Ampelsondierungen: Grüne haben schon Halle für Parteitag reserviert
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Die Generalsekretäre von FDP und SPD, Volker Wissing und Lars Klingbeil, mit dem Politischen Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, nach der letzten Ampelsondierung (von links).
© Quelle: imago images/Mike Schmidt
Berlin. Vor Beginn der voraussichtlich letzten Sondierungsrunde zwischen SPD, Grünen und FDP am Freitag haben die Grünen bereits die organisatorische Voraussetzung für die Überführung in förmliche Koalitionsverhandlungen geschaffen.
Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) aus führenden Parteikreisen haben sie für den kommenden Sonntag eine Halle reserviert, um dort einen leinen Parteitag – bei den Grünen Länderrat genannt – abzuhalten.
Die Halle befindet sich im Berliner Westhafen Event and Convention Center. Auch der Beginn steht nach RND-Informationen bereits fest: Sonntag um 12 Uhr. Im Berliner Westhafen hatte der Länderrat am Samstag nach der Bundestagswahl stattgefunden; damals ging es um den Kurs für die Sondierungen.
Der Politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, hatte die Frage, ob für den Sonntag ein Länderrat geplant sei, am Dienstag nach der bisher letzten Sondierungsrunde verneint, aber hinzugefügt, man sei kurzfristig handlungsfähig.
Sondierer arbeiten an Grundlagenpapier
In führenden Grünen-Kreisen geht man davon aus, dass die vierte und letzte Sondierungsrunde am Freitag zu einem positiven Ergebnis kommt und in der nächsten Woche Koalitionsverhandlungen folgen werden; denkbar sei nur, dass die Entscheidung erst am Samstag falle. Im Übrigen werde eine Ampelkoalition sehr anstrengend werden. „Da wird um jeden Millimeter gekämpft“, hieß es.
Die Sondierer der drei Parteien arbeiteten am Donnerstag weiter an einem Papier, das die Grundlage für den Einstieg in Koalitionsverhandlungen bilden soll. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, FDP-Generalsekretär Volker Wissing und Kellner wollten die Ergebnisse der bisherigen Gespräche zusammenfassen.
Wissing: „Stunde der Wahrheit“ naht
Sowohl Klingbeil als auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatten sich zuletzt zuversichtlich gezeigt, dass die Bildung einer Ampelregierung auf Bundesebene zügig vorankommen könne. Sollte das vorgelegte Papier als Grundlage für Koalitionsgespräche angesehen werden, müssten neben dem grünen Länderrat der Parteivorstand der SPD und der Bundesvorstand der FDP grünes Licht geben. Wissing hatte am Dienstag erklärt, es nahe „die Stunde der Wahrheit“.
Zentraler Streitpunkt war bis zuletzt vor allem die Finanzpolitik. Die FDP lehnt Steuererhöhungen kategorisch ab und will den Solidaritätszuschlag auch für die oberen Einkommensbezieher abschaffen. Zudem wollen die Liberalen, dass die Schuldenbremse über 2022 hinaus nicht weiter angetastet wird. SPD und Grüne wollen hingegen Steuererhöhungen; die Grünen möchten überdies die Schuldenbremse für Investitionen etwa beim Klimaschutz oder bei der Digitalisierung zumindest aufweichen.
Schattenhaushalte sind im Gespräch
Beim Solidaritätszuschlag könnte einer Ampelregierung ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts helfen, das im nächsten Jahr erwartet wird. Was die von ihnen eigentlich gewollte Einführung der Vermögenssteuer anbelangt, gibt es Signale aus Grünen-Kreisen, dass man sich dafür nicht verkämpfen werde.
Mit Blick auf die Schuldenbremse hat der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, vorgeschlagen, die Verschuldung 2022 über das wegen der Corona-Pandemie bereits geplante Maß hinaus so zu erhöhen, dass 2023 keine neuen Schulden mehr nötig wären. Alternativ sind sogenannte Schattenhaushalte im Gespräch.
Bemerkenswert: Diskretion der Gespräche bislang gewahrt
Zweiter zentraler Streitpunkt ist der Klimaschutz. Die Grünen wollen vor 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen und ab 2030 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr zulassen. Die FDP lehnt solche ordnungspolitischen Vorgaben ab und setzt auf marktwirtschaftliche Lösungen. Für den CO₂-Ausstoß müssten demnach Zertifikate erworben werden, die von Jahr zu Jahr weniger und damit teurer würden. Auf diese Weise, so die Erwartung, werde unter anderem die Kohleverstromung so kostspielig, dass es automatisch zu einem forcierten Ausstieg käme.
Bemerkenswert ist, dass die von den Beteiligten verabredete Diskretion bei den Gesprächen bislang vollkommen eingehalten wird. Selbst innerhalb der Parteien dringt vonseiten der Verhandler nichts nach draußen. Dies hat, so das allgemeine Urteil, vertrauensbildend gewirkt.
RND