Linke im Dauerkrisenmodus: Der Partei droht Zerfall
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Am Ende sah sie nur einen Ausweg aus der Misere: Linksparteichefin Hennig-Wellsow gibt ihr Amt auf. Auch Janine Wissler ist damit kaum zu halten. Die Nachfolge wird sich schwierig gestalten, kommentiert Alisha Mendgen.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Der überraschende Rücktritt von Susanne Hennig-Wellsow als Linken-Parteivorsitzende dürfte vor allem eines nach sich ziehen: den Rücktritt auch von ihrer Co-Vorsitzenden Janine Wissler. Denn sie ist es, die in dem Skandal um Vorwürfe sexueller Gewalt im hessischen Landesverband in Erklärungsnot geraten ist. Was wusste die frühere hessische Fraktionsvorsitzende von den Vorgängen in ihrem nahen Umfeld? Sie bestreitet entschieden, einen mutmaßlichen Täter beschützt zu haben. Aber die Linke ist eine Partei, die sich den Kampf gegen Sexismus und patriarchale Strukturen auf die Fahne geschrieben hat. Schwer vorstellbar, dass Wissler Bundesvorsitzende bleiben kann.
In der Linkspartei reiht sich ein Schlag an den nächsten
Hennig-Wellsow hat recht, wenn sie sagt, Erneuerung braucht neue Gesichter. In der Linkspartei reiht sich ein Schlag an den nächsten. Bei der Bundestagswahl 2021 verpasste sie fast den Einzug, bei der Saarland-Wahl flog sie gleich direkt aus dem Landesparlament. Beide Parteivorsitzenden waren deswegen schon schwer beschädigt – und dann kamen die mutmaßliche Vorfälle sexueller Gewalt in Hessen ans Licht. Die Vorwürfe bringen das Fass zum Überlaufen.
In der Vergangenheit haben beide Parteivorsitzenden große Fehler gemacht. Angefangen bei einem missglückten Interview, in dem Hennig-Wellsow auf peinliche Art und Weise offenbarte, keine Ahnung von Sicherheitspolitik zu haben. Sie trägt gehörige Mitschuld am ihrem jetzigen Amtsende, doch Hennig-Wellsow ist auch an den Strukturen gescheitert und an der Kultur innerhalb der Linkspartei, wo hässliche Intrigen keine Seltenheit sind.
Nun müssen die Genossinnen und Genossen die Frage der Nachfolge klären – und das wird schwierig. Es braucht eine Spitze, die mehrere Krisen gleichzeitig angehen kann. Und: Die neue Parteiführung muss genug Macht haben, um die verschiedenen, unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Partei auf Spur zu bringen. Sonst droht ihr der Zerfall.