„Der Tag“

Die Woche der Wahrheit für Lützerath

An einem Haus im Dorf Lützerath hängt ein Banner mit der Aufschrift „1,5 Grad Celsius heißt: Lützerath bleib“. Lützerath soll zur Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II abgebaggert werden.

An einem Haus im Dorf Lützerath hängt ein Banner mit der Aufschrift „1,5 Grad Celsius heißt: Lützerath bleib“. Lützerath soll zur Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II abgebaggert werden.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

es scheint eine Art Showdown zu sein, der sich in dieser Woche in Nordrhein-Westfalen anbahnt. Die Woche der Wahrheit für Lützerath ist angebrochen. Ab dem 10. Januar darf der Ort theoretisch geräumt werden – um den Weg frei zu machen für weiteren Kohleabbau. Am heutigen Mittag wird sich die Aachener Polizei zur geplanten Räumung äußern – und wohl einen Zeitplan vorstellen, der die letzten Tage des Ortes vorzeichnen wird.

Wenige Jahre nach der Räumung des Hambacher Forstes bahnt sich erneut ein gewaltsamer Konflikt zwischen Politik und Klimaaktivistinnen und ‑aktivisten im Westen Deutschlands an. Für die Klimabewegung ist der Kampf um Lützerath auch ein Kampf um die Einhaltung des im Pariser Klimaabkommen festgelegten 1,5-Grad-Ziels.

Menschen demonstrieren gegen die Räumung der Siedlung Lützerath in der Nähe eines Schaufelbaggers neben dem Tagebau Garzweiler II.

Menschen demonstrieren gegen die Räumung der Siedlung Lützerath in der Nähe eines Schaufelbaggers neben dem Tagebau Garzweiler II.

Laut geologischen Schätzungen liegen 1,3 Milliarden Tonnen Kohlereserven rund um den RWE-Tagebau Garzweiler II. Um diese Vorkommen zu erschließen, soll Garzweiler II erweitert werden – und Lützerath und andere Ortschaften müssen weichen. Alle Details und Standpunkte zum Konflikt hat meine Kollegin Kira von der Brelie übersichtlich zusammengefasst.

Gestern erhielt das Protestcamp am Tagebau in NRW prominente Unterstützung: Zunächst spielte die Band Annenmaykantereit ein Konzert, das wegen einer Unterspülung kurzfristig an einen anderen Ort verlegt werden musste. Dazu brachte der Besuch von Klimaaktivistin Luisa Neubauer weitere Aufmerksamkeit. „Man merkt, dass anscheinend unterschätzt wurde, welche Kraft in diesem Ort steckt“, sagte sie mit Blick auf die Zahl von Menschen, die für den Protest angereist waren.

„Das Dorf hier ist überlaufen von Menschen, die aus der ganzen Republik angereist sind. Und das ist keine ganz unkomplizierte Anreise. Da gibt es viele gesperrte Straßen und Polizeibarrikaden. Aber das nehmen die Menschen auf sich“, so die Einschätzung Neubauers. Kurzzeitig verlor der Protest seinen friedlichen Charakter, als Einsatzkräfte der Polizei mit Steinen beworfen wurden. Warum es dazu kam, war auch den Beamtinnen und Beamten schleierhaft.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Dorfspaziergangs in Lützerath stehen an der Kante des Tagebaus Garzweiler II.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Dorfspaziergangs in Lützerath stehen an der Kante des Tagebaus Garzweiler II.

Zwei Weltanschauungen stehen sich am Rand des Braunkohletagebaus gegenüber. Mein Kollege Thorsten Fuchs war in der vergangenen Woche vor Ort und hat die Stimmung in einer lesenswerten Reportage eingefangen (+). Darin spricht er nicht nur mit dem letzten Bewohner Lützeraths, sondern auch mit Klimaaktivistinnen und ‑aktivisten, die sich auf die bevorstehende Räumung vorbereiten.

Eine der Protestlerinnen, die auf einem der meterhohen Baumhäuser ausharrt, gesteht mit Blick auf den Filmstudenten, der 2018 bei den Auseinandersetzungen im Hambacher Forst starb: „Ich habe Angst.“ Zugleich aber sagt sie auch: „Was ist schon meine Angst gegen die Angst derjenigen, deren Leben die Klimakrise im globalen Süden schon jetzt bedroht?“

Der Tag

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Zitat des Tages: Anschlag mit Gift verhindert?

Wir hatten einen ernst zu nehmenden Hinweis, der die Polizei dazu veranlasst hat, noch in der Nacht zuzugreifen.

Herbert Reul,

Innenminister von Nordrhein-Westfalen

Mitten in der Nacht haben Anti-Terror-Ermittler von Samstag auf Sonntag im nördlichen Ruhrgebiet zwei Männer festgenommen. Ein 32-Jähriger steht unter Verdacht, weil er sich die Giftstoffe Cyanid und Rizin für einen islamistisch motivierten Anschlag beschafft haben soll. Zumindest bei der Durchsuchung der Wohnung des Iraners in Castrop-Rauxel in der Nacht zu Sonntag wurden aber keine Giftstoffe gefunden, wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf mitteilte. Was wir bislang über den Fall wissen.

 

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SPD-Chef Lars Klingbeil will Deutschland eine Radikalkur bei der Modernisierung der Infrastruktur verordnen. In der neu aufgeflammten Atomdebatte mahnt er die FDP, ihre politische Energie auf die Erneuerbaren zu lenken, wie er im Interview mit RND-Chefredakteurin Eva Quadbeck erzählt (+).

­4000 Menschen versorgen sich im Frankfurter Bahnhofsviertel mit Drogen, rund 300 Schwerstabhängige sind dauerhaft auf den Straßen unterwegs. Die Gesellschaft schaut auf sie herab. Innovative Lösungsansätze scheitern an Gesetzen, Lebensrealitäten, Politik und Geld. Eine Geschichte von unserer Autorin Miriam Keilbach über Menschen, die ratlos sind.

 

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Die „Sesamstraße“ hat Geburtstag gefeiert: Vor inzwischen 50 Jahren lief die erste Folge der beliebten Kindersendung im deutschen Fernsehen. Seit zwölf Jahren sorgt eine Frau aus Kiel für die perfekte Kulisse für Elmo, Krümelmonster und Co. Die „Kieler Nachrichten“ haben mit ihr gesprochen.

 

Termine des Tages

Nach den verheerenden Überschwemmungen im vergangenen Jahr präsentiert Pakistan einen Plan, um das Land besser für die Folgen des Klimawandels zu wappnen. UN-Generalsekretär António Guterres wird der Konferenz mit dem pakistanischen Premierminister Shehbaz Sharif vorsitzen. Die Überschwemmungen haben nach Angaben der Regierung Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Allein der Wiederaufbauplan umfasst rund 16 Milliarden US-Dollar.

Im Jahr 2023 steuert die SPD auf fünf Landtagswahlen zu. Wie will sich die Partei aufstellen? Dazu äußert sich beim Abschluss der Jahresauftaktklausur unter anderem Parteichef Lars Klingbeil.

 

Was heute wichtig wird

Anhänger des ehemaligen Präsidenten Bolsonaro haben in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia das Regierungsviertel gestürmt. Dabei gerieten sie auch mit Ordnungskräften aneinander, die Tränengasgranaten abfeuerten. Auch ein gepanzerter Wasserwerfer war im Einsatz. Die Ereignisse werden heute weiter aufgearbeitet.

Anhänger des ehemaligen Präsidenten Bolsonaro haben in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia das Regierungsviertel gestürmt. Dabei gerieten sie auch mit Ordnungskräften aneinander, die Tränengasgranaten abfeuerten. Auch ein gepanzerter Wasserwerfer war im Einsatz. Die Ereignisse werden heute weiter aufgearbeitet.

 

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Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag,

Ihre Sabine Gurol und Ihr Nils Thorausch

 

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