Kommentar

Die einen fördern, die anderen abschieben: Merz und die Migration

Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU, spricht bei einem Wahlkampf-Bürgertreffen im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt im Bezirk Neukölln.

Der Begriff „kleine Paschas“ kommt nicht vor: CDU-Chef Friedrich Merz kann mit dem Migrationspapier seiner Fraktion dennoch zufrieden sein.

Okay, an dem Namen kann man noch etwas machen. „Work and Stay-Agentur“, das klingt wahlweise nach Gastarbeiteranwerbung im Geiste der 1960er-Jahre oder nach einem Reiseveranstalter, der sinnsuchende Abiturientinnen an tropische Bauernhöfe vermittelt.

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Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist dennoch ziemlich stolz auf ihren Vorschlag. Die neue „zentrale Einwanderungsagentur“ soll sich vom ersten Antrag bis zur erfolgreichen Niederlassung um jene globalen Fachkräfte kümmern, die Deutschland so dringend braucht. Keine überlasteten Konsulate, keine demütigenden Besuche bei deutschen Ausländerbehörden mehr. Die Unionsparteien sehen Deutschland nicht nur als Einwanderungsland, sondern sogar als eines, das über seinen eigenen bürokratischen Schatten springt.

Willkommenskultur? Bloß nicht

Man hätte es auch gleich „Welcome to Germany-Agentur“ nennen können, wenn das nicht so sehr nach „Willkommenskultur“, 2015 und Angela Merkel klingen würde, was Merz auf keinen Fall will. Denn natürlich hat das neue Migrationspapier der Unionsfraktion mit dem Titel „Humanität und Ordnung“ eine Kehrseite. Oder, wie CDU-Chef Merz es in vielen Reden immer wieder betont: Deutschland müsse stärker unterscheiden zwischen „denjenigen, die wir brauchen“, und „denjenigen, die uns brauchen“.

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Unionsfraktionsspitze will „Bundesagentur für Einwanderung“
02.03.2023, Berlin: Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, spricht im Bundestag. In einer Regierungserklärung sprach der Bundeskanzler ein Jahr nach seiner Rede zur "Zeitenwende" zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Union wirft der Ampelregierung seit Langem vor, Arbeitsmarkt- und Asylpolitik vermischen zu wollen.

Im Unionspapier klingt das dann so: kein „Spurwechsel“ zwischen Asylverfahren und Arbeitseinwanderung, wie von der Ampelkoalition gewünscht, Abschiebungen vereinfachen. Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, Frontex aufrüsten und aus Seenot gerettete Migranten in Transitländer zurückschieben.

Merz könnte sich nicht mehr wünschen

Das meiste davon muss mühsam auf europäischer Ebene durchgesetzt werden, das weiß auch Merz. Wichtiger für ihn ist, innerparteilichen Frieden herzustellen. CDU und CSU sind beide im Boot, von einer theoretischen Obergrenze für Flüchtlinge wie nach 2015 ist keine Rede mehr, wohl aber davon, dass die „faktischen Aufnahmekapazitäten“ Deutschlands „vielerorts schon überschritten“ seien. Das Papier ist zu pragmatisch, um populistisch genannt zu werden, und scharf genug, um sich von der Ampel abzugrenzen. Merz könnte sich nicht mehr wünschen.

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