“Reine Symbolpolitik” – Pressestimmen zur Maskenpflicht-Debatte

Einkaufen nur noch mit Mundschutz? Die Kommentatoren deutscher Zeitungen sehen eine Maskenpflicht eher kritisch.

Einkaufen nur noch mit Mundschutz? Die Kommentatoren deutscher Zeitungen sehen eine Maskenpflicht eher kritisch.

Berlin. An die Ausgangsbeschränkungen hat sich Deutschland fast schon gewöhnt, jetzt wird die nächste mögliche Maßnahme im Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus debattiert: Eine Maskenpflicht, wie sie Österreich bereits für Supermärkte eingeführt hat. Wie die Bundespolitik stehen auch die Kommentatoren deutscher Zeitungen einer Maskenpflicht eher kritisch gegenüber.

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Die “Nürnberger Nachrichten” fordern ein Umdenken der Bürger: “Für die kommenden Wochen brauchen wir in Deutschland einen Kulturwechsel. Wir müssten es uns abgewöhnen, diejenigen als hysterische, übervorsichtige Gestalten zu betrachten, die mit Gesichtsschutz unterwegs sind – und umgekehrt uns selbst fragen, warum wir es nicht tun, wenn wir in den Supermarkt gehen. Auf einem anderen Blatt steht das Versagen der Gesellschaft (nicht nur der Politik), bei einer Centware wie Schutzanzügen und Masken nicht ordentlich vorgesorgt zu haben. Das darf nie, nie mehr passieren. Ähnlich wie Strom-, Wasser- und Lebensmittelversorgung für die Krise gerüstet sein sollten, müssen auch hier große Vorräte angelegt werden und Pläne für eine zusätzliche Notproduktion durch geeignete Firmen in den Schubladen liegen.”

Der “Reutlinger Generalanzeiger” wittert in der Debatte um eine Maskenpflicht ein Zeichen der Verunsicherung der Bevölkerung: “Warum trotzt einer klaren Ablehnung durch die Politik breit über eine Maskenpflicht diskutiert wird, hat mehrere Gründe. Zum einen ist Österreich vorgeprescht und hat so ein Beispiel geschaffen, das zum Nachdenken anregt. Zum anderen ist es Ausdruck einer breiten Verunsicherung in der Bevölkerung. Wurde vor wenigen Tagen noch über eine Rückkehr zur Normalität gestritten, ist nun plötzlich eine Maskenpflicht das Thema. Dieser Zickzackkurs stößt viele Menschen vor den Kopf. Er lässt sich aber nicht vermeiden. Denn klare Aussagen über den Stand der Corona-Epidemie gibt es nicht. Wir wissen nicht, ob wir das Schlimmste überstanden haben. Deshalb sind Debatten wichtig.”

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Die “Frankfurter Rundschau” warnt vor “autoritären Tendenzen”, die durch die Einführung einer Maskenpflicht sowohl in Österreich, als auch im thüringischen Jena, verstärkt würden: “Jena will dem Beispiel Österreichs folgen und wegen der Pandemie in der kommenden Woche eine Maskenpflicht in Verkaufsstellen, dem öffentlichen Nahverkehr und Gebäuden mit Publikumsverkehr einführen. Bedenklich ist bei der Ankündigung, dass eine breite Debatte ausblieb und das Wort „freiwillig“ keine Rolle mehr spielt - im Unterschied beispielsweise zur Diskussion über die Handy-App. Bedenklich ist, dass demokratische Elemente wie Mitsprache weniger wichtig werden. Da hilft der Hinweis auch kaum, man könne sich ja noch äußern. Denn wer sich jetzt Gehör verschafft, der hat die schlechteren Karten, weil er gegen eine angeblich richtige Maßnahme angeht. Die Alpenrepublik und die thüringische Stadt verstärken also in der Corona-Krise autoritäre Tendenzen, die zunehmend die Debatte über den richtigen Weg in der Corona-Krise beherrschen. Immer mehr wird verboten, immer mehr entfernen wir uns von der Normalität vor Corona. Wo soll das enden, fragen besorgt immer mehr Menschen.”

Die “Südwest Presse” aus Ulm befürchtet, eine Maskenpflicht könnte mehr schaden, als sie nützt: “Die Maskenpflicht ist reine Symbolpolitik. Die dazu führen kann, dass sich Mundschutzträger für sicher halten, die Hygiene schleifen lassen und dem Virus damit neue Nahrung geben.”

Die “Stuttgarter Zeitung” verweist auf den Mangel an Schutzmasken, der besonders Mediziner und Pflegepersonal betrifft, und durch eine Maskenpflicht noch verstärkt werden könnte: “Solange es weltweit einen massiven Engpass bei Atemschutzmasken gibt, hat die Versorgung gefährdeter Menschen absoluten Vorrang: Ärzte, Krankenpfleger, Mitarbeiter in Pflegeheimen, Apotheker. Das schließt indes nicht aus, dass man sich selbst gebastelte Masken vor das Gesicht bindet - und dennoch den Mindestabstand zu anderen einhält. Sollen Masken aber Vorschrift werden, was auch im Zuge der sogenannten Exit-Strategien gut denkbar ist, dann muss ihre kommerzielle Massenproduktion in Deutschland schnell und massiv ausgeweitet werden.”

RND/dpa

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