Merkel: Verschwörungserzählungen sind Angriff auf unsere Lebensweise
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist im Kanzleramt auf einem Bildschirm zu sehen, während sie bei der digitalen Dialogreihe online mit Studentinnen und Studenten redet.
© Quelle: Tobias Schwarz/POOL/dpa
Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zu einem konsequenten Kampf gegen sogenannte Verschwörungserzählungen in Deutschland aufgerufen. „Das ist ja im Grunde ein Angriff auf unsere ganze Lebensweise“, sagte Merkel am Dienstag bei einem Online-Gespräch mit Studenten in Berlin.
„Seit der Aufklärung ist Europa den Weg gegangen, sich auf der Basis von Fakten sozusagen ein Weltbild zu verschaffen. Und wenn ein Weltbild plötzlich losgelöst oder antifaktisch ist, dann ist das natürlich mit unserer ganzen Art zu leben sehr schwer vereinbar.“
Merkel sagte: „Das übliche Argumentieren, das hilft da nicht, deshalb ist das für uns schon eine besondere Herausforderung.“ Die Kanzlerin sagte: „Das wird vielleicht auch eine Aufgabe für Psychologen sein.“ Forschung zur Frage sei nötig: „Wie verabschiedet man sich eigentlich aus der Welt der Fakten und gerät in eine Welt, die sozusagen eine andere Sprache spricht und die wir mit unserer faktenbasierten Sprache gar nicht erreichen können?“ Es gebe bei Anhängern solcher Denkmuster „eine richtige Diskussionsverweigerung“.
Merkel macht Studierenden in der Corona-Krise Mut
Es gebe die große Hoffnung, zum nächsten Herbstsemester wieder mehr Normalität haben zu können, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
© Quelle: Reuters
„Trotzdem sind wir ein tolerantes Land“, sagte Merkel. Auch diese Menschen seien seine Bürgerinnen und Bürger. Doch sie wieder in die Welt des gegenseitigen Zuhörens zu führen, werde sehr schwer.
Dazu gehöre auch mehr Verständnis für die Rolle sozialer Medien. Hier gebe es Räume, in denen Betroffene nur bestätigt würden. Eine perfekte Antwort habe sie nicht, aber das Problem beschäftige die Politik sehr.
Merkel: Unvorsichtiges Verhalten ist verheerend
Merkel bezeichnete zudem unvorsichtiges Verhalten angesichts der gegenwärtigen Ausbreitung von Corona als verheerend für die Gesellschaft bezeichnet. Einige Menschen würden jede Lücke ausnutzen, die die Politik nicht geregelt habe, sagte sie. „Das ist für den Zusammenhalt der Gesellschaft auch nicht so schön.” Merkel: „Manche fordern das Risiko heraus.” Dies sei „verheerend”.
Die Kanzlerin bedauerte, dass die Bereitschaft für Einschränkungen im Vergleich zum ersten Lockdown in Deutschland im Frühjahr gesunken sei. Dabei würden jeden Tag mindestens 400 Menschen an oder mit Covid-19 sterben. Manche beruhigten sich damit, dass dies vor allem Ältere treffe. Merkel mahnte, sich Folgendes zu vergegenwärtigen: „Ob meine Eltern mit 80 oder mit 90 sterben, ist schon ein Unterschied.”
Die Kanzlerin stellte fest: „Die zweiten Wellen von Pandemien sind oft die gefährlichsten.” Jetzt im Winter sei die Situation viel härter. Eindringlich mahnte Merkel die Menschen in Deutschland, sich den Ernst der Lage vor Augen zu führen.
RND/dpa