Niedergang der Ewigen Stadt

Erst Müllkrise, jetzt auch noch Großbrände: „Rom wird von Pyromanen angegriffen“

Das Standbild aus einem am 10. Juli 2022 von der italienischen Feuerwehr via Twitter zur Verfügung gestellten Video zeigt den Brand im Munizipium Centocelle am 9. Juli (Luftaufnahme mit einer Drohne). Ein weiterer Großbrand hat am Wochenende den Himmel über mehreren Stadtteilen von Rom verdunkelt. Dies war der vierte Großbrand in Rom in den vergangenen vier Wochen.

Das Standbild aus einem am 10. Juli 2022 von der italienischen Feuerwehr via Twitter zur Verfügung gestellten Video zeigt den Brand im Munizipium Centocelle am 9. Juli (Luftaufnahme mit einer Drohne). Ein weiterer Großbrand hat am Wochenende den Himmel über mehreren Stadtteilen von Rom verdunkelt. Dies war der vierte Großbrand in Rom in den vergangenen vier Wochen.

Die Römerinnen und Römer fühlten sich am Samstag an die Bilder aus dem Ukraine-Krieg erinnert: Über dem Centocelle-Quartier in der südöstlichen Peripherie der Hauptstadt stand eine mehrere Hundert Meter hohe, schwarze Rauchsäule, dumpfe Explosionen waren zu hören, die Sirenen Dutzender Feuerwehren heulten, Löschhubschrauber ratterten in der Luft.

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Der Brand war in einem großen, verwahrlosten Park ausgebrochen und hatte auf einen Autoschrottplatz übergegriffen, wo Hunderte von Abbruch-Pkw in Flammen aufgingen. Die Explosionen wurden vom Treibstoff und dem Motorenöl verursacht, die sich noch in den Tanks und Leitungen der Fahrzeuge befanden. Mehrere Wohnblocks mussten evakuiert werden; die Behörden wiesen die Bewohner wegen der giftigen Wolke an, die Fenster zu schließen. Die letzten Brandherde konnten erst am Sonntagvormittag gelöscht werden.

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Die schwarze Rauchwolke war in der ganzen Stadt zu sehen – auch vom Circus Maximus aus, wo sich 70.000 Fans für ein Konzert der Römer Rockband Maneskin versammelt hatten, oder auch von der Trinità dei Monti über der Spanischen Treppe, wo Models die neuesten Kreationen des Modeschöpfers Valentino präsentierten. „Die Schönheit brennt“, lautete der lakonische Kommentar der Zeitung „La Repubblica“. Es handelte sich bereits um den vierten Großbrand seit Mitte Juni, als auf dem Areal der ehemaligen Riesendeponie Malagrotta eine Müllbehandlungsanlage zerstört wurde. Vor einer Woche brannte der Pinienwald Pineta Sacchetti unweit des Vatikans und des großen Gemelli-Krankenhauses. Kaiser Nero, der im Jahr 64 n. Chr. Rom angezündet hatte, hätte wohl seine Freude an der Brandserie gehabt.

Der neue Herrscher von Rom, der sozialdemokratische Bürgermeister Roberto Gualtieri, hat seit seiner Wahl im letzten Herbst alle Erwartungen enttäuscht: Wer glaubte, dass es nach der Abwahl seiner Vorgängerin, der überforderten Fünf-Sterne-Politikerin Virginia Raggi, mit Rom nur noch aufwärtsgehen könne, sah sich schnell eines Besseren belehrt.

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„Rom wird von Pyromanen angegriffen“

„Mittlerweile ist klar, dass Rom von Pyromanen angegriffen wird“, sagte Claudio Mancini, ein Vertrauter von Bürgermeister Gualtieri. Beobachter gehen davon aus, dass gezielt Brände gelegt werden, um der Stadtverwaltung und dem neuen Bürgermeister zu schaden. „Ob es sich um Einzeltäter oder organisierte Kriminalität handelt, das werden die Ermittlungen zeigen“, ergänzte Mancini. Beobachter gehen davon aus, dass gezielt Brände gelegt werden, um der Stadtverwaltung und dem neuen Bürgermeister zu schaden.

Gualtieri hatte zwar sein wichtigstes Wahlversprechen, nämlich Rom bis Weihnachten vom Müll zu befreien, mit Ach und Krach und Sonderschichten für die Müllabfuhr halbwegs eingelöst, doch längst ist der Unrat – und mit ihm die Wildschweine, Möwen und Ratten, die sich davon ernähren – auf die Straßen und Plätze zurückgekehrt und modert und stinkt in der Sommerhitze vor sich hin. Der Ausfall der Müllbehandlungsanlage von Malagrotta wegen des Brands hat die Krise noch zusätzlich verschärft.

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Die Bewohner der Ewigen Stadt schwanken zwischen Wut und Resignation. Ein Bürger im noblen und wohlhabenden Prati-Quartier hat unlängst mit seinem Handy eine Szene gefilmt und ins Netz gestellt, die einen alten Verdacht der Römer bestätigte: Man sieht auf dem Video, wie die Müllmänner den Inhalt der Container mit dem nach Glas, Papier, Plastik und Grünabfälle getrennten Müll in ein und dasselbe Müllauto kippen. Die ohnehin nicht sehr ausgeprägte Motivation der Hauptstadtbewohnerinnen und -bewohner, ihren Müll zu trennen, ist damit nicht gestärkt worden.

Letztlich besteht das zentrale Problem aber nicht in der kaum funktionierenden Mülltrennung, sondern darin, dass in der Drei-Millionen-Einwohner-Metropole Rom bis heute keine einzige Müllverbrennungsanlage existiert. Gualtieri will dies endlich ändern und wird dabei auch von Ministerpräsident Mario Draghi unterstützt, der den Stadtbehörden in dieser Frage Sondervollmachten verleihen will.

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Rocco Morabito war im Mai vergangenen Jahres in Brasilien verhaftet worden, nach einer mehr als zwei Jahrzehnte dauernden Flucht.

Doch das entsprechende Dekret wird von Virginia Raggi und vor allem auch vom Parteichef der Fünf-Sterne-Bewegung, Ex-Premier Giuseppe Conte, seit Wochen politisch blockiert. Conte droht wegen des geplanten Ofens sogar, seine Minister abzuziehen und damit ein vorzeitiges Ende der Regierung der nationalen Einheit Draghis zu provozieren. Derweil brennt, modert und stinkt Rom weiter vor sich hin.

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