Streit bei der Linken im Saarland: Lafontaine attackiert Bundespartei
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Oskar Lafontaine, Vorsitzender der Linksfraktion im saarländischen Landtag.
© Quelle: dpa
Saarbrücken/Berlin. Der Vorsitzende der Linksfraktion im saarländischen Landtag, Oskar Lafontaine, hat der Führung der Bundespartei Versagen vorgeworfen – Anlass sind die jüngsten Austrittsforderungen aus der Landespartei an ihn.
„Nachdem der Bundesvorstand zweimal festgestellt hat, dass die Mitgliederkartei im Saarland falsch und manipuliert ist, zuletzt im April, wäre es seine Aufgabe gewesen, sicherzustellen, dass die Mitgliederversammlung zur Wahl der Bundestagskandidaten ordnungsgemäß durchgeführt werden kann“, sagte Lafontaine dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Es ist ein schweres Versäumnis, dass er nichts unternommen hat, um die betrügerischen Machenschaften im saarländischen Landesverband zu beenden.“ Es gebe überdies nun erneut Beschwerden, dass stimmberechtigte Mitglieder für die Versammlung am 6. Juni nicht eingeladen worden seien.
Plädoyer für Neuanfang
Der Vorsitzende der Internationalen Kommission der Partei und Präsident der Europäischen Linken, Heinz Bierbaum, sagte dem RND: „Wie man mit Oskar Lafontaine umgeht, ist nicht akzeptabel.“ Schließlich würde es die Linke ohne ihn gar nicht geben. Er fügte hinzu: „Ich bin dafür, dass sich die Bundesgeschäftsführung der Sache annimmt und versucht, für eine Lösung zu sorgen.“ Nötig sei ein Neuanfang, so Bierbaum, der aus dem Saarland stammt und als Lafontaine-Vertrauter gilt. So wie jetzt könne es nicht weitergehen.
Der saarländische Landesvorstand der Linken hatte Lafontaine zuvor zum Parteiaustritt aufgefordert. Die Anhängerinnen und Anhänger um den Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze reagierten damit ihrerseits auf eine Äußerung Lafontaines. Dieser hatte den in Brandenburg geborenen und in Sachsen aufgewachsenen Lutze ermahnt, auf eine abermalige Kandidatur für Platz eins der Landesliste bei der Bundestagswahl zu verzichten – und stattdessen einen 27-Jährigen namens Dennis Lander ins Spiel gebracht. Bei der Landesmitgliederversammlung am Sonntag ist mit einer Kampfabstimmung zwischen Lutze und Lander zu rechnen.
Kampf um Platz eins
Der 77-jährige Lafontaine nannte den Rückzug Lutzes eine Frage von Ehre und Anstand, da gegen ihn wegen Urkundenfälschung ermittelt werde und eine Anklageerhebung oder gar eine Verurteilung nicht auszuschließen sei. Lutze, so der Vorwurf, habe bei der Listenaufstellung zur Bundestagswahl 2017 Personen bezahlt, um ihn zu wählen. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken ermittelt. Ob Anklage erhoben wird, steht noch nicht fest.
Linken-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler sagte dem RND: „Wir begleiten die Situation im Saarland. Wer gewählt wird, das müssen die Genossinnen und Genossen aber schon selbst entscheiden.“ Allerdings habe die Bundespartei „ein massives Interesse daran, dass das korrekt geschieht“. Schindler drängte darauf, dass im Saarland Parteimitglieder aus der Kartei gestrichen würden, die dauerhaft keine Beiträge zahlten. Zudem riet er davon ab, Kandidaten von allen Mitgliedern nominieren zu lassen; das sei bei etwa 1700 Mitgliedern im Saarland „ein sehr fehleranfälliges Verfahren“. Besser wäre es, wenn dies Delegierte täten.