wäre ein schwerer wirtschaftlicher Rückschlag für die Airline, deren wichtigster Auslandsmarkt die EU ist. Die Gesellschaft bestreitet, dass sie gezielt Migrantinnen und Migranten aus der Türkei nach Belarus bringt. Diese Berichte „entsprechen nicht der Wahrheit“, so das Unternehmen. Die Türkei beherbergt etwa vier Millionen Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Pakistan sowie weiteren asiatischen und afrikanischen Ländern.

Erdogan macht sich für Lukaschenko-Regime stark

Die polnische Regierung und die EU werfen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, er hole Migrantinnen und Migranten in sein Land, um sie dann über Polen in die EU zu schleusen – als Reaktion auf westliche Sanktionen. Lukaschenko selbst hatte angekündigt, er werde die Menschen auf dem Weg nach Europa nicht aufhalten.

Lukaschenkos Vorgehen erinnert stark an den Versuch des türkischen Staatschefs Erdogan, die EU mit einer inszenierten Flüchtlingskrise zu erpressen: Ende Februar 2020 erklärte Erdogan die Grenze zu Griechenland für „geöffnet“ und kündigte an, er werde „Millionen“ Flüchtlinge nach Europa schicken. In Bussen wurden Tausende Migrantinnen und Migranten aus Istanbul zur Grenze gebracht. Sie belagerten wochenlang den griechischen Übergang Kastanies. Nachdem Griechenland seine Grenze verteidigte, lenkte Erdogan Ende März ein und ließ die Migrantinnen und Migranten wieder nach Istanbul zurückbringen.

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Erst im Mai hatte sich Erdogan für das Lukaschenko-Regime stark gemacht, nachdem Belarus ein Flugzeug von Ryanair zur Landung in Minsk zwang und den Regimekritiker Roman Protassewitsch aus der Maschine heraus verhaften ließ. In der Nato bestand die Türkei damals darauf, eine Verurteilung des Vorfalls abzuschwächen und keine Sanktionen anzukündigen. Nato-Diplomaten äußerten seinerzeit „Frustration“ über die Haltung der Türkei.

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