Lobbyregister für den Bundestag droht zu scheitern

Die große Koalition kann sich nicht auf ein Gesetz für ein Lobbyregister für den Bundestag einigen.

Die große Koalition kann sich nicht auf ein Gesetz für ein Lobbyregister für den Bundestag einigen.

Berlin. Im Sommer standen die Zeichen auf Einigung. Da hatte sich die große Koalition nach jahrelangem Ringen auf die Einführung eines Lobbyregisters im Deutschen Bundestag geeinigt. Kontakte von Abgeordneten zu Unternehmen und Lobbyisten sollten erfasst, die Einflussnahmen von Interessenvertretern auf parlamentarische Entscheidungsprozesse transparenter gemacht werden – so das ambitionierte Vorhaben. Die SPD drängt seit Langem auf eine solche Reform, die Union hatte Bedenken. Erst unter dem Eindruck der Lobbyaffäre des CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor kam Bewegung in die Debatte.

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Im September brachten die Koalitionsfraktionen einen gemeinsamen Gesetzentwurf in den Bundestag ein, im Oktober sollte dieser in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden. Doch daraus wurde nichts. Warum, dazu kursieren zwei Deutungen. Weil die Union eine wirksame Regel blockiere, heißt es in der SPD. Weil die SPD den Gesetzentwurf mit Extrawünschen überfrachtet habe, heißt es in der Union.

Im Kern geht der Streit um die Frage, für wen die neuen Transparenzvorschriften gelten. Für Bundestagsabgeordnete, darin besteht Einigkeit, aber die SPD will mehr. Aus ihrer Sicht ist ein Lobbyregister für den Bundestag allein unzureichend, weil die wichtigen Anlaufstellen für Interessenvertreter im Gesetzgebungsprozess außen vor blieben: die Ministerien.

Die Sozialdemokraten fordern, in den Gesetzentwurf Regelungen für einen „Exekutiven Fußabdruck“ einzufügen. Darunter verstehen sie eine Verpflichtung der Bundesministerien, den von ihnen erarbeiteten Gesetzesvorlagen eine Liste mit allen Interessenvertretern und Sachverständigen beizufügen, mit denen sie im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens Kontakt gehabt hatten. Anders könne das Gesetz nicht wirken, glauben die Sozialdemokraten.

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CDU und CSU lehnen das Ansinnen komplett ab. Sie fürchten eine Bürokratisierung des Gesetzgebungsprozesses und eine Lähmung der Administration.

Seit Wochen bemühen sich Fachpolitiker um einen Kompromiss, doch es sieht nicht so aus, als ob sie sich in dieser Zeit angenähert hätten. Im Gegenteil: Die Fronten sind derart verhärtet, dass das Gesetz als Ganzes scheitern könnte.

SPD-Fraktionsvize macht Union Vorwürfe

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese erhebt bereits schwere Vorwürfe gegen die Union. „Die Rufe nach mehr Transparenz und Redlichkeit nach dem Fall Amthor waren bei der Unionsfraktion wohl eher heiße Luft“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Die Verweigerung im Hinblick auf die Einführung eines exekutiven Fußabdrucks für die Bundesregierung ist in keiner Weise nachvollziehbar“, so der SPD-Mann weiter. „Man leistet hier Intransparenz und Geheimniskrämerei weiter Vorschub.“

Der SPD-Abgeordnete weist darauf hin, dass durch kleine Anfragen der Opposition schon heute viele der stattgefundenen Kontakte zwischen Ministeriellen und Interessenvertretern veröffentlicht werden müssten: „Dies macht den Widerstand der Union noch weniger nachvollziehbar.“

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Lobbyregister könnte Wahlkampfthema werden

In der Union weist man die Vorwürfe zurück. „Die Regelung, auf die wir uns in der Koalition geeinigt haben, erfüllt viele der auch international geäußerten Forderungen an ein Lobbyregister. Auch in den letzten Detailfragen zur Einbeziehung der Bundesregierung sind wir quasi einig“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Patrick Schnieder dem RND. „Es ist völlig unverständlich, das alles seit Wochen für neue Forderungen in Geiselhaft zu nehmen, bei denen die SPD selbst sagt, dass die damit zu gewinnenden Informationen ohnehin öffentlich sind und für die das Gesetz zudem der falsche Platz ist“, so der CDU-Abgeordnete weiter.

Sollte es keine Einigung geben, wird das Thema wohl im Wahlkampf wieder auftauchen.


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