Luisa Neubauer: „Scholz vergleicht Klimaaktivist:innen mit Nazis“
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Die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer spricht auf einer Kundgebung von BUND und Fridays for Future gegen den Bau der A 20 in Niedersachsen und Schleswig-Holstein vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
© Quelle: Hendrik Schmidt/dpa
Nach einer Podiumsdiskussion auf dem Katholikentag am Freitag steht Bundeskanzler Olaf Scholz wegen seiner Reaktion auf Zwischenrufe aus dem Publikum in der Kritik. Klimaaktivisten und ‑aktivistinnen der radikalen Gruppe „Letzte Generation“ hatten während einer Antwort von Scholz lautstark „Schwachsinn“ gerufen. Der Bundeskanzler sprach zu diesem Zeitpunkt gerade über den Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Perspektive für die Tagebaubeschäftigten.
Scholz brach daraufhin seine Antwort ab und sagte stattdessen: „Ich sage mal ganz ehrlich, diese schwarz gekleideten Inszenierungen bei verschiedenen Veranstaltungen von immer den gleichen Leuten erinnern mich an eine Zeit, die lange zurückliegt, und Gott sei Dank.“ Er sprach von einem „schauspielerisch geübten Auftritt“ und erhielt tosenden Applaus aus dem Publikum.
Luisa Neubauer „sprachlos“ über Scholz‘ Reaktion
Die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer übte an den Worten des Bundeskanzlers scharfe Kritik. „Seine Reaktion macht sprachlos“, so Neubauer. „Scholz vergleicht Klimaaktivist:innen mit Nazis.“
„Der Kanzler der Bundesrepublik relativiert in nur einem Halbsatz die NS-Herrschaft, und auf paradoxe Art und Weise die Klimakrise gleich mit.“ Scholz stilisiere Klimaschutz als Ideologie mit Parallele zur NS-Herrschaft. „Das ist so ein Skandal.“ Neubauer warf dem SPD-Politiker vor, nur für Umweltschutz zu sein, wenn dies „im Skript steht“. „Wenn man aber ‚ganz ehrlich‘ ist, sieht man sie dann doch ein bisschen wie Nazis? Was ist das für ein Geschichtsbewusstsein? Was ist das für ein Klimabewusstsein?“
Indem Scholz den Klimaaktivisten und ‑aktivistinnen eine „eingeübte Haltung“ vorwirft, spreche er Menschen ab, über einen „ökologischen Kollaps authentisch besorgt zu sein“. Neubauer sieht darin nicht mehr nur die Debatte um Jobs, sondern: „Das ist Klimaleugnung 2.0“, schreibt sie bei Twitter. Nicht die Krise an sich, sondern die Menschen, die sie ernst nehmen, stelle Scholz in ihrer Integrität infrage und als Extremisten dar. Den Vorwurf des SPD-Politikers, die Aktivisten würden die Diskussionsrunde für ihre eigenen Zwecke missbrauchen, wies die Aktivistin von Fridays for Future zurück und verweist darauf, dass es eigentlich Scholz‘ Ziele sind. Das 1,5-Grad-Ziel stehe schließlich im Koalitionsvertrag und Klimaabkommen seien völkerrechtlich bindend.
Neubauer verteidigt radikale Klimaproteste
Die Klimaaktivisten von „Letzte Generation“ sind wegen ihrer radikalen Aktionen umstritten. Mit Mitteln des zivilen Ungehorsams versuchen sie die Regierung zu Maßnahmen gegen die Klimakrise zu zwingen. Einige von ihnen traten in einen mehrtägigen Hungerstreik, blockierten Autobahnen oder den Hamburger Hafen. „Die massiven Störungen im Hafen sind nichts im Vergleich zu Störungen durch Fluten, Dürren, Essensknappheit. Es ist unsere Pflicht, gegen eine todbringende Politik Widerstand zu leisten“, rechtfertigten sie ihre Aktionen. Nach eigenen Angaben wurden Aktivisten weit über 200-mal nach Aktionen in Gewahrsam genommen.
Während der Podiumsdiskussion auf dem Katholikentag mit dem Bundeskanzler wollte sich zudem einer der Aktivisten mit Sekundenkleber an der Bühne festkleben. Klimaaktivistin Neubauer erklärte mit Blick auf die Störung bei der Scholz-Diskussionsrunde: Wer die Klimawissenschaft verstehe, der „würde wohl damit rechnen, dass Menschen auf allen Wegen versuchen, Aufmerksamkeit auf die Sache zu lenken, angesichts der miserablen Klimabilanz dieser Republik“.
Bei Twitter wurde Neubauers Kritik innerhalb weniger Minuten hundertfach geteilt. Olaf Scholz hat sich zunächst nicht zu den Vorwürfen geäußert.
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