„Völlig überzogen, grundlos und unnötig“

Kritik, Warnungen, Forderungen: Wie Kommunen und Fahrgastverbände auf den Superstreiktag reagieren

Am Sonntag fuhr der Zug noch, am Montag dürfte das Bild ein anderes sein.

Am Sonntag fuhr der Zug noch, am Montag dürfte das Bild ein anderes sein.

Die Gewerkschaften lassen an diesem Montag die Muskeln spielen. Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben die Beschäftigten unter anderem des öffentlichen Dienstes und der Deutschen Bahn aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen.

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In der Folge steht vielerorts der Nahverkehr still, der Fernverkehr ist komplett eingestellt. Auch der Flugbetrieb wird in zahlreichen Städten lahmgelegt. Wer am Montag also mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren will oder gar eine längere Reise geplant hat, muss auf das Auto umsteigen – oder eben zu Hause bleiben.

Diese Woche weitere Verhandlungen

Beide Gewerkschaften kämpfen aktuell um mehr Geld: Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Lohn für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst, die EVG verlangt 12 Prozent. Am Montag gehen die Verhandlungen zwischen Verdi und Bund sowie Kommunen in die dritte Runde. Die zweite Verhandlungsrunde der EVG mit einigen Eisenbahnunternehmen beginnt diese Woche. Mit der Deutschen Bahn will die EVG Ende April wieder zusammenkommen. Aus Sicht des Bahnkonzerns ist der Megastreik „völlig überzogen, grundlos und unnötig“. Die Verhandlungen stünden am Beginn, hieß es.

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14.10.2021, Bayern, München: Mitarbeiter der Deutschen Bahn (DB) gehen im Nordwesten der bayerischen Landeshauptstadt über die leere Schienen auf einem Rangierbahnhof. Foto: Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Was uns der Streik über Dankbarkeit lehrt – und warum er uns alle etwas angeht

Am Montag, 27. März, legt ein Großstreik den öffentlichen Verkehr größtenteils lahm. Unsere Autorin Geraldine Oetken hat sich aufgeregt, geschimpft – und dann gemerkt: Es gibt auch gute Seiten.

Dass sich zwei Gewerkschaften für den Streik zusammengetan haben, sorgt für scharfe Kritik. Der Deutsche Landkreistag erwartet deswegen kompliziertere Verhandlungen. „Derartige Machtdemonstrationen bei laufenden Verhandlungen schießen deutlich über das Ziel hinaus“, sagte der Präsident, Landrat Reinhard Sager (CDU), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Die Gewerkschaften haben klar überzogen. Dadurch werden die Verhandlungen zusätzlich belastet, eine Einigung wird schwieriger.“ Gleichwohl betonte Sager, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst „eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe“ im Interesse der Allgemeinheit erfüllten. „Auf die Inflation muss maßvoll in einem für die öffentlichen Haushalte tragbaren Umfang reagiert werden“, ergänzte er allerdings.

Kritik von den Kommunen

Kritik kam auch vom Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. „Der von den Gewerkschaften ausgerufene ‚Megastreiktag‘ hilft bei den Verhandlungen nicht weiter“, so Dedy zum RND. „Wenn sich Gewerkschaften in ihre eigene Wirkmächtigkeit verlieben, stimmt das nachdenklich.“ Eine Lösung finde sich am Verhandlungstisch, nicht auf der Straße, mahnte der Kommunalverbandschef. Das Streikrecht sei ein Grundrecht, mit dem man aber auch verantwortungsvoll umgehen müsse.

Verdi-Chef Frank Werneke verteidigte den Warnstreik: „Lieber ein Tag, an dem sich in Deutschland nichts bewegt, und dann ein für die Beschäftigten akzeptables Tarifergebnis als ein Scheitern und in der Folge wochenlange Auseinandersetzungen, von denen die Bevölkerung am Ende viel stärker betroffen ist“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

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Derweil appellierte der Fahrgastverband Pro Bahn an die Tarifpartner, sich rasch zu einigen und an dem Hamburger Nahverkehrsbetrieb zu orientieren. „Wir erwarten von den Gewerkschaften und Arbeitgebern, dass sie sich schnell zusammensetzen und ein auskömmliches Ergebnis erzielen“, sagte Pro-Bahn-Ehrenvorsitzender Karl-Peter Naumann dem RND. „In einzelnen Nahverkehrsbetrieben, etwa bei der Hamburger Hochbahn, wurden schon Einigungen erzielt. Daran sollten sich die Tarifpartner ein Beispiel nehmen.“

CDU warnt vor Lohn-Preis-Spirale

In der CDU blickt man sorgenvoll auf die Auswirkungen. „Die Gefahr ist sehr groß, dass Deutschland in eine Lohn-Preis-Spirale schlittert“, sagte CDU-Vize Carsten Linnemann dem RND. Mit Blick auf die Inflation forderte der Christdemokrat: „Umso wichtiger ist es, dass die Tarifpartner sich ihrer Verantwortung bewusst sind und verstärkt neue Instrumente wie etwa steuerfreie Einmalzahlungen nutzen.“

Es sei die Zentralbank gewesen, die jahrelang Geld gedruckt habe, „als ob es keinen Morgen gäbe“, kritisierte der Wirtschaftsexperte. „Jetzt bekommen wir die Zahnpasta nicht mehr zurück in die Tube. Die Inflation wird auf Jahre hinaus hoch bleiben. Auch der Staat befeuert mit seiner Verschuldungspolitik die Inflation.“

Naumann von Pro Bahn verlangte für die Zukunft einen Streikfahrplan, um Fahrten zu gewährleisten. Die Tarifpartner müssten grundsätzlich in Friedenszeiten einen Streikfahrplan ausarbeiten, wie der Verkehr weiterhin in reduzierter Form gewährleistet werden könne, sollte es wieder zu Streiks kommen, erläuterte der Bahnexperte.

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