Merkel: Autokratien nutzen “die Krise, um Europa zu schwächen”
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht bei ihrer Regierungserklärung zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Bundestag.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihren Anspruch unterstrichen, Europa als Friedens- und Freiheitsprojekt zu gestalten und zu verbessern. "Europa ist eine offene, eine dynamische Ordnung des Friedens und der Freiheit, die wir stetig verbessern können und müssen", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte und zum EU-Gipfel an diesem Freitag. "Europa braucht uns, so wie wir Europa brauchen." Europa sei nicht nur ein historisches Erbe, sondern "ein Projekt, das uns in die Zukunft führt".
Europa sei in der Vergangenheit gewachsen, die EU sei aber nicht nur erweitert worden, sie habe sich auch vertieft. Der Brexit stärkt aus Sicht der Kanzlerin den Zusammenhalt der verbleibenden 27 Staaten in der EU.
Bundeskanzlerin Merkel: Solidarität in Europa wichtiger denn je
Die Bundeskanzlerin hat die Corona-Pandemie als größte Herausforderung in der Geschichte Europas gewertet.
© Quelle: Reuters
“Auch diese Entscheidung, die wir uns gewiss nicht gewünscht haben, hat letztlich nur dazu geführt, dass uns 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union stärker denn je die Gewissheit leitet, es nur als Gemeinschaft schaffen zu können, unsere europäischen Werte und Interessen zu leben und weltweit zu behaupten”, sagte Merkel.
Die EU habe mehrere Krisen überstanden. Es habe immer wieder Missverständnisse oder Fehleinschätzungen gegeben. “Aber sie haben nie zum Bruch, nie zur Absage an Europa geführt.” Daran ändere auch der Brexit nichts.
Größte Herausforderung in der Geschichte Europas
Die Bundeskanzlerin bezeichnete die Corona-Pandemie als die größte Herausforderung in der Geschichte Europas. “Die Krise trifft uns alle: unverschuldet, unvorbereitet, in Europa und in der ganze Welt”, sagte Merkel. Wenige Wochen des wirtschaftlichen Stillstands hätten ausgereicht, um vieles, was Europa aufgebaut habe, zu zerstören.
Es sei das Motto der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, Europa nach der Pandemie wieder stark zu machen. “Die Pandemie hat offengelegt wie fragil das europäische Projekt ist”, sagte sie und verwies auch auf nationale Alleingänge. “Die ersten Reflexe waren eher national, nicht europäisch. Das war, so gut unsere Reflexe auch gewesen sein mögen, vor allem unvernünftig.” Eine globale Pandemie verlange gemeinsames Handeln.
Merkel nannte den Klimaschutz und den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft als Ziel der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. ”Unser Ziel ist, dass wir Europas Klimaneutralität bis 2050, um das wir ja sehr gerungen haben, rechtlich verbindlich festschreiben können und dementsprechend auch die Ziele für 2030 anpassen”, sagte sie.
Die Beratungen für ein Klimaschutzgesetz, das in Merkels Unionsfraktion umstritten ist, werde man “intensiv fortführen”. Sich für eine nachhaltige Entwicklung in Europa einzusetzen, sei aber auch ein politisches Instrument gegen Populisten und Radikale. “Wir dürfen nicht naiv sein”, sagte sie. “Autokratische und anti-demokratische Bewegungen warten nur auf die Krise, um Europa zu schwächen.”
Einschränkungen zur Virus-Eindämmung
Merkel verteidigte erneut die weitreichenden Einschränkungen von Freiheitsrechten zur Virus-Eindämmung, auch wenn dies ein sehr hoher Preis gewesen sei und kritische Diskussionen ausgelöst habe. Die Maßnahmen seien aber unverzichtbar gewesen, manche, wie der Mindestabstand, seien es weiterhin.
RND/dpa/lhen