Mallorca-Reise trotz Flut im Ahrtal: NRW-Ministerin Heinen-Esser will zurücktreten
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Ursula Heinen-Esser (CDU), Umweltministerin von Nordrhein-Westfalen, sitzt im Landtag auf der Regierungsbank. (Archivbild)
© Quelle: Marius Becker/dpa
Düsseldorf. Gut fünf Wochen vor der Landtagswahl will Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) zurücktreten. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Düsseldorf am Donnerstag. Heinen-Esser war wegen eines Mallorca-Aufenthalts während der Flutkatastrophe im Juli 2021 zunehmend unter Druck geraten.
Heinen-Esser hatte sich wenige Tage nach der Katastrophe im vergangenen Juli mit weiteren Regierungsmitgliedern auf Mallorca getroffen, um den Geburtstag ihres Mannes zu feiern.
Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU), Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) und die damalige Staatssekretärin Serap Güler (CDU) hätten am 23. Juli auf Mallorca an einem gemeinsamen „Abendessen“ teilgenommen, bestätigte Heinen-Esser am Donnerstag einen Bericht des „Kölner Stadt-Anzeigers“.
„Salamitaktik und Vertuschungsversuche der Umweltministerin“
Noch am Donnerstagmittag hatte die Agrar- und Umweltministerin einen Rücktritt abgelehnt. Sie hatte das damit begründet, dass sie sich weiter um die „großen Themen“ der Bewältigung der Folgen der Flutkatastrophe und die Folgen des Ukraine-Kriegs für die Lebensmittelversorgung kümmern wolle. Heinen-Esser räumte erneut Fehler ein, wies den Vorwurf der Täuschung aber zurück.
Am frühen Abend dann sagte Heinen-Esser, sie habe sich die Reaktionen angesehen und festgestellt, dass sie ihr Handeln im vergangenen Sommer der Öffentlichkeit nicht habe vermitteln können. Es gebe kein Verständnis für ihr damaliges Handeln. Sie wolle nun mit dem Rücktritt „Schaden von ihrer Familie und vom Amt“ abwenden.
Acht Monate nach Flutkatastrophe: „Bundesregierung hat das Ahrtal nicht vergessen“
Gut acht Monate ist es her, dass eine Flutkatastrophe Teile von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz verwüstet hat.
© Quelle: Reuters
Die SPD hatte die umgehende Entlassung Heinen-Essers gefordert. „Herr Wüst, entlassen Sie Heinen-Esser – und zwar hier und heute!“, sagte der SPD-Abgeordnete Stefan Kämmerling (SPD) am Donnerstag bei der Landtagsdebatte zur Flutkatastrophe. Auch SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty forderte die Entlassung der Ministerin. Während Zehntausende Betroffene des Hochwassers mit den Folgen der Flut gekämpft hätten, hätten es sich hochrangige Vertreter der NRW-Landesregierung auf Mallorca „gut gehen lassen“, sagte Kutschaty.
„Die neuen Erkenntnisse setzen dem ganzen jetzt aber die Krone auf.“ Nach „Salamitaktik und Vertuschungsversuchen der Umweltministerin“ zeige sich nun, dass „offenbar ein echter Skandal unter der Decke gehalten werden“ sollte. Grüne und AfD forderten Heinen-Esser zum Rücktritt auf.
Der Grünen-Abgeordnete Johannes Remmel sprach vom „Costa-Concordia-Moment“ der Ministerin. „Sie sind von Bord gegangen zu einem Zeitpunkt, als das Schiff am Sinken war“, sagte Remmel in Anspielung auf die Schiffskatastrophe 2012. „Sie haben den Ausschuss getäuscht und die Unwahrheit gesagt.“
Heinen-Esser unterbrach Urlaub nur kurz
Die Umweltministerin steht bereits seit längerem in der Kritik, weil sie ihren Mallorca-Aufenthalt nach dem Hochwasser am 15. Juli zwar kurz unterbrochen, dann aber am 16. Juli fortgesetzt hatte. Dies hatte sie im Untersuchungsausschuss des Landtags damit begründet, sie habe ihre minderjährige Tochter und deren Freunde zurückholen müssen, die auf der Insel zurückgeblieben waren.
Als Heinen-Esser dann dem Ausschuss ihre Flugdaten übersandte, wurde klar, dass sie am 25. Juli samt Mann und Tochter ihren regulär und bereits im Februar gebuchten Rückflug angetreten hatte. Heinen-Esser sagte, sie habe ihre Amtsgeschäfte auch auf Mallorca „vollumfänglich“ wahrgenommen und werde dem Untersuchungsausschuss am 22. April erneut Rede und Antwort stehen.
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) befand sich am Donnerstag als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz in der Hauptstadt, sprach mit seinen Länderkollegen und Kanzler Olaf Scholz (SPD) über ukrainische Kriegsflüchtlinge. Kurz nach Heinen-Essers Einladung zu ihrem Pressestatement folgte eine Mail von Wüst – der sich „aus aktuellem Anlass“ äußern wolle – nach Ende der Beratungen der Ministerpräsidentenkonferenz.
RND/dpa